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1 Die Formelsprache der Chemie – Symbole als Fenster zur molekularen Welt 1.1 Verbundene Elemente
ОглавлениеIm ersten Kapitel wollen wir der Frage nachgehen, was Höhlenzeichnungen aus der Altsteinzeit, die Entdeckung der räumlichen Perspektive während der Renaissance und die Formelsprache der Chemie gemeinsam haben.
Beim Betrachten der berühmten Malereien in den Höhlen des spanischen Ortes Valtorta sind wir fasziniert von der Realitätsnähe der dargestellten Bilder. Auch nach ca. 13.000 Jahren erkennen wir sofort Rehe, Hirsche und Menschen mit Pfeil und Bogen. Wir können uns sogar ohne viel Fantasie die Dramatik der dargestellten Jagdszenen vorstellen.
Höhlenmalerei in Valtorta (Spanien) (ca. 11.000 Jahre v. Chr.)
Relief mit ptolemäischem Hieroglyphentext am Tempel von Kom Ombo (Oberägypten) (ca. 304 bis 31 v. Chr.)
Wir würden sie heute in ähnlicher Weise malen, wenn wir keine anderen Aufzeichnungsgeräte, zum Beispiel einen Fotoapparat, zur Verfügung hätten. Fotos liefern sehr detaillierte Abbildungen, aber aufgrund der Unmenge an Details gehen beim flüchtigen Betrachten viele Informationen verloren. Aufgrund unterschiedlicher Vorkenntnisse und Vorlieben nehmen unterschiedliche Betrachter unterschiedliche Aspekte wahr.
Angenommen, die Künstler der letzten Eiszeit hätten schon eine Schriftsprache verwendet, so würde es uns heute schwerfallen, deren Intentionen und Aussagen zu verstehen. Es würde uns ergehen wie den Entdeckern der ägyptischen Hieroglyphen im Doppeltempel von Kom Ombo am östlichen Nilufer in Oberägypten. Dort sind menschenähnliche Wesen umgeben von rätselhaften Zeichen in den Stein eingraviert. Deren Deutung gelang erst nach Jahren mühseliger Entschlüsselungstätigkeit, und bis heute sind die wenigsten von uns in der Lage, diese Schriftzeichen zu lesen. Auch unsere modernen Schriftsprachen basieren auf Symbolen, die irgendwann einmal eine reale Bedeutung hatten, mittlerweile aber so abstrakt sind, dass wir ihre Interpretation erst mühsam in der Schule erlernen müssen.13
Die allerersten Symbolsprachen, mit denen unsere Vorfahren über die sie umgebende Welt hinausdrängten, sind hingegen viel anschaulicher. Auch Kinder zeichnen konsequent einfach, wenn sie beispielsweise einen Menschen darstellen wollen. Heraus kommen dabei die berühmten Strichmännchen, deren Bedeutung so eindeutig ist, dass sie als standardisierte Piktogramme überall auf der Welt auf Flughäfen oder Bahnhöfen Anwendung finden.
Eindeutig zu verstehen sind auch Verkehrszeichen auf unseren Straßen. Man muss nicht die Landessprache kennen, um sie deuten zu können. Nach diesem Prinzip funktioniert auch die Formelsprache der Chemie. Die chemischen Strukturformeln basieren auf Symbolen für die beteiligten Atomsorten und beschreiben deren Beziehungen zueinander.14 Die Beziehungen sind nicht willkürlich, sondern ergeben sich aus den Eigenschaften der Elemente. Strukturformeln korrespondieren auf diese Weise mit einem physikalisch determinierten Ordnungsrahmen. Die Atomsymbole repräsentieren Elemente, die mit den Abkürzungen ihrer lateinischen Namen wiedergegeben und im Periodensystem der chemischen Elemente (PSE) erfasst werden. Dabei stehen, um die wichtigsten zu nennen, C (carboneum) für Kohlenstoff, H (hydrogenium) für Wasserstoff, O (oxygenium) für Sauerstoff und N (nitrogenium) für Stickstoff. Die chemische Symbolsprache auf der Basis von Formeln kann jeder, der sich ein wenig in der Chemie auskennt, interpretieren. Der Begriff des Symbols steht mit dem altgriechischen Wort συμβάλλειν symbállein für „zusammenbringen“ und „vergleichen“ in Zusammenhang. Damit wird die Forderung deutlich, dass den chemischen Symbolen ein physikalischer Realitätsgehalt zukommen muss. Tatsächlich geben die chemischen Formeln in diesem Buch die Bindungsverhältnisse und die räumliche Anordnung der Atome in Molekülen mit ungefähr 108-facher Vergrößerung wieder.
