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Autofahren in Cornwall: Herausforderung und Lust

Als Hitchhiker hatten meine Freundin Edith und ich uns im Westen Londons an die A30 gestellt und waren mitgenommen worden. Die Autos, die uns mitnahmen, hatten alle Charakter.

Es waren Fahrzeuge, die teilweise Holz in der Karosserie verbaut hatten, Autos wie Fachwerkhäuser. Der Kofferraum eines freundlichen Fahrers war voll mit Waren; sein Lebensplan war: ein halbes Jahr arbeiten, Waren erwerben, die man verkaufen konnte, ein halbes Jahr ohne Arbeit leben, herumfahren.

Und dann der Volvo: ein beiger Volvo mit kontinentaler Linkssteuerung. Dieses Auto hatte uns mitgenommen auf unserem Weg Richtung Cornwall. Die Reise endete in Lelant. Das Auto gehörte Don Solomon, der uns in sein Cottage Shalom aufnahm und uns Cornwall mit seinem speziellen Blick und seinem Volvo zeigte.

Damals – 1970 – noch ohne Führerschein, bin ich zum ersten Mal Auto gefahren. Im Volvo auf der grünen Wiese. Dann Cornwall-Pause.

1973 haben Armin und ich geheiratet. Die ersten Urlaube in Cornwall haben wir per Bahn, Fähre und Bus verlebt. Die Busse, mit denen man über Land, aber auch in den Ortschaften fuhr, waren und sind meistens Doppeldecker und bereiten einem Schreckmomente, wenn die Äste der Straßenbäume bei der Vorbeifahrt gegen die obere Etage knallen, was man auch heute noch manchmal in London erleben kann.

Führerschein und ein VW Käfer wurden einige Jahre später erworben; so fuhren wir im Winter 1981 kurz vor Weihnachten mit dem eigenem Auto (einen kleinen Weihnachtsbaum mit Ständer auf dem Rücksitz, Kerzen und Kerzenhalter im Gepäck) nach Cornwall. Im Kofferraum den Klappspaten vom ADAC, denn es war harte Winterzeit angesagt, sowohl für die Fahrt nach Calais wie auch für die Fahrt über das Bodmin-Moor. Die kleinen Dreiecke der Scheinwerfer, die normalerweise dafür sorgen, dass die Fahrbahn richtig beleuchtet wird, waren vorschriftsmäßig abgeklebt, damit wir im Linksverkehr kein entgegenkommendes Fahrzeug blendeten.

Im Schneetreiben erreichten wir Calais, setzten mit der Fähre über, nach Dover. Dann musste man sich links einfädeln. Von Schnee blieben wir nun verschont.

An den Linksverkehr, auf den wir uns bis heute mithilfe des „Highway Code“ vorbereiten (Verhalten im Kreisverkehr! Wie, wann einordnen, wie wann blinken) gewöhnt man sich schnell, aber die Anreise zieht sich. Als Autofahrer fährt man auf London zu, muss dann aber sehen, dass man rechtzeitig die Kurve Richtung The West kriegt.

Man ahnt nicht, wie hügelig dieses England ist. Runter und rauf, rauf und runter; die Strecken, wo es bergauf geht, können sich sehr ziehen, besonders wenn man mit einem VW-Käfer einen Überholvorgang beginnt: Blimey! Oops, noch mal gutgegangen!

Vor dem Linksverkehr sollte man sich nicht fürchten. Man schwimmt so mit und macht so seine Erfahrungen.

An einer kleinen Innerortskreuzung kam uns ein offenes dreirädriges Fahrzeug entgegen, das mit vollen und leeren Milchflaschen beladen war. Wir wollten geradeaus fahren, der Milchwagen blinkte rechts. Klarer Fall, wer die Vorfahrt hat: das Fahrzeug, das geradeaus fährt, also wir. Und so fuhren wir.

Der Milchwagenfahrer bremste scharf, das Fahrzeug schwankte und es schepperte gehörig, die gegen uns gerichteten Flüche konnte man von den Lippen des Fahrers ablesen.

