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Umfeldanalyse

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Kein Mensch ist eine Insel, vollständig für sich allein; jeder Mensch ist ein Stück des Kontinents, ein Teil der Heimat.

– John Donne, Meditation XVII

Nachdem Sie definiert habe, was Sie mit Ihrem Projekt eigentlich erreichen wollen, schauen Sie sich an, in welchem Umfeld Ihr Projekt stattfinden wird. Sie machen also eine Analyse Ihres Projektumfelds. Was meinen wir aber denn damit? Projekte stehen häufig im Fokus der Öffentlichkeit. Repräsentative Beispiele haben wir in Deutschland im Moment genügend. Prominenteste Beispiele sind der Berliner Flughafen oder Stuttgart 211. Diese Projekte finden in einem Umfeld statt, das geprägt ist durch die öffentliche Meinung und die Politik.

Die Umfeldfaktoren »Öffentlichkeit« und »Politik« beeinflussen das Projekt, umgekehrt wird aber auch die öffentliche Meinung durch das Projekt beeinflusst. Projekt und Umfeld stehen in diesem Sinne in einer Wechselwirkung zueinander. Dabei gibt es eine Reihe von Faktoren, die sogenannten Umfeldfaktoren, die für diese Wechselwirkung prägend sind: Projekte finden beispielsweise in einem kulturellen, wirtschaftlichen, organisatorischen, gesellschaftlichen oder ökologischen Umfeld statt. Alle diese Faktoren können das Projekt beeinflussen. Wenn Sie beispielsweise Projekte im Ausland haben, finden diese in einem Umfeld statt, das nicht nur geprägt ist durch eine andere Kultur, als wir sie kennen, sondern eventuell auch durch andere gesetzliche Rahmenbedingungen. Es ist wichtig, dass Ihnen diese Rahmenbedingungen bewusst sind, ansonsten warten unter Umständen unschöne Überraschungen auf Sie.

Wir müssen aber nicht ins Ausland gehen, um die Wirkung des Umfelds auf unsere alltägliche Projektarbeit beobachten zu können. Es reicht, wenn Sie sich ganz normale kleine Projekte in Ihrem Unternehmen anschauen, denn auch diese finden zwangsläufig in einem politischen Umfeld Ihres Unternehmens statt, in dem es unterschiedliche Interessen und bestimmte Rahmenbedingungen gibt. Diese Rahmenbedingungen und Interessen gilt es zu analysieren, damit Sie sicher und erfolgreich innerhalb des Projektumfelds agieren können.

Die frühzeitige und vorausschauende Betrachtung des Projektumfelds hilft Ihnen dabei, Probleme zu verhindern bzw. zu entschärfen. Mit dem Wissen um Ihr Projektumfeld betreiben Sie proaktives Projektmanagement. Zu häufig haben wir miterlebt, wie auf Probleme, die aus dem Umfeld des Projekts resultieren, nur mehr reagiert wurde. Hier hätte eine systematische Betrachtung im Vorfeld zumindest dazu beitragen können, nicht überrascht zu sein.

Die Methodik, die durch das Projektmanagement vorgeschlagen wird, ist nicht kompliziert. Hier hilft ein einfaches Portfolio, in dem das Projektumfeld wie in Abbildung 5-1 kategorisiert wird.

Abbildung 5-1: Das Umfeldportfolio kategorisiert die Faktoren, die das Projekt beeinflussen, und differenziert dabei zwischen sachlichen und sozialen Faktoren auf der einen und externen und internen Faktoren auf der anderen Achse.

