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10. ZENON VON KITION (333–262 V. CHR.)

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Zenon war der Begründer der stoischen Schule und wurde um 333 v. Chr. in Kition auf der Insel Kypern geboren. Früh kam er nach Athen und lernte dort beim Kyniker Krates, bei den Megarikern Stilpo und Diodoros sowie beim Akademiker Polemon die Philosophie. Um 300 v. Chr. begann er selber, in der Bunten Säulenhalle (Stoa Poikile) auf dem Markt in Athen die Philosophie zu lehren. Nach dieser Säulenhalle bekam seine Schule den Namen Stoa. Dieser große Lehrer hat uns einige Schriften hinterlassen; um 262 v. Chr. starb er durch den Freitod.

Seine Schüler führten die Schule der Stoa weiter, sie verbreitete sich in der ganzen hellenistischen Welt. Die Stoiker dachten in der Tradition der Kyniker und damit des Sokrates. Denn sie fragten nach dem glücklichen Leben und kamen zur Überzeugung, dass das Glück des Lebens immer in der Verwirklichung der Tugend zu finden sei. Unsere göttliche Vernunft sei fähig, die unvernünftigen Triebe (horme) unseres Lebens zu lenken und zu steuern. Ein Leben gemäß der Tugend aber führt uns in die Bedürfnislosigkeit gegenüber den materiellen Dingen.

Die Tugend und damit das glückliche Leben sind uns allen erreichbar durch die Einsichten unserer Vernunft. Um »einstimmig« (homologoumenos) leben zu können, müssen wir das Unverfügbare im Leben entwerten. Das heißt, wir dürfen in unseren Handlungen nur solche Ziele wählen, die wir mit eigener Kraft erreichen können. Denn unser Wollen muss mit unserem Können übereinstimmen. Wer dieses Ziel erreicht, der lebt im inneren Frieden, in der Ausgeglichenheit und Harmonie. Denn das Glück des Lebens besteht für den Weisen in der Erreichung der selbst gesetzten Ziele.

Wenn wir das anstreben, was wir können, dann erleben wir den »Wohlfluss« des Lebens (eu zen) und die einstimmige Befindlichkeit. Wer aber die selbst gesetzten Zwecke nicht erreicht, wird sich tief unglücklich fühlen, da er von gegensätzlichen Gefühlen hin- und hergerissen wird. Die Gefühle (pathos) aber bewirken einen Erregungszustand, der den Gleichfluss des Lebens stört. Daher besteht die Glückseligkeit in der Beherrschung der Affekte durch unsere Vernunft. Der Weise sucht folglich die Freiheit von den Affekten (apathia).

Zuerst stellen wir uns eine Handlung vor, die wir setzen wollen. Diese Vorstellung (phantasia) weckt in uns einen inneren Antrieb (horme). Aber zuletzt muss dann die Vernunft die Zustimmung geben, damit wir eine Handlung ausführen können. Wenn aber der innere Antrieb zu stark wird, dann kann ihn die Vernunft nicht mehr steuern. Die Affekte gelten als die unvernünftigen Bewegungen der Seele. Zu ihnen gehören die Lust und die Unlust, die Furcht und die Begierde. Jeder Affekt entsteht durch eine Einbildung bzw. Vorstellung eines Guten oder eines Bösen.

Im Erleben der Lust erfahren wir ein Anschwellen, im Erleben der Unlust ein Sichzusammenziehen der Seele. In der Begierde streckt sie sich nach vorne aus, in der Furcht verengt sie sich. Der weise Mensch ist zur vollkommenen Glückseligkeit fähig, wenn er alles Unverfügbare des Lebens entwertet. Folglich haben für ihn die Dinge der Außenwelt wenig oder gar keinen Wert. So übt sich der Weise ständig in der »aufrechten Vernunft« (logos orthos). Über die äußeren Vorgegebenheiten des Lebens kann er nicht verfügen; dazu gehören Reichtum, Armut, Gesundheit, die soziale Schicht. Doch über unsere inneren Einstellungen zu den Dingen des Lebens können wir alle verfügen, ob wir reich oder arm sind. So ist ein Sklave zwar an seinen Herren gebunden, doch innerlich kann er frei werden.