Hin und wieder werden in der Chemie auch Molekülmodelle mit Stäbchen und Kugeln verwendet. Diese ergänzen die chemischen Formeln auf sehr praktische Weise, indem sie die relativen Größen von Atomen und deren räumlicher Beziehungen zueinander noch fassbarer abbilden. Dadurch werden geometrische Relationen sichtbar und ein dreidimensionales Abbild der molekularen Struktur entsteht. Im Begriff der chemischen „Ver-Bindung“ wird das strukturbildende Prinzip deutlich hervorgehoben; es wird ersichtlich, dass Teilchen, hier Atome, miteinander verbunden worden sind.*
Selbstverständlich kann man einer chemischen Verbindung auch einen Namen geben, aber oftmals sind diese Bezeichnungen ungenau oder sogar falsch. Und wenn sie exakt sind, dann sind sie so kompliziert, dass sie sich kein Mensch merken kann. Chemiker aus der ganzen Welt können sich mittels der Formelsprache auf Tagungen austauschen, wobei es völlig belanglos ist, ob die Konferenz in Tokio, Peking, Bagdad, São Paulo oder Berlin stattfindet und ob das Englisch der Beteiligten glänzend oder nur rudimentär ist.
Das ist aber noch nicht alles, was die chemische Formelsprache so attraktiv und vielseitig macht: Ebenso wie ein Strichmännchen die wichtigsten Merkmale eines realen Menschen mit Kopf, Armen, Rumpf und Beinen wiedergibt, so geben chemische Formeln Auskunft über Art und Anzahl der beteiligten Atome und ihre Bindungsverhältnisse zueinander. Die Realitätsnähe dieser Formeln können wir durch die Kristallstrukturanalyse überprüfen, bei der mittels einer physikalischen Methode, der Röntgenbeugung, Lage und Abstände der einzelnen Atome zueinander exakt ermittelt werden.
Aus den chemischen Formeln kann man zahlreiche chemische Eigenschaften der betreffenden Verbindung ableiten. Man muss diese Formeln nur interpretieren können. Der Eingeweihte kann dann, ohne ein einziges chemisches Experiment im Labor zu machen, etwa vorhersagen, ob die Verbindung in Wasser oder in Pflanzenöl löslich ist, wie es um deren saure oder basische Eigenschaften steht oder ob sie brennbar ist. Ein bloßer Name hat bei Weitem nicht diese Aussagekraft.*
Für eine erste Übungseinheit schauen wir uns D-Glucose, gemeinhin als Traubenzucker bekannt, an. D-Glucose bildet zusammen mit D-Fructose unseren Haushaltszucker, der auch als Saccharose bezeichnet wird (altgriech. σάκχαρον sákcharon, „Zucker“). Beide gehören zu den Kohlenhydraten. Was verrät uns das? Um mit Goethes Faust zu sprechen: „Hier stock ich schon! Wer hilft mir weiter fort?“15 – dem realen molekularen Aufbau der Glucose kommen wir so nicht näher. Nimmt man das Kohlenhydrat beim Wort, müsste es eine wässrige Lösung von Kohle bezeichnen, was es aber nicht ist.** Hydrat ist nämlich nichts anderes als die altgriechische Übersetzung (ὕδωρ hýdōr) von Wasser. Auch das Wort „D-Glucose“ bringt uns nicht wirklich weiter. Aus dem Namen kann man gerade einmal ablesen, dass die damit bezeichnete chemische Verbindung süße Eigenschaften hat, vorausgesetzt man weiß, dass im Wortstamm die altgriechische Bezeichnung γλυκύς glykýs für „süß“ steckt. Diese Eigenschaft können wir zwar nicht ohne weitere Kenntnisse aus der chemischen Formel ableiten, obwohl es mittlerweile auch darüber schon Theorien gibt, welchen räumlichen Aufbau eine Verbindung haben muss, damit unsere Zunge sie als süß vermeldet.16 Aber wir können anhand der Formel sofort sagen, dass die Verbindung gut in Wasser löslich sein muss. Die H–O-Symbole (meist in der Formel zu „HO“ verkürzt), die sogenannten Hydroxygruppen, verweisen auf eine große Ähnlichkeit mit dem Wassermolekül, H–O–H (Summenformel: H2O). Nach dem in der Chemie geltenden Grundsatz: Similia similibus solvuntur (lat. „Ähnliches löst Ähnliches“) können wir folgerichtig davon ausgehen, dass sich D-Glucose in Wasser auflöst.***
Nun werden Sie sicher sofort einwenden: „Dazu brauche ich keine chemische Formel, das weiß ich aus eigener Erfahrung, wenn ich beispielsweise ein Stück Würfelzucker im Tee auflöse.“ Was die Erfahrung aber nicht hergibt, ist der Aufbau des Moleküls, also die Anordnung der Hydroxygruppen an einer langen Kette, die nachzählbar in der Glucose aus sechs Kohlenstoffatomen besteht. Die Kohlenstoffatome bauen das Rückgrat dieser Verbindung auf, indem sie über chemische Bindungen fest miteinander verknüpft sind. Wir können weiterhin erkennen, dass von den sechs Kohlenstoffen fünf mit jeweils einer Hydroxygruppe verbunden sind.
