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14. THOMAS VON AQUIN (1225–1274)

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Thomas ist der Vordenker der mittelalterlichen und neuzeitlichen Scholastik bzw. Schulphilosophie und hat das aristotelische Denken in Europa verbreitet. Geboren wurde er 1225 in Süditalien, er stammt aus zwei hocharistokratischen Familien. In jungen Jahren wurde er einem Benediktinerkloster in Neapel übergeben, später trat er in den Bettelorden der Dominikaner ein. Er studierte und lehrte Philosophie und Theologie in Rom, in Paris, in Köln, in Viterbo und in Orvieto. 1274 starb er auf einer Reise zu einem Bischofskonzil in Lyon.

In seinen beiden Hauptwerken »Summa contra gentiles« und »Summa theologica« legte er seine großen Lehren dar. Im ersten verteidigt er das Christentum gegen die Lehren des Islam. Im zweiten versucht er, die christlichen Lehren mit philosophischen Einsichten, vor allem des Aristoteles, zu verbinden. Er war überzeugt, dass es zwischen dem religiösen Glauben und der kritischen Vernunft keinen Widerspruch geben kann. Daher sind für ihn das Wissen und der Glaube zwei verschiedene Weisen der einen Erkenntnis. Unser Wissen entsteht immer durch die Anstrengung unserer Vernunft, Glaube aber entsteht durch die innere Schau und durch göttliche Offenbarung.

Wir können drei große Ordnungen des Geistes unterscheiden: nämlich die des Seins (Metaphysik), die der Erkenntnis und die des moralischen Lebens. Die höchste aller Wissenschaften ist die Theologie, die Lehre von Gott. Aber sie braucht zu ihrer Entfaltung immer die Dienstfunktion der Philosophie (ancilla theologiae), da sie die Inhalte des religiösen Glaubens vor der Vernunft vertreten will. Unsere Welt ist aus niedrigen und aus höheren Seinsordnungen aufgebaut.

Die Ordnung der Welt verhält sich analog zur Ordnung des höchsten und des göttlichen Seins. In der ganzen Welt finden wir diese analoge Struktur des Seins als Hinweis auf das höchste Sein. Daher setzt der religiöse Glaube immer die menschliche Natur voraus. Vom höchsten Sein können wir drei Eigenschaften aussagen, nämlich die Einheit, die Wahrheit und die Güte. In der Ontologie unterschieden wir zwischen einer Substanz, die das Sein in sich hat, und einer Akzidenz, die das Sein von einem anderen hat.

In der Welt erkennen wir eine erste Ursache von allem, diese ist der göttliche Schöpfer. Ihr folgen die vielen Zweitursachen im Bereich der Natur. So wie der religiöse Glaube die kritische Vernunft voraussetzt, so setzt die göttliche Gnade immer die menschliche Natur voraus. Alles Seiende, das ist und das der Mensch hervorbringt, wird vom göttlichen Sein umfasst, welches alle unsere menschlichen Kategorien und Ordnungen übersteigt. Es verleiht jedem Seienden die Form. Die Voraussetzung für die Formung ist die Möglichkeit (potentia) der Materie.

Die erste Materie (materia prima) wird als reine Möglichkeit verstanden. Es sind die göttlichen Formkräfte, die das Materielle gestalten. Damit entstehen Dasein und Sosein. Das göttliche Sein ist das metaphysische Grundprinzip des Seienden und seine transzendente Bestimmung. Jeder Mensch ist ein Abbild des göttlichen Schöpfers, seine Seelenkraft (anima) formt seinen Körper. Die geistige Seelenkraft wird als substanzielle Formkraft des Menschen verstanden, sie prägt unser ganzes Leben.

Wie Aristoteles nimmt auch Thomas drei Grundkräfte der menschlichen Seele an: a) Unsere vegetative Seelenkraft (anima vegetativa) formt und bewegt unseren Körper mit allen seinen Teilen. b) Unsere sensitive Seelenkraft (anima sensitiva) lässt uns mit den Sinnen empfinden und Gefühle erleben. c) Unsere kognitive Seelenkraft (anima cognitiva) lässt uns vernünftig denken und die Wirklichkeit erkennen.