Die Kategorien Sozial und Sachlich sowie Extern und Intern helfen uns dabei, in Bezug auf die Analyse des Projektumfelds den richtigen Fokus zu setzen. Haben Sie ein Projekt, in dem es um den Umbau Ihrer Organisation geht, liegt der Fokus auf den internen Umfeldfaktoren. In diesem Fall müssen Sie überlegen, inwieweit Ihr Projekt durch den Betriebsrat beeinflusst werden kann, wie Sie die Geschäftsführung mitnehmen oder in welchem Ausmaß andere Abteilungen von dem Projekt betroffen sind. Handelt es sich um ein IT-Projekt in Ihrem Unternehmen, müssen Sie in jedem Fall schauen, inwieweit die neue Software mit der vorhandenen IT-Infrastruktur kompatibel ist, Sie müssen die IT-Richtlinien berücksichtigen, und vor allem dürfen Sie nicht vergessen, dass zukünftig ganz konkret Mitarbeiter mit der neuen Software arbeiten müssen. Sie können natürlich ganz locker all diese Faktoren ignorieren und hoffen, dass schon alles irgendwie gut gehen wird. Beschweren Sie sich dann aber nicht, wenn sich herausstellt, dass sich der Einsatz der Software massiv verzögert, weil dafür Umbauten an der Infrastruktur nötig waren, der Kollege der IT-Sicherheit mit hochrotem Kopf vor Ihrem Büro steht, weil Sie Sicherheitsrichtlinien nicht beachtet haben, und alle Kollegen, die mit der Software arbeiten müssen, kein Wort mehr mit Ihnen reden, weil die gewählte Software erstens unhandlich zu bedienen ist und zweitens die Hälfte der Alltagsanforderungen nicht erfüllt.

Besser ist es also, Sie machen sich vorher Gedanken darüber, wer außer Ihnen noch mit dem Projekt zu tun haben wird, und holen so alle Informationen, die Sie über die beteiligten Parteien benötigen, rechtzeitig ein. Nehmen Sie den ersten Satz des Zitats am Kapitelanfang und ersetzen Sie »Mensch« mit »Projekt«. Dann haben Sie die grundlegende Botschaft, um die es uns geht: Kein Projekt ist eine Insel, vollständig für sich allein.

Vielleicht ist Ihnen bereits aufgefallen, dass die Umfeldanalyse zunächst rein deskriptiv ist, es gibt keine Bewertung des identifizierten Projektumfelds. Das liegt daran, dass die oben vorgeschlagene Systematik einen sympathischen Vorteil hat: Die sozialen Umfeldfaktoren werden Bestandteil der Stakeholderanalyse, die wir in diesem Kapitel noch näher beleuchten werden, und die sachlichen Umfeldfaktoren gehen in die Risikoanalyse (siehe Kapitel 7) ein. Erst hier findet die Bewertung der entsprechenden Faktoren statt.

Der Vorteil dieser Herangehensweise ist, dass die beiden Vorgänge der Identifikation und der Bewertung hier bewusst voneinander getrennt werden. Insbesondere sehr fachorientierte Menschen neigen dazu, identifizierte Sachverhalte sofort einer Bewertung zu unterziehen. Da wird dann gern bis ins kleinste Detail diskutiert (oft problem- und nicht lösungsorientiert), und nach geraumer Zeit stellen Sie als schlechter Projektmanager zwei Sachen fest: Erstens hat eine Klärung des Sachverhalts trotz mehrstündiger Sitzungen immer noch nicht stattgefunden, und zweitens sind die Zettel, auf denen Sie die Ergebnisse des Meetings notieren wollten, geradezu unangenehm leer. Diese fachlichen Debattierklübchen haben wir häufig genug erlebt, nur gebracht haben sie selten etwas und schon gar nicht Ihrem Projekt. Als weniger schlechter Projektmanager sind Sie in der Lage, ein Meeting, in dem es um die Identifikation von Umweltfaktoren geht, so zu lenken, dass das Papier am Ende auch beschrieben ist und Sie genau über alle relevanten Umweltfaktoren Ihres Projekts Bescheid wissen. Sie wissen außerdem, dass die Bewertung der identifizierten Umfeldfaktoren erst in einem zweiten methodischen Schritt erfolgt, nämlich in der Risikoanalyse und der Stakeholderanalyse, und können in dieser Hinsicht vorauspreschende Kollegen zurückhalten.

Weniger schlecht Projekte managen

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