Oftmals wird die Glucose auch mit ihrer Summenformel C6H12O6 beschrieben. Diese verkürzte Darstellung ist zweifelsohne einfacher zu merken, verschweigt uns jedoch wichtige Informationen: In der Strukturformel der D-Glucose zeigt nur eine einzige Hydroxygruppe nach links, die restlichen sind auf der rechten Seite. Offensichtlich könnte es auch anders sein. Und damit haben wir schon ein wichtiges Differenzierungsmerkmal kennengelernt, wie sich D-Glucose von allen anderen wasserlöslichen Zuckern mit sechs Kohlenstoffatomen, etwa der D-Allose, unterscheidet.17
D-Allose ist ein Zucker, bei dem in der Strukturformel alle Hydroxygruppen auf der gleichen, hier rechten Seite stehen. Aus dieser Anordnung leitet sich auch der Name Allose ab. Dieser Zucker ist sehr selten und wurde bisher nur im afrikanischen Zuckerbusch (Protea rubropilosa) und in der Frischwasseralge Ochromas malhamensis nachgewiesen. Die im Schulunterricht oftmals zitierte „Feuerwehr“-Merkregel für die Anordnung der Hydroxygruppen „ta-tü-ta-ta“ in der D-Glucose muss also etwas zu bedeuten haben. Es scheint so, als ob Pflanzen gar keine andere Wahl haben, als während der Fotosynthese mithilfe des Sonnenlichtes D-Glucose herzustellen. D-Allose mit keiner aus der Reihe tanzenden Hydroxygruppe ist irgendwie keine echte Alternative zur Glucose und nur ein Thema für Spezialisten im Pflanzenreich. Ich werde später noch genauer auf die Ursachen hierfür eingehen. Unser Fazit an dieser Stelle lautet: Das für eine gesunde Ernährung so immens wichtige „Zuckerproblem“ ist konkret gesagt ein Glucoseproblem und kein Alloseproblem.
Wir sind bei eingehender Betrachtung der chemischen Formel sogar bei etwas Übung in der Lage vorauszusagen, wie viel Energie man aus Zucker gewinnen kann. Wie man das macht, werde ich in einem der nächsten Kapitel erzählen. Übrigens befindet sich an der Spitze der Formel der Glucose ein C=O-Symbol. Das ähnelt schon ein wenig der Zusammensetzung O=C=O, also CO2, chemischer Name Kohlendioxid (oft auch als Kohlenstoffdioxid bezeichnet), und Sie können sich jetzt schon merken, dass der Weg von dieser H–C=O-Gruppierung bis zum Kohlendioxid nur noch weniger Schritte bedarf.
Im Unterschied zur Glucose sehen wir der chemischen Formel des Capsaicins auf den ersten Blick an, dass die zugehörige Verbindung mit großer Sicherheit nicht wasserlöslich ist. Capsaicin ist der scharf machende Inhaltsstoff aller Paprikasorten. Die Formel ähnelt mehr der in der Abbildung darunter stehenden Formel eines Fettes. Deshalb kann man den brennenden Geschmack von Chilischoten auf der Zunge nicht mit Wasser oder Bier bekämpfen. Fetthaltige Milch oder Joghurt sind hingegen besser geeignet, um den Mund wieder auf Normaltemperatur herunterzukühlen.
Ein ähnliches Löslichkeitsverhalten wie Capsaicin zeigt β-Carotin. Die Verbindung gibt Karotten die typische orangegelbe Färbung und ist die Vorstufe des lebenswichtigen Vitamin A. Die lange Kette im β-Carotin mit den zahlreichen C=C-Doppelbindungen sollte sich hervorragend mit denen des Fettes arrangieren. Tatsächlich lässt sich der wertvolle Inhaltsstoff sehr gut mit Butter oder Pflanzenölen aus Mohrrüben extrahieren.
Chemische Formeln erinnern somit stark an die Aussagekraft von Schriften, von denen der Karlsruher Philosoph Peter Sloterdijk behauptet, dass „wer Schriften lesen kann, […] das Vermögen [trainiert], aus der Fülle des Unähnlichen Ähnlichkeiten herauszulesen“.18 Ein kleiner Gesundheitstipp aus der Sicht des Chemikers, der vielen Rohkostverfechtern möglicherweise nicht schmecken wird: Isst man Mohrrüben roh und nur grob zerkleinert, werden höchstens 3 % β-Carotin aufgenommen.19 Zerkleinert (passiert) man hingegen die Möhren und bereitet sie mit heißem Fett zu, profitiert der Körper mit bis zu 48 %.
Nun fällt unser Blick auf die chemische Formel des bereits in der Einleitung erwähnten Vitamins C. Die Verbindung enthält vier Hydroxygruppen, daher ist sie auch gut wasserlöslich.
