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12. AURELIUS AUGUSTINUS (354–430)

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Auch Augustinus ist ein Vordenker des monopolhaften und autoritären Christentums mit absolutem Wahrheitsanspruch. Geboren wurde er 354 in Tagaste in Numidien (Nordafrika) als Sohn eines Grundbesitzers. Seine Mutter Monica war bereits Christin, sein Vater nicht. Die Grammatikschule besuchte er in Madaura, die Rhetorenschule in der Provinzhauptstadt Karthago. Als er den Schriftsteller Cicero las, kam er mit philosophischen Lehren und Ideen in Berührung. Er wirkte als Rhetor zuerst in Rom, dann in Mailand.

Früh schloss er sich der religiösen Lehre der Manichäer an, welche die Welt und den menschlichen Körper als böse bewerteten: Die Menschenseele sei im Körper eingesperrt und habe Sehnsucht nach ihrer Befreiung. Als erleuchtete Führer auf dem Weg zur Erlösung werden Plato, Jesus und Mani anerkannt. Die Sinnlichkeit und die Sexualität gelten als böse, nur der Weg der Askese führe zur Befreiung der Seele.

Als Augustinus Schriften des Cicero (Hortensius) las, schloss er sich der Lehre der platonischen Skeptiker an: Für sie gibt es kein sicheres Wissen, sondern nur die subjektive Wahrscheinlichkeit der Erkenntnis. In Mailand hörte der Rhetor die Predigten des Bischofs Ambrosius, durch ihn lernte er das neuplatonische Christentum kennen. So wurde er Christ, gab den Rhetorenberuf auf, wurde Priester und später Bischof. Im Jahr 430 starb er in der Stadt Hippo.

Augustinus glaubte an die neuplatonische Lehre von der Emanation des göttlichen Lichtes als Urgrund des Seins, aus dem die ganze Wirklichkeit ausfließt. Die göttliche Wahrheit leuchtet in unsere menschliche Seele herein, deswegen sehnt sich diese nach dem Aufstieg in das Ewige. Askese und Mystik erleichtern diesen Aufstieg. Wie der Weltgeist (Nous) aus dem Ureinen hervorgeht, so geht der göttliche Sohn aus dem göttlichen Vater hervor.

Seit 380 war das Christentum zur Staatsreligion erhoben worden. Sieben Jahre später wurde Augustinus Christ und bald Priester und Bischof. In seinen vielen Schriften entwarf er die dogmatische Lehre für die neue Reichskirche: Den Christen allein hat sich die göttliche Wahrheit offenbart, sie gilt für alle Menschen und hat absolute Gültigkeit. Kein Mensch darf sich ihr entziehen oder widersetzen; die Bischöfe hüten diese letzte Wahrheit. Wer von ihr abweicht, soll mit staatlicher Gewalt zu ihr gezwungen werden. So hatte es auch Platon für seine Zwangsreligion vorgesehen.

Die bisherigen Heiden sollen gezwungen werden, in die Reichskirche einzutreten (compellite intrare). Häretiker und Abweichler vom wahren Glauben müssen vom Staat verfolgt und mit schweren Strafen belegt werden. Damit wird Augustinus zum Vordenker der reichskirchlichen Inquisition, die über 1400 Jahre Geltung hatte.

Dieser Bischof vertritt einen moralischen Pessimismus: Alle Menschen sind durch die Ursünde böse und verdorben, vor Gott sind sie eine »verdammte Masse« (massa damnationis). Denn der göttliche Schöpfer hat einen Großteil der Menschen zum ewigen Verderben bestimmt, nur ein kleiner Teil wird zum ewigen Heil erwählt. Es gibt eine Vorherbestimmung (predestinatio) vieler Menschen zur ewigen Hölle. Kein Mensch kann aus eigener Kraft die Erlösung vom Bösen erlangen, alles Heil kommt aus der göttlichen Gnade.

So bekämpft Augustinus den englischen Mönch Pelagius, für den die Menschen nicht von Natur aus böse sind. Dieser lehrte, dass jeder Mensch von sich aus das Gute tun könne. Doch diese Lehre lehnte der asketische Bischof aus Hippo strikt ab. Die skeptische Position in der Philosophie hat er durch die Einsicht überwunden, dass wir zuerst leben müssen, bevor wir zweifeln können (dubito sum). Das neuplatonische Christentum überwindet jede Form der Skepsis, indem es eine absolute göttliche Wahrheit lehrt, die von der Reichskirche verwaltet wird.

Wer von dieser absoluten Wahrheit abweicht, verliert das Recht auf Leben. Wir Menschen sind immer auf der Suche nach der Wahrheit. In uns tragen wir Bilder, mit denen wir die Außenwelt erkennen. In unserer Seele erleben wir drei verschiedene Fähigkeiten, nämlich zu denken (mens), zu erkennen (notitia) und zu lieben (amor). Diesen drei Fähigkeiten entspricht die göttliche Dreiheit, nämlich Vater, Sohn und Geist. Erkenntnis wird uns durch die Einwirkung des göttlichen Lichtes geschenkt, wie Sonnenlicht fließt die ewige Wahrheit in unsere Seele ein.

Die meisten Menschen lieben sich selber (amor sui), ihr Weg führt in das Verderben. Doch einige lieben den göttlichen Schöpfer (amor Dei), sie gelangen zum ewigen Heil. So sind wir Menschen durch die Urwahl der Engel Bürger zweier Welten, einer irdischen und einer göttlichen. Der irdische Staat (civitas terrena) wird durch die Selbstliebe der Menschen geprägt, während der göttliche Staat (civitas Dei) durch die Gottesliebe geformt wird. Doch immer haben wir Menschen an beiden Staaten Anteil.

Die Zeit erleben wir als Ausdehnung unserer Seele, die ewige Wahrheit schützt uns vor unserer Vergänglichkeit. Wir benötigen die Macht des autoritären Staates, um von der Selbstliebe geheilt zu werden, da wir von unserer Natur her alle böse sind. Die Menschen haben einen Vereinigungsvertrag geschlossen, um sich vor der gegenseitigen Gier und Selbstliebe zu schützen. Die Staaten setzen ein Richtmaß an Recht und Gleichheit, doch viele Staaten gebärden sich wie Räuberbanden.

Ein Staat verfolgt diesseitige Ziele wie den Schutz des Lebens und des Besitzes. Doch die Kirche verfolgt die jenseitigen Ziele, nämlich die Erlösung der Seele von der Kraft des Bösen. In der Zeit sind der Weltstaat und der Gottesstaat nicht getrennt, sondern miteinander verflochten, sie werden jedoch beim göttlichen Gericht am Ende der Zeit getrennt. Viele, die jetzt im Gottesstaat zu sein scheinen, sind es nicht; und viele, die draußen scheinen, sind drinnen.

Zuerst lehrte Augustinus, die Heiden und die vom Glauben der Bischöfe abweichenden Christen müssen durch überzeugende Rede zum wahren Glauben geführt werden. Doch später lehrte er als Reichsbischof, die Heiden müssten wegen ihrer falschen und schändlichen Religion bestraft werden. Die Kirche müsse die Menschen wie eine aufrichtige Mutter zur göttlichen Wahrheit zwingen und zum Heil ihrer Seelen eine bittere Medizin verabreichen. Auf der Basis dieser Lehre begann im Jahr 411 durch den Kaiser Honorius I. die staatliche Inquisition.

Werke: Confessiones; Contra Academicos; De civitate Dei; De Trinitate; De ordine; De quantitate animae; Adversus Judaeos; De conjugiis adulteriis; De natura boni; De libero arbitrio.

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