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Projektende vs. Zwischenmeilensteine
ОглавлениеDas oben genannte Beispiel bezieht sich auf das Projektende, und es ist in diesem Beispiel sinnvoll, zu hinterfragen, welche Zielkategorie priorisiert wird. Häufig kommt es aber auch vor, dass Zwischenmeilensteine dringend erreicht werden müssen, da ansonsten das Gesamtprojekt gefährdet ist.
In einem Bauvorhaben, an dem ich in der Rolle des Terminplaners beteiligt war, gab es einen festen Termin, zu dem die Bäume gefällt werden mussten, damit Zufahrtsstraßen gebaut werden konnten. Dazu muss man wissen, dass es gesetzliche Bestimmungen gibt, die den Zeitpunkt für das Fällen von Bäumen einschränken. Generell dürfen Bäume in der Zeit von Anfang März bis Ende September nicht gefällt werden. Eine solche Restriktion führt, sofern das Arbeitspaket »Bäume fällen« nicht fristgerecht abgearbeitet wird, zu mindestens einem halben Jahr Verzug. Kaum auszudenken, wenn dieses Arbeitspaket auch noch auf dem kritischen Pfad liegt, also auf der Linie von aufeinanderfolgenden Arbeitspaketen, die keinen Zeitpuffer erlauben. Wir werden im Kapitel 8 zur Terminplanung noch genau erklären, was es mit dem kritischen Pfad auf sich hat (siehe Seite 103). Kurz gesagt, handelt es sich um die Prozesskette, bei der eine Verzögerung einer Teilaufgabe eine Verzögerung des Gesamtprojekts nach sich zieht. In diesem Fall verzögert sich also direkt auch das Projektende um ein halbes Jahr.
An diesem Beispiel sind zwei Dinge abzulesen:
1 Die Zielkategorie Terminziele bezieht sich nicht nur auf die Einhaltung des Endtermins, sondern gegebenenfalls auch auf die Planung und Einhaltung von Zwischenterminen
2 Bevor eine solch signifikante Verzögerung in Kauf genommen wird, ist es sinnvoll, über eine Budgeterhöhung nachzudenken, um den Prozess für den hier einzuhaltenden Termin z.B. durch den Einsatz von mehr Equipment oder durch Überstunden zu beschleunigen.
Zugegeben, das Beispiel oben zu der Antragseinlesesoftware ist deutlich vereinfacht, aber es trifft den Kern der Aufgabe des Projektleiters, die Aufgaben im Projekt entsprechend der führenden Zielgröße zu priorisieren. Grundsätzlich gilt es, die Kategorien des magischen Dreiecks im Gleichgewicht zu halten. Sie müssen darauf achten, sich nicht stur auf ein Ziel zu fokussieren und die beiden anderen dabei zu vergessen. Dann ist am Ende die Software möglicherweise superpünktlich fertiggestellt, dafür ist das Budget komplett aus dem Ruder gelaufen. Oder aber Sie haben alle Anforderungen mustergültig und fehlerfrei erfüllen können, haben dafür aber doppelt so lange gebraucht wie geplant. So gilt es auch stets abzuwägen, welche der drei Kategorien gerade die wichtigere ist und bei welchen eventuell noch Verhandlungsspielraum besteht. Dabei vergessen wir auch immerzu, dass wir ja eigentlich vier Zielkategorien haben: Leistungsziele, wirtschaftliche Ziele, Terminziele und Sonderziele. Wie passt nun die Kategorie der Sonderziele ins Bild?
Es kann sein, dass im Unternehmen Projekte durchgeführt werden, bei denen Zeit und Kosten eine untergeordnete Rolle spielen. Ein Beispiel könnte die Errichtung einer Windkraftanlage eines Energieunternehmens sein, das typischerweise auf dem Markt der fossilen Energien unterwegs ist, aber das Ziel hat, sich den Anstrich »Grün« zu geben. Natürlich soll diese Anlage auch Geld erwirtschaften und damit Gewinn abwerfen, aber es kann durchaus sein, dass die in dem Unternehmen gängigen Erwartungen an die Rentabilität solcher Projekte zugunsten des formulierten Ziels Imageverbesserung heruntergeschraubt werden.
In der IT kann die Entwicklung einer neuen Benutzeroberfläche so ein Imageziel sein. Hier fließt mitunter Zeit und Aufwand in eine neue Version der Software, die kaum neue Funktionalitäten bietet, aber eben moderner, schöner und vor allem besser bedienbar sein soll. Natürlich verspricht man sich von so einem hübschen neuen Kleid sicher auch eine höhere Nutzerzahl, vor allem geht es aber darum, das Image der verstaubten, technologisch abgehängten Software abzulegen oder zu vermeiden.
Typischerweise sind Sonderziele eher die weichen Ziele, die schwer messbar sind. Die Messbarkeit der Ziele ist aber dringend notwendig, um überprüfen zu können, ob ein Ziel tatsächlich auch erreicht wurde. Bei der Zielkategorie Termine ist das relativ einfach. Spätestens am Ende des Projekts weiß man, sofern es einen Terminplan gibt, ob der Endtermin eingehalten werden konnte oder nicht. Bei Sonderzielen kann sich diese Überprüfung aber schon mal als schwierig erweisen.
Nehmen wir noch mal das Beispiel der Imageverbesserung. Woher wissen wir überhaupt, was eintreffen muss, damit das Ziel erreicht ist? Wie können wir die Verbesserung des Images messen? Oder nehmen wir die Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit. Auch hier stellt sich die Frage: Was muss eintreffen, damit das Ziel erreicht ist? Woher weiß ich denn, dass meine Mitarbeiter zufrieden sind, und woher soll ich vor allem wissen, ob sie zufriedener sind als vorher?4