Читать книгу Examens-Repetitorium Strafprozessrecht, eBook - Armin Engländer - Страница 11

I. Ziele des Strafverfahrens

Оглавление

1

Das materielle Strafrecht bestimmt, welche Verhaltensweisen als Straftat gelten und mit welchen Sanktionen sie geahndet werden sollen. Hingegen regelt das Strafprozessrecht, auf welche Weise das Vorliegen einer Straftat ermittelt und die Strafverfolgung durchgesetzt wird. Dabei dient das Strafverfahren drei grundlegenden Zielen:

- Wahrheit: Niemand soll zu Unrecht bestraft werden. Das Strafverfahren bezweckt die Feststellung des Sachverhaltes, wie er sich tatsächlich abgespielt hat, um auf dieser Grundlage eine materiell-rechtlich richtige Entscheidung treffen zu können.
- Rechtsstaatlichkeit: Niemand soll unverhältnismäßigen Eingriffen und einem Missbrauch staatlicher Machtmittel ausgesetzt werden. Das Strafverfahren bezweckt daher eine rechtsstaatliche Steuerung der Strafverfolgung.
- Rechtsfrieden: Das Strafverfahren soll schließlich durch eine abschließende verbindliche Entscheidung die Geltung der Rechtsordnung bekräftigen und dadurch Rechtsfrieden schaffen.

2

Freilich harmonieren diese Ziele nicht notwendig miteinander; sie können u.U. auch miteinander in Konflikt geraten.

Fall 1a: A ist angeklagt, seine Ehefrau getötet zu haben. Da die Leiche niemals gefunden wurde, kommt als einziges Beweismittel ein Zeugenbeweis durch den Polizisten P in Betracht, demgegenüber A nach Dunkelhaft und ständigem Stören im Schlaf ein – später widerrufenes – Geständnis abgelegt hatte.

Lösung: Hier besagt die Regelung des § 136a Abs. 1, Abs. 3 S. 2 StPO (verbotene Vernehmungsmethoden), dass das Geständnis des A nicht verwertet werden darf. Das Ziel der Wahrheitsfindung muss damit hinter das kollidierende Ziel eines rechtsstaatlichen Verfahrens zurücktreten. A wäre demzufolge freizusprechen.

Fall 1b: Jahre später brüstet sich der rechtskräftig freigesprochene A gegenüber seinem Freund F damit, seine Ehefrau getötet und die Leiche beseitigt zu haben, ohne dass ihm die Ermittlungsbehörden auf die Schliche gekommen seien.

Lösung: Hier ist nach § 362 Nr. 4 StPO ausnahmsweise eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu Ungunsten des A zulässig. Die Urteilsgrundlage gilt in einem solchen Fall als so erschüttert, dass das Ziel eines fortdauernden Rechtsfriedens durch eine rechtskräftige Entscheidung hinter dem Ziel der Wahrheitsfindung zurückstehen muss. A könnte so in einer neuen Hauptverhandlung wegen Totschlags oder Mordes verurteilt werden.

Examens-Repetitorium Strafprozessrecht, eBook

Подняться наверх