Das Denken ist unsere höchste Seelenkraft, durch sie erst bilden wir den göttlichen Schöpfer ab. Sie erweist sich als eine Form der ersten Materie. So ist die Seele mit ihren verschiedenen Grundkräften die einigende Mitte unseres Menschenlebens.

Immer formt die Seele den Körper, sie wird durch den Tod des Körpers nicht zerstört. Sie entwickelt sich in drei verschiedenen Stufen und ist nicht auf einmal fertig. Mit unserer höchsten Seelenkraft – der Vernunft – beginnen wir, unsere Welt und uns selbst zu erkennen. Jede Erkenntnis beginnt mit der sinnlichen Erfahrung. Dann abstrahieren wir von der einzelnen Erfahrung und bilden allgemeine Aussagen darüber. Schließlich denken wir über uns und unsere Erfahrungen kritisch nach, wir reflektieren über unser Erkennen.

Wir erkennen das Wahre. Die Wahrheit wird verstanden als die Übereinstimmung unseres Intellekts mit einer beobachteten Sache (adaequatio rei et intellectus). Dadurch erkennen wir das einzelne Seiende in seinem Sein und Wesen. Weil wir Menschen am einen Sein teilhaben, können wir fremdes Sein verstehen, folglich sind auch unsere Denkgesetze immer in den Gesetzen des Seins begründet. Wir erkennen das ewige Sein als Eines, als Wahres und als Gutes.

Das letzte Ziel des menschlichen Daseins ist die erlebte Glückseligkeit. Denn Gott ist das universale Gute, das wir anstreben. Mit unserer Vernunft erkennen wir die Gesetze des moralischen Handelns. Denn wir erkennen sowohl das natürliche Gesetz (lex naturalis) als auch das göttliche Gesetz (lex divina). Das erste hat immer am zweiten Anteil. Das moralisch Gute und Gesollte können wir als das verstehen, wonach alle Menschen streben. Mit unserer kritischen Vernunft und mit unserem Gewissen vermögen wir gemäß dem natürlichen und dem göttlichen Gesetz zu handeln.

Mit den Kräften unserer Vernunft können wir von der Erkenntnis der Welt zur Erkenntnis des göttlichen Schöpfers aufsteigen. Denn alles Seiende geht auf eine letzte Ursache zurück, diese können wir Gott nennen. Es gibt für uns fünf Wege (quinque viae), auf denen wir die höchste Gottheit erkennen können. Gott aber ist reines Sein und reiner Geist, er hat alle seine Möglichkeiten verwirklicht (actus purus). Folglich gibt es in der Gottheit keine Entwicklungen mehr, sie ist außerhalb des Seienden. Das Wesen der Gottheit können wir Menschen nie verstehen, aber wir können mit Sicherheit erkennen, dass sie existiert.

Die Menschen sind das höchste Geschöpf Gottes, als seine Abbilder können wir ihn erkennen. Folglich sind wir der Mittelpunkt der Welt und des Kosmos, alle anderen Geschöpfe sind auf uns hingeordnet. Als Partner des Schöpfergottes sollen wir die Welt entfalten, lenken und beherrschen, denn alles in der Welt ist für uns Menschen da. Thomas schätzt die menschliche Natur sehr positiv ein, doch die Frauen wertet er fundamental ab. Er sieht in ihnen einen »Mangel der Natur« und ein »Einfallstor des Bösen« (Eva).

Dieser Denker hält an der autoritären Religion mit der Inquisition und der Verfolgung der sog. Ketzer fest. Gleichzeitig hat er naturwissenschaftliches Denken in der Schulphilosophie seiner Zeit möglich gemacht. Sein Denken prägt die europäische Kultur bis weit in die Neuzeit hinein.

Werke: Summa contra gentiles; Summa theologiae; Quaestiones disputatae; De essentia; Kommentare zu Aristoteles und zu Boethius.

Die wichtigsten Philosophen

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