Die Bezeichnung Vitamin stammt von dem polnischen Chemiker Casimir Funk, der ihn 1912 prägte. Er hatte sich vor allem mit der Mangelerkrankung Beri-Beri beschäftigt, einer Krankheit, die Menschen und Hühner befällt, die sich vorwiegend von geschältem Reis ernähren. Er konnte die fehlende Verbindung, das Thiamin, aus abgetrennten Reishüllen isolieren. Tatsächlich handelt es dabei um ein richtiges Amin.* Dieser Begriff verbreitete sich von da an auch auf andere lebenswichtige Stoffe, ohne dass diese ebenfalls zu den Aminen gehören. Womit wir wieder beim Vitamin C sind. Schaut man sich die chemische Formel an, fällt sofort auf, dass es nicht ein einziges Stickstoffatom, charakterisiert durch das Atomsymbol N, enthält. Das wäre die Mindestvoraussetzung, um die Geschichte mit dem Amin weiter zu verfolgen. Offenbar führt uns der Name völlig in die Irre und wir könnten die Verbindung auch wPdidZv nennen, also eine Abkürzung für „weißes Pulver, das in der Zitrone vorkommt“.
Dieses Dilemma ist auch vielen Chemikern im letzten Jahrhundert aufgefallen. Damit war die Namensgebung mittels Trivialnamen an ihr Ende gekommen. Trivial (lat. trivialis, „gewöhnlich“) ist an dieser Stelle nicht abwertend gemeint, sondern soll auf die Umstände der Namensgebung hinweisen. Heutzutage bekommen nur noch jene Verbindungen Trivialnamen, die Naturstoffchemiker zum ersten Mal aus biogenen Quellen isolieren. Hin und wieder verewigt sich auch ein Chemiker mit seinem Namen in einem von ihm entwickelten Reagenz oder einer neuen Reaktion. Mehr steckt nicht dahinter.
Die meisten Trivialnamen, die bis in die Gegenwart in Gebrauch sind, wurden von Pflanzen oder Tieren abgeleitet, in denen die zugehörigen chemischen Verbindungen zum ersten Mal aufgefunden wurden. So verweist die Salicylsäure, deren Kurzform auch im Suffix (lat. „Nachsilbe“) der Kopfschmerztablette Acesal® auftaucht, auf die lateinische Bezeichnung der Silberweide (Salix alba). Linol- und Linolensäure gehören zu jenen als besonders gesund gepriesenen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die zuerst in der Leinpflanze (hochdeutsch: „Linnen“) nachgewiesen wurden. Ihre Namen leiten sich vom lateinischen linum für Lein (Flachs) und oleum für Öl ab. Auch viele Produkte spezieller Organe oder Zellbestandteile verraten mit dem Namen ihre Herkunft. Nucleinsäuren kommen erkennbar im Zellkern (lat. nucleus) vor. Das Stresshormon Adrenalin (lat. ad, „an“, und ren, „Niere“) wird im Nebennierenmark gebildet und von dort ins Blut ausgeschüttet.
Der Fantasie bei der Namensgebung war in den fröhlich anarchistischen Zeiten der Alchemisten und ersten Chemikergenerationen keine Grenzen gesetzt. Um zumindest den chemischen Substanzcharakter zu kennzeichnen, wurden die Herkunftsbezeichnungen mit den Endungen „in“ oder „ol“, in seltenen Fällen auch mit „il“, versehen. Ein typisches Beispiel ist das Coffein. Es wurde zuerst in Coffea arabica, dem Kaffeestrauch, nachgewiesen, kommt aber nicht nur im Kaffee, sondern auch in grünem und schwarzem Tee vor. Toluol (auch Toluen genannt), ein Lösungsmittel, das heutzutage in großen Mengen aus Erdöl herausdestilliert wird, wurde im Tolubalsam (Balsamum tolutanum) des Balsambaumes (Myroxylon balsamum var. balsamum) entdeckt. Wie bereits erwähnt, verleiht Carotin den Karotten (Daucus carota) die typische orange-gelbe Farbe. Auch Entdecker oder besondere Stoffeigenschaften wurden in den Trivialnamen verewigt. Namensgeber für das Nicotin war ein französischer Diplomat am portugiesischen Hof, Jean Nicot de Villemain, der die Tabakpflanze im späten 16. Jahrhundert nach Frankreich brachte. Für das Chinin stand die schöne Gattin des Vizekönigs in Lima und Peru, Gräfin von Chinchón Pate, die der Legende nach im 17. Jahrhundert mittels Chinarinde (Cinchona) ihre Malariaanfälle kurierte. In der darauffolgenden Zeit gehörte Chininpulver bei vielen Reiseschriftstellern – besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang der Tropenreisende Jack London – zur Grundausrüstung in die Reiseapotheke.20 Heutzutage ist Chinin nur noch in einer Limonade der Firma Schweppes und einiger anderer Brausehersteller zu finden.
