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Zielbeziehungen und Zielkonflikte

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Sie haben Ihre Ziele gesammelt, Sie wissen also, was Sie wollen. Sie haben Ihre Ziele kategorisiert, messbar gemacht und bestenfalls unter Zuhilfenahme von SMART beschrieben. Klasse! Fühlen Sie sich schon wie ein weniger schlechter Projektmanager?

Jetzt stellen Sie ungünstigerweise fest, dass es Ziele gibt, die in einem Widerspruch zueinander stehen. Grundsätzlich können Ziele in unterschiedlichen Beziehungen zueinander stehen. Sie können einander ausschließen, dann sprechen wir von einer Zielantimonie, sie können aber auch vollkommen deckungsgleich sein, dann sprechen wir von einer Zielidentität.

Bei positiven Zielbeziehungen, wie der Deckungsgleichheit von Zielen (Zielidentität), bei einer positiven Beeinflussung (komplementäre Ziele) oder gar bei Zielen, die überhaupt keinen Einfluss aufeinander haben (Zielneutralität), gibt es in der Regel keine Probleme. Dies gilt insbesondere für komplementäre Ziele, bei denen Ziel A durch Ziel B positiv beeinflusst wird.

Ein Beispiel dazu: Sie haben sich zum Ziel gesetzt, mindestens zwei Mal in der Woche eine Stunde Sport zu treiben. Auch haben Sie das Ziel, bis zur Mitte des Jahres Ihr Wunschgewicht von 70 kg zu erreichen, und darüber hinaus haben Sie das Ziel, gesünder zu essen (weniger Kohlenhydrate, weniger Fett, mehr Gemüse). Alle drei Ziele ergänzen sich fabelhaft. Sie stehen komplementär zueinander.

Nun haben Sie ebenfalls das Ziel, in Zukunft weniger Auto zu fahren bzw. öfter die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen. Sofern der Weg zu den Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu lang ist, steht das Ziel zu den zuvor genannten Zielen in keiner Beziehung. Die Zielbeziehung ist neutral bzw. indifferent. Wenn der Weg zur Haltestelle doch etwas länger ist oder Sie gar komplett aufs Fahrrad umsteigen, haben Sie auch hier eine komplementäre Beziehung, da die zusätzliche Bewegung Ihren Fitness- und Abnehmbemühungen direkt in die Hände spielt.

Der klassischste Fall eines Zielkonflikts ist etwas, das viele von uns täglich erleben: Auf der einen Seite steht der Job mit all seinen Pflichten und Verantwortungen, auf der anderen Seite steht unsere Familie, wie groß oder klein sie auch ausfallen mag, mit anderen, aber ebenso wichtigen Pflichten und Verantwortungen. Jede Stunde, die wir länger im Büro verbringen, um ein wichtiges Projekt voranzubringen, können wir nicht mit dem Partner beim Abendessen, den Kindern beim Spielen oder einfach so mit einem schönen Buch oder der neuesten Binge-Serie auf dem Sofa verbringen.

Denn eigentlich möchten Sie ja für die Familie und Ihre Freunde da sein, und außerdem haben Sie Hobbys, wollen noch eine Sprache lernen, mal ins Kino, eine Eule filzen oder ein Boot bauen (was wissen wir schon von Ihren Freizeitplänen?), aber Sie sind natürlich auch gefangen in den Konventionen Ihrer Arbeitswelt, und da geht es gar nicht immer zwangsläufig um den nächsten Karriereschritt, sondern einfach nur darum, dass es Ihr Einkommen und damit auch Ihre Existenz sichert. Die Krux ist folgende: Hand aufs Herz, wie lange hat es gedauert, um bewusst eine Entscheidung darüber zu treffen, welches der Ziele für Sie Priorität hat? Haben Sie diese Entscheidung überhaupt getroffen?

Sie glauben, wir kommen vom Thema ab? Was hat die Priorisierung innerhalb meines Privatlebens mit meiner Projektarbeit zu tun? Tatsächlich haben wir hier genau den Kern der Problematik erreicht. Die Zielbeziehung, in der Ziele in Konkurrenz zueinander stehen, sollten Sie als Projektleiter im Auge behalten, und für diese Ziele sollten Sie durch Priorisierung Klarheit schaffen. Ob wir uns den Druck, in beiden Bereichen so viele Menschen wie möglich so glücklich wie möglich zu machen, selbst machen oder ob er auch explizit an uns herangetragen wird, ist dabei erst mal egal. Wichtig ist, dass Sie als weniger schlechter Projektmanager die gerade beschriebene Situation und Ihr damit einhergehendes Unbehagen in Zukunft als klassisches Beispiel nicht kompatibler, sich gegenseitig ausschließender Ziele begreifen.

Wenn wir das obige Beispiel aus dem Privatleben in den Projektalltag übertragen, haben Sie hier nämlich innerhalb eines Projekts echtes Konfliktpotenzial. Zielkonkurrenzen können sich einerseits auf den Projektgegenstand beziehen. Andererseits – und das ist der gewichtigere Bereich – können die Ziele der agierenden Personen, Projektbeteiligten oder Stakeholder ebenfalls in Konkurrenz zueinander stehen.

Die klassischen Zielkonkurrenzen spielen sich hier zwischen den Zielen »Funktionsumfang/Qualität«, »Projektkosten« und »Endtermin« ab. Während Ihr Chef der Welt das neue Niedlichkeitsbewertungsprogramm für Hundewelpen so schnell wie möglich präsentieren will, möchte der Produktmanager den Funktionsumfang noch dringend um Katzenbabys erweitern, und der Budgetverantwortliche liegt Ihnen in den Ohren, weil die Kosten auf keinen Fall das geplante Budget überschreiten dürfen. In einer perfekten Welt ist das alles kein Problem, die Katzenbabys werden noch integriert, Sie haben die Kosten im Griff, und das Programm kann punktgenau zur großen Tierbaby-Convention vorgestellt werden. In der weniger perfekten Welt, in der wir uns leider befinden, müssen Sie oft mindestens einen Tod sterben. Das bedeutet, dass Sie abwägen und priorisieren und andere davon überzeugen müssen, dass Sie schon wissen, was Sie tun, und nicht immer alle Beteiligten so glücklich machen können, wie Sie es gern würden. Da die Tierbaby-Convention auch strategisch wichtig für Ihr Produkt ist, vermitteln Sie dem Produktmanager, dass die Katzenbabys zwar ganz sicher direkt als nächster Punkt auf Ihrer Liste stehen, Sie aber Ihre ganze Energie zunächst in die fehlerfreie Umsetzung des Basisprogramms stecken werden. Nebenbei bereiten Sie den Budgetverantwortlichen schon mal darauf vor, dass Sie in naher Zukunft einen weiteren Programmierer brauchen.

In diesem Sinne betreiben Sie als weniger schlechter Projektmanager nicht nur Erwartungsmanagement, sondern auch immer ein bisschen Enttäuschungsmanagement bei den Parteien, deren Wünsche Sie unter den aktuellen Bedingungen und unter Berücksichtigung aller Optionen nicht immer erfüllen können.

Lösungen für Zielkonflikte lassen sich selten kaninchengleich aus dem Zylinder ziehen. Bei konkurrierenden Zielen haben Sie als die Person, die den Konflikt auflösen muss, drei Möglichkeiten: Klärung, Priorisierung und Eskalation.

Weniger schlecht Projekte managen

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