Читать книгу Irgendwann ist irgendwann zu spät - Armin Thalhofer - Страница 12

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Erste Pannen und gigantische Wasserfälle


Nach dem Abschied von Jesús machten wir uns entlang Uruguays Atlantikküste auf in Richtung brasilianischer Grenze, wo wir entscheiden wollten, ob wir den größeren Umweg über die Iguazú-Wasserfälle auf uns nehmen.

Nun war endlich die Zeit gekommen, das erste Mal das Zelt aufzuschlagen – ein Moment, auf den ich mich seit Ewigkeiten freute und den ich auch mit einer gewissen Spannung erwartete. Wir waren zwar in den vergangenen Jahren des Öfteren campen, jedoch mit großem Hymer-Wohnwagen inklusive angenehmer Matratzen und Lattenrost. Mein Vater, der Geschäftsmann, nun in einem kleinen Zweimann-Zelt? Seine früheren Zeltabenteuer kannte ich nur aus Erzählungen. Daher war ich trotz etlicher Nächte, die er die Monate zuvor in Afrika im Zelt verbracht hatte, irgendwie noch skeptisch.


Innerhalb eines Tages erwischte es uns beide mit einem platten Reifen. Da unser Kompressor am Tag zuvor den Geist aufgegeben hatte, gestaltete sich diese Reparatur etwas langwieriger.

Wir bogen von der Hauptstraße ab und fuhren einige hundert Meter bis zum Ende einer Schotterpiste. Das Schild, das signalisierte, dass Motorräder am Strand verboten sind, übersahen wir in der herannahenden Dämmerung leider und standen alsbald mit unseren Maschinen am Sandstrand vor den Wellen des Atlantiks. Zwischen ein paar Büschen schlugen wir halbwegs windgeschützt unser Zelt auf, stellten die Campingstühle in den Sand und öffneten ein kühles Bier – ein Ritual, das sich die Reise über manifestieren sollte.

Etwas überrascht war ich schon von der Gelassenheit, die mein Vater an den Tag legte – Wind und Zickereien unseres Campingkochers zum Trotz.

Am folgenden Tag entschieden wir uns, den »kleinen« Umweg von gut 3000 Kilometer in Kauf zu nehmen und über die Iguazú-Wasserfälle nach Ushuaia zu fahren – nicht gerade der direkte Weg. Brasilien empfing uns mit Regen und öden Straßen entlang der Küste. Nach zwei Tagen war es dann Zeit, dem Meer den Rücken zu kehren.

Der Blick auf das Navi versprach Gutes. Schlängelte sich die Route doch in unzähligen Kurven die Hügel ins Landesinnere hinauf. Fahrspaß pur auf perfekt geteerten Straßen. Als wir mit gut 110 km/h die sanften Kurven der Rota do Sol nahmen, merkte ich auf einmal, dass mit meinem Motorrad etwas nicht stimmte. Dann ging alles ganz schnell. Mein Lenker begann zu schlingern, und die ganze Fuhre zog nach links. Ich versuchte noch gegenzusteuern und zu bremsen, doch so sehr ich auch nach rechts lenken wollte, mein Motorrad fuhr schlingernd auf die Gegenfahrbahn. Nach einigen Metern rutschte mein Vorderrad vollends weg, und ich legte das Motorrad und mich auf die Seite. Ich schlitterte meiner BMW hinterher und war schon erleichtert, dass es keinen Gegenverkehr gab und mein Motorrad auf der Straße blieb und nicht in den Graben rutschte.

Kurz bevor es zum Stillstand kam, griffen die Reifen, es stellte sich auf und kippte mit voller Wucht auf die andere Seite. Ich stand schnell auf, mir fehlte gottseidank nichts, außer dass meine Hose nun ein Lüftungsloch an der rechten Hüfte hatte. Als ich zum Motorrad kam und es aufhob, war gleich klar, was der Grund für meinen Sturz war: ein platter Vorderreifen.


Blick in den »Teufelsschlund«, die Garganta del Diablo der Iguazú-Wasserfälle, die aus rund 80 Metern Höhe talwärts stürzen.

Zu meinem Erstaunen fuhren die ersten drei Autos an mir vorbei, während ich noch damit beschäftigt war, das Motorrad aufzuheben. Erst ein entgegenkommender Wagen mit Straßenarbeitern hielt an und half mir, das Motorrad in eine Parkbucht zu schieben. Dort angekommen, sammelte ich mich, checkte mein Fahrzeug und wartete auf meinen Vater. Als er endlich eintraf, begannen wir das Vorderrad auszubauen, um schnell den Schlauch zu wechseln. Es war kurz nach 15 Uhr. Also Reifen runter, Ersatzschlauch rein, Reifen wieder drauf. Kompressor anschließen und warten. Warten und noch länger warten. Der Reifen baute einfach keinen Druck auf. Das ganze Spiel also nochmal: Reifen runter, Schlauch anschauen und siehe da, offensichtlich hatten wir den Schlauch eingeklemmt und direkt wieder ein Loch reingemacht. Ärgerlich, aber wir hatten ja auch Flicken dabei, reparierten den Schlauch, zogen vorsichtig den Reifen darauf und schlossen den Kompressor an. Nun kam der nächste Hammer. Nach einigen Minuten gab der Kompressor den Geist auf. Diagnose: gebrochener Plastikkolben.

Normalerweise würde ich mich definitiv als den Geduldigeren von uns beiden beschreiben. Doch an diesem Nachmittag ging es dann auch mit meiner Geduld zu Ende. Gut, dass Papa mal der ruhigere, geduldigere war. Also schnallten wir mein Vorderrad auf sein Motorrad, und er düste bei anbrechender Dunkelheit los zur nächsten, circa 15 Kilometer entfernten Tankstelle, um den Reifen aufzupumpen. Als dort ebenfalls der Kompressor defekt war, half ihm ein Lkw-Fahrer mit seinem aus. Abends um 19 Uhr konnte ich dann endlich bei Dunkelheit mit Stirnlampe mein Vorderrad einbauen, und es ging mit schwammigen 1,5 bar Druck im Reifen zum nahe gelegenen Campingplatz.

Am nächsten Morgen waren wir schon enttäuscht, dass wir den schönen grünen Campingplatz an einem kleinen Fluss nicht länger genießen konnten, wollten wir doch an diesem Tag Strecke machen. Nach dem Frühstück packten wir also zusammen, setzten uns auf die Maschinen, gaben uns den Daumen nach oben. Ich drückte den roten Startknopf an meiner Maschine. Doch es passierte – nichts. Kein Stottern, kein Motorengeräusch, »nada«. Als Erstes checkten wir die üblichen Verdächtigen, Batterie und Seitenständerschalter waren aber nicht defekt. Wir begnadeten Nicht-Mechaniker waren recht schnell mit unserem Latein am Ende. Nach knapp zwei Stunden Suche fanden wir den Fehler im Verbindungsstecker des Not-Aus-Schalters. Dieser musste sich wohl am Vortag beim Sturz schon gelockert und nun endgültig gelöst haben. Stecker rein, und die Maschine lief wieder.

Irgendwann ist irgendwann zu spät

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