Heroin erhielt 1896 seinen Namen bei der auch heute noch sehr bekannten Pharmafirma Bayer aufgrund der heroischen Eigenschaften, die es denjenigen verlieh, die es einnahmen. Es ist ein Umwandlungsprodukt des Morphins, das seinen Namen dem griechischen Gott der Träume (Morpheus) verdankt. Cholesterol (altgriech. χολή cholé, „Galle“, und στερεός stereós, „fest“) wurde im späten Mittelalter fälschlicherweise als Auslöser von cholerischen Anfällen angesehen. Pyrrol färbt einen mit Salzsäure befeuchteten Fichtenspan „feuer“-rot (altgriech. πῦρ pýr).
Durch die emsige Tätigkeit organischer Chemiker, die Ende des 19. Jahrhunderts begannen, die Grundstrukturen dieser Naturstoffe synthesechemisch abzuwandeln, wurde immer deutlicher, dass die Trivialnomenklatur nur begrenzt ausbaubar und anschlussfähig ist.
Zunächst gelang es noch, Änderungen der chemischen Struktur in die Trivialnamen in Form von vor- oder nachgestellten Bezeichnungen (Präfixe und Suffixe) zu integrieren. Ein Beispiel ist die Acetylsalicylsäure, die durch eine chemische Reaktion namens Acetylierung aus der Salicylsäure hergestellt wird. Die Anwendung des Naturstoffes Salicylsäure als schmerzstillendes und fiebersenkendes Mittel führt in vielen Fällen zu akuten Problemen im Magen-Darm-Trakt. Durch die synthesechemische Modifikation werden diese Nebenwirkungen gemindert. In Form der Acetylsalicylsäure hat es die Substanz in fast jede Hausapotheke als das bereits oben erwähnte Acesal®, auch als Aspirin® bekannt, geschafft.
Die synthesechemische Modifikation kann auch am Ende des Namens hervorgehoben werden wie im Ameisensäureethylester, der aus der Ameisensäure hergestellt werden kann und der den typischen Geruch von Arrak oder Rum aufweist.
Dieses Prinzip der Namensgebung ist vergleichbar mit der biologischen Taxonomie von Pflanzen und Tieren, bei der dem Gattungsnamen die Zugehörigkeit zur Spezies einfach angehängt wird.* Damit holte die Chemie das nach, was Carl von Linné mit seiner Systema naturae für die Pflanzen- und Tierwelt schon Mitte des 18. Jahrhunderts vorschlug: eine einheitliche und ausbaufähige Benennung. Diese zeitliche Verzögerung in der Chemie scheint entschuldbar angesichts der für das menschliche Auge nicht sichtbaren Atome und Moleküle. Erst die modernen Analysemethoden des 20. Jahrhunderts erlaubten den Blick in diese spannende und folgenreiche Mikrowelt.
Zunehmend wurden von der Synthesechemie auch völlig neue Strukturen ohne Vorbild in der belebten Natur hergestellt, die ebenfalls eine unverwechselbare Bezeichnung erhalten mussten. Gleichzeitig kollidierten einige alte Namen mit neuen Bezeichnungen, die für Klassifikationen von chemischen Verbindungen vorgesehen waren. Ein typisches Beispiel ist Glycerin, das nicht nur ein wesentlicher Bestandteil aller pflanzlichen und tierischen Fette, sondern auch der meisten Hautcremes ist. Die Endung „in“ verweist nach neuer Lesart auf die Zugehörigkeit zur Verbindungsklasse der Alkine. Diese funktionelle Gruppe, charakterisiert durch eine Dreifachbindung zwischen benachbarten Kohlenstoffatomen, kommt fatalerweise überhaupt nicht in dieser Verbindung vor. Stattdessen finden wir nur die schon erwähnten Hydroxygruppen, die auf die Klasse der Alkohole verweisen. Deswegen sollte die Verbindung besser mit dem Trivialnamen Glycerol bezeichnet werden.**
Vergleichbares gilt für das Cholesterin. Auch diese Verbindung, die im Rahmen einer gesunden Ernährung über die Chemie hinaus breiteste Beachtung erlangt hat, gehört zur Gruppe der Alkohole, und der Name Cholesterol ist passender. Das Benzol, das aus Erdöl isoliert werden kann, besitzt wiederum überhaupt keine einzige Hydroxygruppe. Deshalb ist die Bezeichnung Benzen, die einstmals auch die Überleitung zum Auto-„Benzin“ semantisch herstellte, realitätsbezogener, da die Endung „en“ auf C=C-Doppelbindungen hinweist.