Das wahrhaft Wertvolle finden wir allein in der Seele, nämlich in der Einsicht (phronesis) in die wirklichen Wertverhältnisse des Lebens. Wenn nun die Tugend in dieser Einsicht besteht, dann ist sie für alle lehrbar und lernbar. Der höchste Zweck des Lebens ist die Glückseligkeit; die Tugend aber ist das beste Mittel, um sie zu erreichen. So besteht das Glück des Lebens im inneren Frieden und in der seelischen Ausgeglichenheit. Wenn wir die Tugend um ihrer selbst willen erstreben, dann nützt sie allen Menschen. Der Weise aber lebt im Einklang mit der Natur, deswegen lässt er sein Leben geschehen.

Nun richtet sich der Trieb jedes Menschen auf die Selbsterhaltung des Lebens, nicht zuerst auf den Lustgewinn. Daraus ergibt sich das richtige Handeln, indem jeder für sich selbst sorgt. Wer auf dem Weg zur Weisheit ist, für den gibt es keine Rangunterschiede mehr zwischen den Freien und den Sklaven, den Männern und den Frauen, den Griechen und den Nichtgriechen. Der Unterschied der Menschen besteht dann allein in den inneren Einstellungen zu den Dingen des Lebens. Der Weise täuscht weder sich selbst noch seine Mitmenschen. Er versteht etwas von der Religion, der Politik, der Kunst und der Wirtschaft. Da er innerlich reich, schön und frei ist, kann ihn ein äußeres Übel nicht treffen.

In unserem Denken gehen wir immer von unseren sinnlichen Wahrnehmungen aus, von welchen wir dann eine Vorstellung bilden, und wir speichern diese in unserer Erinnerung. Aus vielen gleichartigen Erinnerungen bilden wir Begriffe als allgemeine Vorstellungen, die das Gemeinsame der Erinnerung festhalten. Mit unseren Begriffen können wir sinnliche Erfahrungen der Zukunft vorwegnehmen (prolepsis). So bilden wir mittels der Vernunft unsere Begriffe, und die Erkenntnis schreitet fort. Vernunft ist der bestimmende Faktor unseres Lebens.

Die ganze Welt besteht aus dem Stofflichen (hyle). Wirklich ist nur das, was wirkt und leidet. Auch die menschliche Seele besteht aus feinsten stofflichen Teilen, denn alle Körper werden vom Stoff und von der Vernunft (logos) bestimmt. Der Stoff ist die leidensfähige Kraft, während die Vernunft die wirkende Kraft darstellt. Da die Welt entstanden ist, ist sie auch vergänglich. Aus dem Feuer wird die Luft, aus dieser wird das Wasser und aus diesem entsteht die Erde. Am Ende geht die Welt wieder im großen Urfeuer (ekpyrosis) auf.

Auch die menschliche Seele ist stofflich, denn sie besteht aus warmem Hauch (pneuma). Sie hat drei Vermögen, nämlich das der Vorstellung, das des Triebes und das der Vernunft. Damit ist sie der höchste Zweck des Daseins, denn sie kommt aus der göttlichen Welt. Nun wird die ganze Welt von der göttlichen »Vorsehung« (pronoia) regiert. Im Grunde gibt es nur einen Gott, er ist identisch mit der in allen Dingen wirkenden Weltvernunft. Da alles nach der göttlichen Planung erfolgt, ist der freie Wille der Menschen deutlich begrenzt.

Werke: Über die Vernunft; Über die Natur; Über das Weltall; Über die Pflicht; Über die Affekte; Der Staat; Über die Lust; Fragmente.

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