Es hatte ausgesehen wie eine Kreuzung, war aber keine, sondern ein Miniroundabout. Bei der Miniversion ist auf den Mittelpunkt der Kreuzung ein dicker weißer Punkt gemalt, umgeben von im Uhrzeigersinn gerichteten Pfeilen. Hier gilt die wichtigste Regel für den Kreisverkehr: Das im Kreis befindliche Fahrzeug hat Vorfahrt. Und die hatten wir missachtet.

Die Regeln für das Befahren der roundabouts sollte man sich vor einer Autofahrt in England einprägen. Es ist nicht viel zu beachten; es betrifft hauptsächlich das richtige Einordnen vor dem Einfahren in den Kreisverkehr und das korrekte und rechtzeitige Blinken. Anders als in Deutschland gibt man schon bei der Einfahrt in den Kreisverkehr durch Blinken bekannt, welche Richtung man einschlagen will. Wie das im Einzelnen aussieht, sollte man sich im Highway Code angucken.

Ein bisschen aufregend ist das immer, besonders, wenn es sich um große, mehrspurige Kreisverkehre handelt.

Bei Autobahnen in Deutschland formen Auf- und Abfahrten häufig ein Kleeblatt. In England erledigen das die roundabouts, mehrspurig angelegt leiten sie den Autofahrer dahin, wo er hin will.

Ein Vorteil ist, dass man so lange im Kreis fahren kann, bis man weiß, wo man hin muss. Oder, wenn man sich trotzdem verfahren hat, bis zum nächsten Kreisel fahren kann, um sich neu zu orientieren. Die Anweisung des Navis „Wenden Sie!“ ist da kein Problem.

Für Fußgänger ist der Kreisverkehr schon manchmal ein Problem, weil es oft keine vernünftige Überquerungsmöglichkeit einer Straße gibt; der Verkehr im Kreis ist nun mal sehr flüssig.

Bei sehr hohem Autoverkehrsaufkommen ist der Kreisel trotzdem irgendwann überfordert. Mittlerweile werden die roundabouts an Stellen mit sehr hohem Verkehrsaufkommen zusätzlich durch Ampeln geregelt.

Vor den größeren Ortschaften in Cornwall liegen ähnlich wie bei uns Gewerbegebiete mit Tankstellen, Supermärkten, Recyclingcontainern. Die Kreisverkehre leiten den Autofahrer dahin, wo er hin will.

Wenn man als Urlauber in Cornwall mit dem Auto unterwegs ist, will man erstmal an seinem Ziel ankommen.

Es war (nicht immer) eine Lust, dort zu fahren. Viele Straßen sind ganz normale Straßen, aber viele auch nicht. Die normalen Straßen waren lange Zeit die problematischsten, die A30 war zu Ferienzeiten immer sehr stauanfällig, besonders samstags, weil traditionell alle Urlauber ankommen und abfahren, und die Straße noch nicht besonders ausgebaut war. Wir mussten sie einmal verlassen, weil unser Motor kochte; auf einer vollkommen abseitigen Straße halfen uns Leute mit Kühlwasser aus, die selbst schon in den besten Klamotten waren, für eine Hochzeitsfeier. Wir waren sehr dankbar. Auf dem Seitenstreifen der A30 haben wir die Windeln unseres Sohnes gewechselt; sein Hintern glühte; zu lang in nassen Windeln im zu heißen Auto.

Heute ist das besser. Die A30 ist autobahnmäßig ausgebaut. Das Schild Dual carriageway ahead verspricht, dass man den langsamen Lkw vor einem überholen kann, bis das dem Gegenverkehr gestattet wird. So wird alles flüssiger und schneller. Leider sind dem auch die vormals zahlreichen Teebüdchen am Straßenrand zum Opfer gefallen, wo man gern noch mal Halt gemacht hatte. Wenn alle vorbeirauschen

Den Stau kurz vor Penzance gibt es noch immer, aber so ist das halt vor Städten mit den alten Straßenführungen, die höchstens nur eine Richtungsfahrbahn haben.