Um mit diesen Unstimmigkeiten aufzuräumen, nahm sich die Dachorganisation der Chemiker weltweit, IUPAC (International Union for Pure and Applied Chemistry, gegründet 1919), der Herkulesaufgabe an, eine breit anwendbare und stimmige Nomenklatur zu kreieren. Darin spielen Herkunft oder Eigenschaften einer Verbindung keine Rolle mehr, was wie bei allen Ordnungssystemen leider auf Kosten der Poesie geht.
In der neuen Taxonomie werden chemische Verbindungen in Grundstrukturen aufgeteilt, die in der organischen Chemie auf dem Kohlenstoffrückgrat basieren. Modifikationen an diesem Gerüst werden separat und damit eindeutig benannt. Das IUPAC-System ist mittlerweile mit so vielen Daten gefüttert und logisch strukturiert, dass einschlägige Computerprogramme den Namen einer jeden chemischen Formel – und sei er noch so lang – innerhalb von Sekundenbruchteilen ausspucken können (im Kapitel 5 findet sich ein besonders eindrucksvolles Beispiel mit dem Palytoxin). Diese Programme weisen sogar auf Fehler hin, was den Chemiker veranlasst, noch einmal über seine chemische Formel nachzudenken. Die IUPAC-Namen sind meist nicht einfach zu lesen, aber sie sind mit kleineren Abweichungen in den einzelnen Landessprachen weltweit einheitlich. Wir finden sie neben vielen Trivialnamen hin und wieder auf Inhaltsangaben von Medikamenten, Wasch- und Reinigungsmitteln. Kleiner Nebeneffekt: Da auch in der modernen Chemie Englisch zur lingua franca geworden ist, werden auch alte Trivialnamen leicht modifiziert. Aus dem Äther wurde der Ether, Äthanol schreibt man heute auch im Deutschen Ethanol. Wo früher K war, ist nun C, zum Beispiel Coffein (früher Koffein), Calcium (früher Kalzium) oder Glucose (früher Glukose). Auch das deutsche Z in der Zitronensäure mutierte zum C. Die anglisierte Schreibweise der Citronensäure hat gleich noch den biochemischen Mechanismus „infiziert“, an dessen Beginn sie steht, den Citronensäurecyclus (früher Zitronensäurezyklus), der mittlerweile oft auch in der deutschsprachigen Fachliteratur mit drei „c“ geschrieben wird. An diesen Vorgaben habe ich mich in diesem Buch orientiert.
Selbstverständlich können wir mit der IUPAC-Nomenklatur auch sämtliche chemischen Bestandteile des Menschen oder die seiner Nahrung ordnungsgemäß benennen. Die Anwendung auf D-Glucose führt zu dem Namen (2R,3S,4R,5R)-2,3,4,5,6-Pentahydroxyhexanal. Den kann auch ein Chemiker nur im nüchternen Zustand aussprechen.
Der IUPAC-Name ist aber eindeutig und unser automatisches Zeichenprogramm generiert daraus die zugehörige Strukturformel. Da auch modernen Chemikern nur wenig Zeit zur Verfügung steht, haben sie im Verlauf der letzten 50 Jahre in der Formel zunächst die Kohlenstoffatome und zuletzt auch noch jene Wasserstoffatome, die mit Kohlenstoffatomen verbunden sind, weggelassen. Trotzdem ist weiterhin festgelegt, dass Glucose aus sechs Kohlenstoffatomen besteht und dass dort, wo die Kohlenstoffatome keine Bindungen – das sind in der Formel die Striche zwischen den Atomsymbolen – zu einem Sauerstoffatom oder einem anderen Kohlenstoffatom aufweisen, Wasserstoffatome hingehören. Die abgespeckte Form unserer chemischen Formel lässt sich nun noch besser mit dem bereits oben erwähnten Strichmännchen vergleichen. Alles Wichtige ist vorhanden. Nimmt man einige wenige Zusatzinformationen aus dem Periodensystem der Elemente (PSE) hinzu, wird aus einem Cartoon eine Quelle mannigfaltiger Informationen. Dabei ist zu bedenken, dass eine chemische Formel immer singuläre Strukturen beschreibt – im Gegensatz zur mathematischen Formel, sozusagen ihrer sehr entfernten „Großtante“, die maximale Abstraktion anstrebt. Die Warnung des Philosophen Friedrich Wilhelm Hegel, „Abstraktionen in der Wirklichkeit geltend machen, heißt Wirklichkeit zerstören“21, kann eine chemische Formel gelassen an sich abperlen lassen. Sie ist der Realität schon sehr nahe.
