Читать книгу Irgendwann ist irgendwann zu spät - Armin Thalhofer - Страница 9
Mein Vater im Zelt
ОглавлениеEin halbes Jahr zusammen mit meinem Vater. Sieben Tage die Woche. 24 Stunden am Tag. Ob das wohl gut ginge? Natürlich schossen mir solche Gedanken durch den Kopf, als wir die Reise zusammen planten. Ja sogar schon, als die Idee einer gemeinsamen Reise das erste Mal aufkam. Mein Plan war eigentlich, allein mit Rucksack und Zelt per Anhalter durch Südamerika zu reisen. Die Möglichkeit, so lange mit meinem Vater unterwegs zu sein und dabei sogar ganz abgelegene Orte selbst mit dem Motorrad zu erkunden, ließ mich meinen ursprünglichen Plan jedoch schnell verwerfen.
Irgendwie hatte ich es im Gefühl, dass es gut werden würde. Ich weiß nicht, woher diese Sicherheit kam, denn Papa und ich hatten uns früher schon des Öfteren mal in die Haare gekriegt. Meistens waren es Kleinigkeiten, zum Beispiel wenn ich wieder einmal mein Geschirr nicht in die Spülmaschine geräumt oder vergessen hatte, das Garagentor zu schließen.
Deshalb grübelte ich schon manchmal, wie es denn werden würde, wenn auf der Reise etwas nicht passt. Hinzu kam, dass ich mir meinen Vater, den ich fast nur als Anzug tragenden, oftmals gestressten Geschäftsmann kannte, beim besten Willen nicht irgendwo in der Wildnis, unter widrigen Bedingungen und im Zelt schlafend vorstellen konnte.
Doch genau das machte für mich den Reiz an der Sache aus. Ich war mir sicher, dass es da noch eine andere Seite an meinem Vater gab: nämlich den Armin, der als Jugendlicher auf dem Mofa durch sein Heimatdorf düste, mit dem Motorrad Marokko erkundete und bei Motorradtouren nach Island und ans Nordkap schon einige eisige Zeltnächte überstanden hatte. Diese Neugier, mit meinem Vater solch ein Abenteuer und damit auch ihn neu zu erleben, war für mich Grund genug, diese gemeinsame Reise anzutreten. Ich sollte nicht enttäuscht werden, denn vor uns lag eine unfassbar intensive und aufregende Zeit.