Lust in Cornwall zu fahren bekommt man, wenn man die A-Straßen verlässt. Es kann sehr eng werden. Die Straßen sind schmal, beide Straßenseiten sind von den steinernen Cornish Hedges begrenzt. Im kontinentalen Pkw mit Linkssteuerung ist man da durchaus mal im Vorteil, denn man sieht einfach besser, wie dicht man links an das Gemäuer ranfahren kann.

Wir hatten auch mal eine Panne, kamen gerade noch mit Mühe und Not zu einer Werkstatt. Diagnose: „The Klutsch“. Wir: „Could you please spell the word?” – „ CLUTCH.“ Kannte ich nicht, so was lernt man nicht am Gymnasium, das lehrt einen nur das Leben. Ich guckte im Wörterbuch nach: es war die Kupplung. Unser Kind – damals schon Gymnasiast – fragte nach dem Urlaub hinterhältig seine Englischlehrerin, was denn wohl eine clutch ist. Sie wusste es natürlich nicht. Sie: „Klugscheißer!“

In späteren Jahren waren wir mit englischen Mietwagen unterwegs. Das hätte ich mir, die ich so viele Meilen im eigenen Auto durch England und Cornwall hinter mir hatte, leichter vorgestellt.

Du holst das Auto an der Mietwagenstation ab, guckst es dir von außen an, musst schnell erfassen, ob irgendetwas zu beanstanden ist, das festgehalten werden muss. Du bekommst die dürftigen Papiere und den Schlüssel, und man erwartet, dass du wegfährst.

Als Fahrer sitzt du jetzt rechts; es ist nicht dein Auto, du weißt nicht, wie du ein Fenster aufmachst, Licht anmachst, den Scheibenwischer betätigst. Du darfst dich auch nicht behutsam geleitet wie beim Verlassen der Fähre in den Linksverkehr einfädeln. Du musst direkt ein vollwertiger Verkehrsteilnehmer sein. Und – du musst mit der linken Hand schalten. Das alles zusammen geht nicht. Wie ungeschickt stellt sich die Hand eines Rechtshänders an, die schon Probleme hat, den Hausschlüssel mit der linken Hand zu drehen.

Beim ersten Mal war es so: Den ersten Gang bekam ich rein, das Einlegen des zweiten Gangs gestaltete sich schon schwieriger, Rumgestochere, hässliche Kupplungsgeräusche (CLUTCH), der dritte Gang erwies sich als der fünfte, der Motor drohte abzusterben, man wurde hinter mir ungeduldig, ließ keinerlei Rücksicht walten, hupte; ich war ja mit einem Fahrzeug mit GB unterwegs und total entnervt. Immer hektischer mein Rumgestochere auf der Suche nach dem dritten Gang. Den braucht man ja leider auch immer wieder. Zwei Tage ging das so. Dann ging es so gut, dass ich – zurück in Deutschland – im eigenen Auto mit der linken Hand ins Leere griff.

Die Jahre, als wir mit dem eigenen Auto in Cornwall unterwegs waren, fuhren wir vorbereitet und begleitet durch Straßenkarten. Wir machten uns mit der Umrechnung von Meilen auf Kilometer und m/h auf km/h vertraut. Wir wollten ja wissen, wie weit es noch war und wie schnell wir fahren durften.

Später half uns unser Navigationsgerät dabei, das wir von zuhause mitgebracht hatten. Es irritierte etwas, weil es als deutsches Navi uns Deutschen helfen wollte, indem es die englischen Ortsnamen deutsch(?) ausspricht: „Plümut“ für Plymouth. Da hat man was zu lachen.

Hüten sollte man sich, dem Navi die schnellste Route als Option einzugeben. In Cornwall befindet man sich dann nicht nur schnell auf den engsten Straßen, sondern auch auf Feldwegen oder Schotterpisten. Kein Schild verbietet einem, dort langzufahren.

Wer das Abenteuer liebt!

Ro

Cornwall -- Immer wieder Cornwall

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