Noch komplizierter wird es, wenn wir die IUPAC-Nomenklatur auf Vitamin C anwenden. Nach ihr lautet der exakte Name für Vitamin C (R)-5-((S)-1,2-Dihydroxyethyl)-3,4-dihydroxyfuran-2(5H)-on. Den werden Sie wahrscheinlich noch nie gehört haben.22 Wir vergessen ihn auch schnell wieder, erinnern uns aber an ein Zitat, das dem chinesischen Philosophen Konfuzius, der vor ungefähr 2500 Jahren lebte, zugesprochen wird: „Wenn die Begriffe sich verwirren, ist die Welt in Unordnung.“23 Oder um es noch drastischer mit dem französischen Schriftsteller Albert Camus zu sagen: „Wer die Dinge beim falschen Namen nennt, trägt zum Unglück in der Welt bei.“24 Um dem vorzubeugen, haben wir unsere chemischen Formeln. Diese sind unbestechlich und egalitär. Sie lassen sich auch durch eine unterschiedliche Herkunft der betrachteten Verbindung nicht beeinflussen.
Wir wollen diesen Sachverhalt am Vitamin C genauer betrachten. Um nicht die oben angerichtete Verwirrung zu vergrößern, behalten wir die irreführende Bezeichnung Vitamin C bei (nach dem Wahlspruch vieler Verwaltungssysteme: Wenn schon falsch, dann einheitlich falsch). Wir wissen aber um das damit assoziierte Problem. Nachstehend finden Sie die Formel von Vitamin C aus verschiedener Provenienz, einschließlich der von vielen Zeitgenossen als minderwertig angesehenen synthesechemischen Abkunft. Nehmen wir an, die Formel A beschreibt Vitamin C aus Äpfeln und Formel B soll das Produkt aus Zitronen sein. Verbindung C soll von einer Chemiefirma hergestellt worden sein.
Diese Zuordnung ist, wie Sie nach einem Vergleich der drei (identischen) Formeln zugeben müssen, vollkommen willkürlich. Sie könnte auch anders sein und das vermeintlich natürlich entstandene Vitamin C könnte gleichermaßen durch die Struktur C repräsentiert werden. Die identischen Formeln beweisen, dass es sich um die gleiche chemische Verbindung handelt. Der häufig vorgebrachte Einwand, dass Vitamin C aus Früchten gesünder sei als das aus der Manufaktur, können wir als Menschen mit chemischer Bildung nicht gelten lassen. Frei nach der Schriftstellerin Gertrude Stein müssen wir konstatieren: „Vitamin C ist Vitamin C ist Vitamin C.“25 Wenn es (in seiner nicht synthetischen Form) mit Verbindungen vergesellschaftet ist, die (zum Beispiel) in Zitronen oder Äpfeln vorkommen, dann ist es kein reines Vitamin C mehr, sondern „verunreinigt“ mit diesen Verbindungen, unabhängig davon, ob Letztere gesund sind oder nicht. Die gesundheitsfördernde Wirksamkeit der Vitamin C-„Satelliten“ im Obst müsste zunächst separat und dann in Kombination mit Vitamin C nachgewiesen werden. Leider wird bei solcherart Beweisen die Kraft der rationalen Argumente immer stärker verdünnt und wir verlieren irgendwann einmal den naturwissenschaftlichen Boden unter den Füßen. Wer auf die „reine Kraft“ von Vitamin C schwört, ist mit dem amtlich geprüften und damit hochreinen Syntheseprodukt in Pillen- oder Pulverform aus der Drogerie am besten bedient.*
Chemische Formeln beschreiben nicht nur reale Sachverhalte, sondern disziplinieren das Denken und setzen Schlusspunkte in ausufernden Disputen. Gleichzeitig geben sie Orientierungshilfen. Der Soziologe Niklas Luhmann hat derlei mentalen Entlastungsoperationen, zu denen unbedingt auch die chemische Formelsprache gezählt werden sollte, auf die prägnante Kurzform „Reduktion von Komplexität“ gebracht.26
Eine chemische Formel ist nicht wie die menschliche Erinnerung Veränderungen auf der Zeitachse unterworfen, sondern sie verrät uns auch historische Zusammenhänge, auf die niemand sonst kommen würde. Nachstehend ist zweimal die Formel von Adenosinmonophosphat (AMP) abgebildet.
Das linke AMP soll aus einer Viren-RNA (RNA ist die Abkürzung für engl. ribonucleic acid, deutsch „Ribonucleinsäure“) stammen. Die zugehörige chemische Substanz könnte somit theoretisch schon mehrere Milliarden Jahre alt sein. Das war der Zeitpunkt, als die ersten Viren und Phagen als Pioniere des Lebens begannen, die Erde zu bevölkern. Ihre RNA enthielt damals wie auch heute noch das gleiche AMP. Die zweite Formel soll AMP charakterisieren, das aus der Reaktion mit Adenosintriphosphat (ATP) stammt. Letztere ist die Verbindung, aus der Sie und ich, aber auch eine Kuh auf der Weide, die Energie zum Leben beziehen. Ich komme später in aller Ausführlichkeit darauf zurück. Da beide Formeln identisch sind, müssen die beiden zugehörigen Verbindungen auch gleich sein. Wir tragen somit einen großen Teil Evolutionsgeschichte mit uns herum. Bemerkenswerterweise braucht man für die Erkennung dieser Gemeinsamkeiten keine Fantasie und keine langen, nur in Ausnahmefällen kompletten Abstammungsreihen, wie sie die Evolutionsbiologie für den Beweis von verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen und innerhalb der Organismen sucht.27
Tatsächlich machen sich Evolutionsbiologen die chemische Integrität über einen großen Zeitraum zunutze, wenn sie das Alter und die Verwandtschaft von Fossilien mittels eines genetischen Tests bestimmen wollen. Der nachfolgende, wahllos ausgeschnittene Abschnitt aus einer Desoxyribonucleinsäure (DNA) ist dafür ein Beispiel.
