Читать книгу Einführung in die Ethik - Annemarie Pieper - Страница 20
2.3.1 Pragmatik
ОглавлениеWir gebrauchen den Ausdruck PragmatikPragmatik hier nicht im semiotischen Sinn wie etwa Charles W. MORRISMorris, Ch.W., für den die PragmatikPragmatik »der Teil der Semiotik [= Zeichenlehre] ist, der sich mit dem Ursprung, den Verwendungen und den Wirkungen der Zeichen im jeweiligen Verhalten beschäftigt« (Zeichen, Sprache und Verhalten, 325). Damit hat ›PragmatikPragmatik‹ für uns eine eingeschränktere Bedeutung als für Karl-Otto APELApel, K.-O., der im Anschluss an den »Pragmatismus« von Charles Sanders PEIRCEPeirce, Ch.S. eine sprachpragmatische Ethikkonzeption entwickelt hat, der zufolge die Gültigkeit von Normen in praktischen Diskursen überprüft werden soll. Wir hingegen sprechen von ›PragmatikPragmatik‹ in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes: PragmatikPragmatik im ethischen Sinn ist die Lehre vom richtigen HandelnHandeln/Handlung (von griech. pragma – Handeln, Tun, Tätigkeit).
Pragmatische Überlegungen zielen nicht auf die von der Ethik als Moralität begriffene Qualität einer Praxis, sondern auf eine singuläre HandlungHandeln/Handlung, die auf optimale Weise geeignet ist, das erstrebte Ziel auch tatsächlich zu erreichen. Pragmatische VernunftVernunft ist instrumentelle VernunftVernunft, die die zur Verfügung stehenden Mittel bezüglich ihrer Wirksamkeit zur Durchsetzung des Gewollten, d.h. des erstrebten Ziels oder Zwecks durchgeht und das beste Mittel als die gesollte HandlungHandeln/Handlung auswählt.
Pragmatisch gesehen ist eine HandlungHandeln/Handlung immer dann gut, wenn sie zum gewünschten Erfolg führt, unabhängig davon, ob das Ziel moralisch ist oder nicht. So ist z.B. Arsen ein ebenso gutes Mittel, um jemanden, den man umbringen will, zu töten, wie ein Boot ein gutes Mittel ist, um einen Nichtschwimmer, der ins Wasser gefallen ist, vor dem Ertrinken zu bewahren.
Daher hat KANTKant, I. alle pragmatischen und technischen Handlungsweisen als hypothetische ImperativeImperativhypothetischer (der Klugheit bzw. der Geschicklichkeit) bezeichnet, die keine unbedingte (kategorische) Gültigkeit haben, sondern nur bedingt als verbindlich gelten:
Wenn du A willst, musst du x tun. Erst wenn das Wollen des Ziels A selber noch einmal kritisch daraufhin hinterfragt wird, ob man wollen kann, jedermann solle Ziel A erstreben, ist die HandlungHandeln/Handlung sowohl moralisch gut als auch pragmatisch richtig.1
Eine PragmatikPragmatik ohne Ethik wäre ebenso inhumanHumanität, wie eine Ethik ohne PragmatikPragmatik wirkungslos bliebe und damit ihren Sinn – nämlich dazu beizutragen, die Welt durch eine veränderte Praxis zu verbessern – verlöre. Die ethische Reflexion auf das moralische Ziel und die pragmatische Reflexion auf die angemessenen Mittel gehören in der Praxis untrennbar zusammen, soll nicht die Ethik eine praktisch folgenlos bleibende reine Theorie des menschlichen WillensWille und die PragmatikPragmatik eine hinsichtlich der Moralität der gesetzten Ziele unkritische Theorie des durch menschliches Tun Machbaren sein. Moralität der Zielsetzung und Wahl der richtigen HandlungHandeln/Handlung ergänzen einander, d.h. ein moralisch gutes Ziel und ein pragmatisch gutes Mittel zur Erreichung des Ziels machen zusammen eine vollkommene HandlungHandeln/Handlung aus.