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WARUM HOCHLEISTUNGSERZIEHUNG INS LEERE LÄUFT

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Und dann gibt es jene Eltern, die Erziehung als HOCHLEISTUNGSSPORT missverstehen. Diese Disziplin lässt sich anschaulich an der Verwendung der Worte »richtig« oder »schön« aufzeigen. Vor ein, zwei Jahrzehnten sollten Kinder »nur« aufräumen, wenn es um die Ordnung ging. Seit einigen Jahren heißt es: »Könnt ihr nicht mal richtig aufräumen?« Und was das Spiel anbelangt, durften Kinder früher »einfach nur« spielen, heute heißt es – meist mit unterdrücktem Zorn: »Könnt ihr nicht mal schön spielen?« Oder: »Geht das nicht mal leise?« Nein! Das können Kinder eben nicht: schön spielen.

Man stelle sich mal vor, eine Vierjährige sagt zu ihrer Freundin: »Ich denke, wir spielen heute mal schön leise!« Spielen können Kinder aber immer nur mit vollem Einsatz, mit all den Gefühlen, und die sind nicht immer schön und leise. Die häufige Verwendung von Eigenschaftswörtern wie »richtig« oder »gut«, um Tätigkeiten von Kindern zu bewerten, zeigt, wie die Erziehung der Kinder zu Hochleistungsprodukten in den alltäglichen Sprachgebrauch eingesickert ist: Bloß nichts falsch machen! Bloß keine Fehler machen!

Authentisch erziehen

Das Loslassen fängt zunächst bei den Eltern an, es stellt sich als innerer Prozess dar. Also:

 Erziehung ist nicht die Vorbereitung auf ein Leben, das irgendwann stattfindet. Sie spielt sich im Hier und Jetzt ab. Wenn ein Kind vier Jahre alt ist, dann ist es vier und nicht fünf! Wenn es in die Tagesstätte kommt, besucht es diese und nicht in zwei Jahren die Schule. Wenn ein Kind nachts nicht durchschläft, dann schläft es noch nicht durch! Wenn es wütend ist, dann ist es nicht aggressiv, sondern es handelt so. Und auf die selbst gestellte Frage »Wo soll das alles nur enden?« lässt sich mit Udo Lindenberg antworten: »Hinterm Horizont geht‘s weiter«, oder wie es im Kölschen Grundgesetz verankert ist: »Et hätt noch immer jot jejange! « Untergangsszenarien lassen Erziehung und damit Erziehende so freudlos werden. Dabei wollen Kinder lachende, fröhliche Eltern! Freude vermissen Kinder an Erwachsenen, dabei ist es für sie so zentral, weil dieses Gefühl ihren Alltag erträglich macht.

 Kinder möchten Eltern aus Fleisch und Blut, mit einer authentischen Haltung, die auch erlaubt: »Ich weiß nicht weiter!« Dann erfährt ein Kind: Jetzt geht es denen wie mir! Sie sind Menschen und keine Maschinen. Kinder fordern von ihren Erwachsenen: Kehrt auf das menschliche Maß zurück!

So große Gefühle!

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