Der Abschnitt könnte aus der DNA eines Mammuts stammen.* Das Aufbauprinzip und die beteiligten Bausteine sind identisch zur DNA eines Elefanten oder zu der einer Mücke. Nur die Reihenfolge der molekularen Bausteine ist verschieden. Mit diesen Vergleichen können wir chemische und biologische Verwandtschaftsverhältnisse feststellen. Auch Kriminologen sind in der Lage, anhand von übereinstimmenden Mustern in der DNA Täter zu überführen, und Juristen können Kinder anonymen Vätern zuordnen.
Erst kürzlich machten Wissenschaftler aus Göttingen eine aufsehenerregende Entdeckung. Bei der Untersuchung einer fossilen Rotalge aus dem erdgeschichtlichen Jura (vor ca. 200–145 Millionen Jahren) isolierten sie einen ungewöhnlichen rosaroten Farbstoff.28 Die Strukturaufklärung erwies, dass es sich um eine äußerst seltene Borverbindung handelte. Gleichzeitig wurde die völlig unerwartete Ähnlichkeit zur Struktur eines Antibiotikums (Clostrubin A) sichtbar, das erst vor Kurzem entdeckt worden war. Irgendwie hat dieser Solitär am Rande der Galaxien biogener Verbindungen die Zeit überdauert. Die chemische Formel brachte es an den Tag.
Es gibt keine anderen Symbole auf der Erde, die wie chemische Formeln einen so gleichbleibenden Informationsgehalt über eine fast unendliche Zeit konservieren und transportieren könnten.** Dagegen erscheinen die ältesten Zeugnisse der menschlichen Schriftsprache wie die Gesetzesstele mit dem Codex des Hammurapi in Stein aus dem 18. Jahrhundert v. Chr. nur wie Blitzlichter aus der kurzen Evolution der menschlichen Kultur.
Offensichtlich ist die Chemie nicht nur eine Naturwissenschaft, sondern man kann sie ruhigen Gewissens auch zu den Geschichtswissenschaften zählen. Sie ermöglicht eine objektive Rückschau, die nicht den subjektiven Interpretationsversuchungen ihrer Protagonisten unterliegt und die in dieser Form in Zukunft noch an Bedeutung hinzugewinnen sollte.
Chemische Formeln verraten uns auch Ähnlichkeiten, die wir vielleicht schon immer ahnten, aber nie benennen konnten. Testosteron ist das wichtigste männliche Sexualhormon, verantwortlich für das Wachstum der Körperbehaarung und der Barthaare. Es besitzt eine anabole Wirkung, was bedeutet, dass der Muskelaufbau gefördert wird. Diese Eigenschaft wird verbotenerweise auch zu Dopingzwecken eingesetzt. „Entkernt“ man die Formel des Testosterons, lässt nur noch die äußere Hülle stehen und modifiziert das Ergebnis noch geringfügig, gelangen wir zum Muscon. Muscon ist mit einem Anteil von bis zu 2 % der wichtigste Duftstoff von Moschus, einem Sekret, das früher aus einer Drüse des männlichen Moschustieres gewonnen wurde. Der Geruchsstoff wird heutzutage synthesechemisch hergestellt, und – wen wundert es – spielt eine wichtige Rolle in der Zubereitung von maskulinen Parfümen, denen er, so eine Werbung, „einen warm-ledrigen, erotisierenden Duft verleiht. Sinnlichkeit und Verführung in einem!“29
Auch wenn die moderne Formelsprache scheinbar völlig die Poesie aus der Chemie vertrieben hat, erinnern viele gängige Ausdrücke an die lange und großartige Tradition dieser Naturwissenschaft. Insbesondere Klassifizierungen wie Alkohole,* Mercaptane (lat. mercurium captans, „Quecksilber fangend“) oder Bezeichnungen von Mischungen chemischer Verbindungen wie etwa Petroleum (eine Kombination aus altgriech. πέτρα pétra, „Fels“, und lat. oleum, „Öl“) haben sich erhalten und rufen die Erinnerung an Zeiten wach, als die Naturwissenschaften noch überschaubar waren und zur Bildung der ersten Chemikergenerationen Kenntnisse auf dem Gebiet der klassischen Philologie und Kunstgeschichte gehörten.30