Читать книгу Jon & Jenny - Arndt Mauer - Страница 15

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Tim lag im Bett und hörte Adam schnarchen. Es war ein eher gedämpftes, gleichmäßiges Geräusch, daher störte es ihn nicht. Wie die Zwillinge teilten auch sie sich ein Zimmer. Es war etwa so groß wie seins zu Hause – die Betten standen an den gegenüberliegenden Seiten.

Tim schlief nicht. An dem fahlen Licht, das der Mond durch die Schlitze des Rollos warf, lag es kaum. Seine Mutter hatte ihm zwar die Schlafmaske eingepackt, die sie für ihn gekauft hatte. Denn sie betonte stets, wie wichtig völlige Dunkelheit für guten Schlaf sei. Doch Tim hatte sie noch nie benutzt, sodass das Letzte, was er jeden Abend sah, das sanfte Glimmen seines Terrariums war. Um die Tiere darin kümmerte sich in den Ferien sein Vater, der sich damit genauso auskannte und sie artgerecht füttern und pflegen würde. Tim hatte dies Adam erzählt, bis er selbst zu dem Schluss gekommen war, dass es keinen Grund zur Sorge gab ... und er Adams Schnarchen in einer Sprechpause gehört hatte.

Dennoch schlief Tim nicht. Lag es an den leisen Knistergeräuschen, die aus einer Ecke vorne im Zimmer drangen, und den huschenden Bewegungen, die sich allmählich vor der Wand abzeichneten?

Ein Lichtschein erhellte den Bereich. Da sah er es. Kakerlaken. Sie kamen aus den Schatten, liefen durch das Licht und verschwanden in den Schutz der Dunkelheit. Tim konnte nicht erkennen, wo sie herkamen oder hinliefen. Er mochte Kakerlaken. Nicht so sehr wie Spinnen und Schlangen, aber er mochte sie.

Jon und Jenny schwiegen, was selten vorkam. Dr. Kolla fiel es sichtlich schwer, einen Anfang zu finden.

Seufzend stand er auf. Stehend oder gehend erklärte er oft Dinge. Jon erinnerte sich, wie ihr Vater vor vielen Jahren mit einem Märchenbuch in der Hand im Kinderzimmer auf und ab geschritten war, um ihnen die Geschichten der Gebrüder Grimm vorzulesen. Die alten Märchen hatten Jon immer gefallen, aber eingeschlafen war er bei dieser Art des Vortrags nicht. Im Gegensatz zu Jenny, die ihrem Vater mit den Augen gefolgt war, bis diese von selbst zufielen.

Auch jetzt ging der Wissenschaftler auf und ab, bevor er plötzlich innehielt, sich zu ihnen umdrehte und sie abwechselnd fixierte. Es schien, als wolle er sie prüfen, etwas an ihren Gesichtern ablesen. Dann entspannte er sich und führte die Fingerspitzen aneinander. „Lasst mich ein klein wenig ausholen. Wir benutzen ja dieses neue Teleskop, ich habe euch doch davon berichtet. Wisst ihr noch?“

Natürlich erinnerte sich Jon daran. Dieses Spiegelteleskop war das leistungsfähigste der Welt und machte das Camp zu etwas wirklich Besonderem.

„Seine herausragende Eigenschaft ist die hohe Auflösung. Wir sind also in der Lage, deutlich mehr Details zu erkennen, als das mit den bisherigen Teleskopen der Fall war. Die Beschaffenheit einer Planetenoberfläche zum Beispiel. Oder der Planetenatmosphäre. Vor drei Tagen haben wir damit eine Entdeckung gemacht, die uns in höchstes Erstaunen versetzt hat. Es geht um einen Planeten in einem anderen Sonnensystem. Er heißt DV-CR1566, aber das nur nebenbei.“ Dr. Kolla machte eine Pause.

Jon rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Jennys andauernde Bewegungen hatten ihn angesteckt. „Was ist mit diesem Planeten? Was für eine Entdeckung habt ihr gemacht?“, fragte er.

