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2.1.2 RechtsphilosophieRechtsphilosophie

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Auch die RechtsphilosophieRechtsphilosophie oder philosophische Rechtslehre ist eine praktische Disziplin der Philosophie. Im Unterschied zu Ethik und Politik befasst sie sich jedoch nicht mit der moralischen und der politischen Dimension von Praxis, sondern mit ihrem rechtlichen Aspekt, der gleichwohl mit den beiden anderen eng zusammenhängt: Wie politisches Handeln an das Freiheitsprinzip einerseits, an Recht und Verfassung andererseits gebunden ist, so werden RechtsnormenRechtsnormNorm politisch sowohl gesetzt als auch durchgesetzt und haben in der grundsätzlichen Anerkennung des Menschen als moralischer Person ihr ethisches Fundament. Im Unterschied zu den NormenNorm einer Moral sind die NormenNorm einer Rechtsordnung als Gesetze niedergelegt, die für den Fall von Zuwiderhandlungen mit Strafen drohen.

Während also die NormenNorm einer Moral weitgehend ungeschriebenes Gesetz sind, sind die RechtsnormenRechtsnorm gesatzte, schriftlich festgehaltene und zusammen mit Sanktionen formulierte Regeln. Zwar ist auch der Verstoß gegen moralische Normen mit Sanktionen verbunden: Tadel, Missbilligung und Verachtung z.B. können sehr wirksame Maßnahmen sein, um unmoralisches Verhalten zu ahnden. Aber im Unterschied zu Rechtsnormen sind Verstöße gegen moralische Normen nicht einklagbar, es sei denn, dass mit der Verletzung einer moralischen Norm zugleich ein Rechtsbruch verbunden ist: z.B. absichtliche Falschaussage vor Gericht, Vortäuschung falscher Tatsachen bei einem Vertragsabschluss etc.

Die Herkunft des Rechts ist in der Geschichte der RechtsphilosophieRechtsphilosophie umstritten. Während die einen als Vertreter des sogenannten NaturrechtsNaturrecht die RechtsnormenRechtsnorm aus den der menschlichen NaturNaturNaturmenschliche immanenten Zwecken ableiten (PLATONPlaton, THOMAS v. AQUIN, GROTIUSGrotius, H., WOLFFWolff, Ch. u.a.), behaupten die Vertreter des sogenannten positiven RechtsRechtpositives, das RechtRecht sei eine unabhängig von irgendwelchen vorgegebenen Werten von Menschen zum Überleben geschaffene Ordnung (DUNS SCOTUSDuns Scotus, J., Wilhelm von OCKHAMOckham, W. v., HOBBESHobbes, Th.).

Die NaturrechtslehrerNaturrecht gehen davon aus, dass die NaturNatur insgesamt, inklusive die menschliche NaturNaturmenschliche, ein Ordnungsgefüge darstellt, das nicht Produkt menschlichen Wollens und Handelns – gemeinsamer Interaktionen – ist, sondern jeder menschlichen Tätigkeit vorausliegt, sei es wie bei PLATONPlaton im Sinne einer hierarchisch gestuften Struktur des Kosmos, von dem der Mensch nur ein Teil ist, sei es wie bei THOMAS im Sinne einer von Gott dem Menschen vorgegebenen SinnSinn- und SeinsordnungOrdnung. Aus diesem jeweils als NaturNatur begriffenen SinnganzenSinn wurden dann die darin implizierten Zweckvorstellungen erschlossen und zu einem Rechts- bzw. Pflichtenkatalog zusammengestellt, der den Inbegriff des NaturrechtsNaturrecht darstellen sollte. Für PLATON war z.B. die Welt, in der der Mensch lebt, nur ein Abbild einer höheren, wahren Welt, des überirdischen Orts, und der Riß zwischen dem Ursprünglich-Eigentlichen und dem Abgeleitet-Abkünftigen, zwischen dem Bereich des unveränderlichen, in sich vollkommenen ewigen Seins und dem Bereich des veränderlichen, vergänglichen, unvollkommenen Werdens geht auch durch die NaturNatur des Menschen und bestimmt seine RechteRecht und PflichtenPflicht. Er ist nämlich sowohl berechtigt als auch verpflichtet, die Strukturen jener höherrangigen Welt nachzuahmen, d.h. als Maßstäbe seines Handelns anzuerkennen.

