Читать книгу Irgendwann ist irgendwann zu spät - Armin Thalhofer - Страница 11
Jesús lädt zu Tisch
ОглавлениеHeiter wurde es durchaus, wir befanden uns nämlich auf dem Weg nach Montevideo in Uruguay, um Jesús zu besuchen. Nein, nicht den Langhaarigen aus der Bibel, der das Brot brach und es an die Bedürftigen verteilte, sondern den, der uns das beste »asado« zubereitete, das wir in ganz Südamerika bekommen sollten.
Doch ganz von vorne. Fünf Tage vorher besuchen wir an meinem 23. Geburtstag ein Café in Buenos Aires und trinken eine kalte »cerveza«. Als ich von der Toilette komme, sitzt mein Vater mit einem kleinen, sympathisch aussehenden Mann am Tisch, und es scheint, als wenn sich die zwei unterhalten. Als ich dazukomme, muss ich gleich als Dolmetscher herhalten, da der eine kein Spanisch, der andere kein Englisch spricht. Mit meinen damals noch rudimentären Spanischkenntnissen versuche ich dem guten Mann namens Jesús zu erklären, was wir in Argentinien machen und noch vorhaben, nämlich nach Süden, nach Ushuaia, zu fahren. Er durchkreuzt unsere nicht so strikten Routenpläne und lädt uns zu sich nach Montevideo, der Hauptstadt Uruguays, ein. Jesús war mit seiner Freundin für das Wochenende mit der Fähre über den Río de La Plata in die argentinische Hauptstadt gefahren, um shoppen zu gehen. Bei einer Inflationsrate von mehr als 50 Prozent scheint dies für Argentiniens Nachbarn lukrativ zu sein.
Zurück auf die Straße. Den Regen und die Überschwemmungen hatten wir hinter uns gelassen, und wir fuhren nun über die sanften, saftig grünen Hügel Uruguays. Die Stimmung war bombastisch, auch der erste Grenzübertritt funktionierte ziemlich problemlos. Am Nachmittag erreichten wir Montevideo und machten uns auf die Suche nach dem Haus unseres neuen Freundes.
Jesús wohnte sehr bescheiden in einem Häuschen inmitten der Millionenstadt. Sein Haus war nicht groß, jedoch sehr schön eingerichtet und besaß alles Wichtige, was man zum Leben in Südamerika braucht – inklusive separatem Grillgebäude. Das Grillhaus war nur etwas kleiner als das Wohnhaus und zeichnete sich durch einen circa 1,5 Meter breiten Indoor-Grill aus. Nun wusste ich auch, was genau er meinte, als er uns zum »asado« einlud, was in Südamerika für Grillen steht. In dem Moment fiel mir auch ein, einmal gelesen zu haben, dass das Ausschlagen einer solchen Einladung als äußerst unhöflich empfunden wird. Instinktiv also alles richtig gemacht.
Jesús bereitete uns das beste »asado« (Grillfleisch) zu, das wir auf der ganzen Reise essen würden.
Vor unserer Abfahrt stand eine Prise Schnupftaback für alle auf dem Programm.
Der Grill ist relativ simpel aufgebaut, besteht aus einem Mauerwerk, einem Abzug und einem Rost. Die Besonderheit liegt darin, dass ein echter Grillmeister nur mit Holz grillt, das unter den Rost geschoben wird, sobald es zu Kohle geworden ist. Den wahren Unterschied macht aber das Fleisch aus. Außer feinsten Stücken vom Rind kommt hier nichts auf den Grill. Jeder, der schon einmal in Südamerika Fleisch gegessen hat, kann bestätigen, dass dieses in einer anderen Liga spielt als hierzulande. Hauptsächlich dadurch, dass die Tiere unfassbar viel Platz haben, sich viel bewegen und Gras anstatt Kraftfutter fressen. Dadurch setzen die Tiere weniger Fett an, und das Fleisch wird unglaublich zart.
Zur Attraktion des Tages (zwei verrückte Motorradfahrer aus Deutschland) wurde direkt noch die halbe Familie von Jesús eingeladen. Nach mehr als genug von feinstem Fleisch und Getränken verabschiedete ich mich und brach mit Jesús Tochter Angustella und ihrem Freund Juan, die beide ziemlich gutes Englisch sprachen, in Richtung Stadt auf. Als wir zu späterer Stunde zurückkamen, saßen Jesús und Armin immer noch draußen, genossen ein Glas argentinischen Wein und unterhielten sich prächtig über Google Translate – der Technik sei Dank!
Am nächsten Morgen bescherten wir den Uruguayern noch eine Freude und erschienen zum Frühstück in unseren Lederhosen. Nicht mehr ganz so glücklich waren Jesús, Angustella und Juan dann, als ich (natürlich rein zufällig) meinen Schnupftabak in der Lederhose fand und sie in den Genuss dieses traditionellen Tabakerzeugnisses kamen.
Da wir auf direktem Weg nach Montevideo gefahren waren, hatten wir von Uruguay noch nicht viel gesehen und entschieden uns daher, noch ein paar Tage hierzubleiben. Die nächsten Tage sollten jedoch ganz schön turbulent werden.