Sein Vater kratzte sich am Bart. „Nun, mit herkömmlichen Apparaten hätten wir DV-CR1566 als solchen gefunden, ihn jedoch nicht selbst sehen, nur indirekt auf ihn schließen können. Das ist jetzt anders. Auch mit unserem Teleskop sind wir natürlich nicht in der Lage, jeden einzelnen Stein zu erkennen, aber es ist möglich, die äußere Beschaffenheit ungefähr zu bestimmen. Und damit kommen wir zum entscheidenden Punkt: Irgendetwas stimmt mit DV-CR1566 nicht. Mit seiner Farbe und auch, wie wir ziemlich sicher glauben, mit seiner Form nicht.“

„Was soll das heißen?“, fragte Jenny. Gähnend rieb sie sich die Augen. „Ist er bunt gestreift, passt sein Stil nicht zur aktuellen Planetenmode? Ich versteh nicht, was das alles zu bedeuten hat.“

„Wenn ich von der Farbe rede, ist damit nicht unbedingt die tatsächliche Tönung der Planetenoberfläche gemeint, sondern vielmehr die Atmosphäre, die den Planeten umgibt. Das ist ein komplexes Zusammenspiel aus vielen verschiedenen Faktoren, wie die unterschiedlichen Gase, die Lichteinwirkung, die Oberflächenbeschaffenheit ... nun, es ist jedenfalls so, dass die Atmosphäre von DV-CR1566 uns ziemlich stutzig werden lässt. Wie soll man sagen ... sie leuchtet gewissermaßen, schimmert in einer Weise, die wir uns nicht erklären können. Es kann eigentlich nicht an der Sonneneinstrahlung liegen. Vielmehr muss dieses Leuchten von selbst entstehen – was unbegreiflich wäre. Und das ist noch nicht alles ...“ Seine Augen wanderten unruhig in ihren Höhlen hin und her. Für eine Weile blieb er stumm und lehnte sich zurück. Dann lächelte Dr. Kolla seine Kinder an. „Ach wisst ihr“, sagte er in, wie es Jon vorkam, etwas bemüht entspanntem Tonfall, „für uns Forscher, die wir den ganzen Tag nur mit solchen Dingen zu tun haben, ist das eine große Geschichte. Aber so wild ist es eigentlich nicht. Es tut mir leid, wenn ich euch in Aufregung versetzt habe. Dabei hatten wir davon heute wirklich genug. Ich kann die Einzelheiten morgen noch erzählen, dich wird es ja sicher interessieren, Jonas, doch fürs Erste lassen wir es mal gut sein. Das ist einfach eine wissenschaftliche Entdeckung, da dreht es sich immer auch um Lorbeeren und Geld, deswegen ist es eine etwas verrückte Situation momentan. Ihr zwei geht jetzt aber ins Bett, und diesmal will ich keine Widerrede hören, okay?“ Er stand auf und zwinkerte den Zwillingen zu. „Na kommt, ich bringe euch zu eurem Zimmer.“

Die Fragestunde war vorbei, alles weitere Bohren hätte keinen Zweck mehr, das war Jon klar. Er kaute auf seiner Lippe und grübelte noch einen Augenblick, bevor er aufstand, um seiner Schwester und seinem Vater zu folgen.

Sie hatten das Licht vor einer Weile ausgemacht, aber Jenny wusste, dass ihr Bruder wach war. „Jonny? Denkst du darüber nach, was Papa uns erzählt hat? Dir war anzusehen, dass es dir keine Ruhe lässt.“

Jon drehte sich in seinem Bett um und unterdrückte ein Gähnen. Er antwortete: „Ja. Er hat uns nicht alles verraten. Und ich meine nicht die wissenschaftlichen Details. Ich glaube, dass er eine grundlegende Information ausgelassen hat. Er macht sich über etwas Gedanken und wollte uns damit nicht auch noch belasten. Deswegen hat er doch erst gesagt, wir sollten es Tim und Adam nicht erzählen.“

Jenny war davon nicht überzeugt. „Aber wenn er einfach so gestresst ist? Und die Geheimhaltung so wichtig ist, weil es um neue Erkenntnisse geht? Vielleicht siehst du ja nur Gespenster. Du irrer Professor.“

Jons Stimme klang plötzlich wieder wach. „Eben: vielleicht. Vielleicht haben sie mit dem Teleskop aber auch etwas anderes entdeckt. Etwas, das ihnen Sorgen bereitet ...“

Jon & Jenny

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