Während die NaturrechtlerNaturrecht die Gültigkeit des als verbindlich behaupteten RechtsRecht aus der Wert- und Sinnhaftigkeit einer dem Menschen vorgegebenen NaturNatur ableiten, behaupten die Rechtspositivisten, dass es eine solche NaturNatur nicht gebe und die Gültigkeit des RechtsRecht allein daraus folge, dass es gesatztes RechtRecht, d.h. von Menschen zur Regelung ihrer wechselseitigen Beziehungen gemeinsam beschlossene und erlassene Gesetze sind, die aufgrund des gemeinsamen Beschlusses und ihrer schriftlichen Fixierung allgemein verbindlich seien.

KANTKant, I. war es, der diese Alternative von NaturrechtNaturrecht und positivem RechtRecht dadurch aufhob, dass er die menschliche NaturNatur als eine Vernunftnatur bestimmte, wobei er unter VernunftVernunft keine naturale Anlage des Menschen verstand, die sich von selber, ohne sein Zutun entwickelt, sondern eine moralische Aufgabe, die es autonom zu bewältigen gilt, indem die FreiheitFreiheit sich selbst Gesetze gibt – sich selbst ihre Grenze an der FreiheitFreiheit des Mitmenschen setzt. Von daher definierte er das RechtRecht als Inbegriff von Regeln, die lediglich das äußere Verhalten, die äußere FreiheitFreiheit der sich praktisch äußernden VernunftnaturVernunft des Menschen betreffen, wohingegen er den eigentlichen Wert der praktischen VernunftVernunft in der inneren FreiheitFreiheit als der moralischen Gesinnung sah. Entsprechend enthält die ›Metaphysik der Sitten‹ zwei Teile – sowohl eine Rechtslehre als auch eine Tugendlehre –, in denen der rechtliche und der moralische Freiheitsbegriff abgehandelt werden.

Gesetze der FreiheitFreiheit heißen, zum Unterschiede von Naturgesetzen, moralisch. So fern sie nur auf bloße äußere HandlungenHandeln/Handlung und deren Gesetzmäßigkeit gehen, heißen sie juridisch; fordern sie aber auf, dass sie (die Gesetze) selbst die Bestimmungsgründe der HandlungenHandeln/Handlung sein sollen, so sind sie ethisch, und alsdann sagt man: die Übereinstimmung mit den ersteren ist die LegalitätLegalität, die mit den zweiten die Moralität der HandlungHandeln/Handlung. (Werke, Bd. 7, 318)

RechtsnormenRechtsnorm müssen somit nicht aus moralischen Gründen befolgt werden; es genügt, dass sie respektiert werden, aus welchen Gründen auch immer. Gleichwohl ist der Begriff des RechtsRecht ebensowenig wie der der Politik ohne Rückgriff auf das Prinzip der Moralität zu legitimieren, wie es die verschiedenen Fassungen der sog. MenschenrechteMenschenrechte oder Grundrechte deutlich zum Ausdruck bringen. Dort ist es überall die FreiheitFreiheit, die als schlechthinniges und unveräußerliches Grundrecht postuliert wird, das weder rechtlich noch politisch angetastet werden darf, da RechtRecht und Politik selber auf diesem GrundwertGrundwerte basieren.

Die EthikEthik erweist sich daher nicht nur gegenüber der Politik, sondern auch gegenüber der RechtsphilosophieRechtsphilosophie als die Basiswissenschaft, der unter den praktischen Disziplinen der Philosophie das Primat gebührt, da der Begriff der Moralität sich auf die dem Menschen wesentliche FreiheitFreiheit bezieht, die den eine humane PraxisPraxis als humane PraxisPraxis auszeichnenden und qualifizierenden Grund ausmacht. Es sind vor allem die MenschenrechteMenschenrechte, die als kategorische Rechtsprinzipien (O. HÖFFEHöffe, O.) im Zentrum der RechtsphilosophieRechtsphilosophie stehen.

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