Читать книгу Jon & Jenny - Arndt Mauer - Страница 19
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So groß der Hunger mittlerweile war – es fiel den Freunden schwer, sich auf das Essen zu konzentrieren. Jenny hielt im Speisesaal ständig nach vielbeinigen Insekten Ausschau und entdeckte auch ein paar in diversen Ecken. Damit verging ihr der Appetit endgültig. Die Jungs, allen voran Adam, schlangen die Lasagne hinunter, für die sich jeder von ihnen aus vier Wahlmöglichkeiten entschieden hatte.
Direkt nach dem letzten Bissen brachten sie die unterschiedlich leeren Teller zur Geschirrrückgabe, um ohne weitere Verzögerung zum Büro von Dr. Kolla zu gehen.
Da sie jetzt darauf achteten, fielen ihnen Insekten überall auf. Dunkel zuckende Straßen und Kleckse durchzogen den Staub. Sie schienen sich unentwegt zu vergrößern.
Dr. Kolla saß auf seinem Schreibtischstuhl und legte der Reihe nach die Fingerspitzen aneinander. Jon, Jenny, Tim und Adam hatten auf einem Sofa und einem Sessel Platz genommen. Jon trommelte lautlos auf der Sofalehne. Jenny kaute auf ihrer Unterlippe. Als sie hörbar Luft holte, vielleicht um zu einer ungeduldigen Aufforderung anzusetzen, ergriff ihr Vater das Wort.
„Ich muss zuerst noch einmal daran erinnern, dass ihr diese Informationen keinesfalls anderen Leuten mitteilen dürft. Erst recht nicht Personen außerhalb des Camps, auch nicht Familienmitgliedern. Bitte. Das ist ganz wichtig.“ Er räusperte sich. „Also. Ihr habt euch in eurer Fantasie vielleicht diverse Szenarien ausgemalt, wie es in manchen Büchern oder Comics vorkommen mag. Tatsache ist allerdings, dass ich gar nicht so viel sagen kann. Was ich gestern erklärt habe, war durchaus die Wahrheit. Uns beschäftigt wirklich dieser Planet, DV-CR1566 – doch das ist noch nicht alles.“
Wie am Tag zuvor zögerte Dr. Kolla, diesmal brach er seine Erläuterungen aber nicht ab. „Zugleich sind wir auf eine Strahlung gestoßen, die wir mit unseren Anlagen gemessen haben. Zusammensetzung, Ursache und Wirkung? Völlig unbekannt. Diese Strahlung beschert uns ein wenig Kopfzerbrechen.“
Jenny beugte sich vor und sah ihren Vater mit schmalen Augen an. „Warum bereiten euch irgendwelche Strahlen auf einem sonst wieweit entfernten Planeten Sorgen?“
Jon drehte seinen Kopf erst zu ihr und überlegte. „Weil sie auf die Erde treffen?“ Dann blickte er seinen Vater fragend an.
Dieser nickte. „Genauso ist es. Nicht DV-CR1566 wird mit der besagten Strahlung konfrontiert, sondern sie scheint vielmehr aus seiner Richtung zu kommen und zielt exakt auf die Erde. Wir vermuten, dass sie für das Leben auf unserem Planeten schädlich ist“, sagte Dr. Kolla. Er stand auf und ging zum Fenster, um in die Nacht zu starren. „Diese Kakerlakenplage neuerdings könnte ein weiteres Indiz dafür sein. Vielleicht suchen die Tiere instinktiv Schutz in Gebäuden.“
„Aber wie gefährlich sind die Strahlen denn? Können wir jetzt nicht mehr vor die Tür gehen?“, fragte Jenny.
Ihr Vater ließ einen Kugelschreiber durch seine Finger gleiten, während er weiter hinaussah, als ob er etwas beobachtete. „Ich weiß es nicht. Wir arbeiten unter Hochdruck, wie ihr ja bemerkt habt. Aber wir stehen ganz am Anfang. Und von den Strahlen wissen wir erst seit vorgestern. Bloß sagt uns das noch nicht, was sie verursacht und welche Wirkung sie haben. Morgen früh erwarte ich entscheidende Testergebnisse. Von denen hängt alles Weitere ab.“
Jon hatte seine Beine in einen Schneidersitz verkreuzt. Als erwachte er aus einer Trance, hob er ruckartig den Kopf und fragte: „Was genau? Was hängt davon ab?“
Dr. Kolla antwortete nicht gleich. Mit geröteten kleinen Augen musterte er die Jugendlichen. „Wenn sich herausstellt, dass die Strahlung gefährlich ist, können wir nicht einfach abwarten und hoffen, dass sie bald wieder verschwindet. Die Menschen müssen informiert und Maßnahmen ergriffen werden.“
„Was für welche?“, fragte Jenny.
Ihr Vater schüttelte den Kopf, während er zurück zu seinem Stuhl schritt. „Das weiß ich nicht. Diese Entscheidung liegt auch letztlich nicht bei der GOSA. Wir können nur Empfehlungen aussprechen. Was die einzelnen Regierungen daraus machen, ist eine andere Geschichte.“
Nun erhob sich Jenny und ging zum Fenster. Sie atmete tief durch, als sie ihren Blick hinauf in den inzwischen pechschwarzen Himmel schickte. Dann drehte sie sich halb um und sagte: „Das hört sich echt ziemlich ernst an. Als ob das Ende der Welt bevorstünde oder so was in der Richtung. Was glaubst du, wird passieren, Papa?“
Dr. Kolla stand ebenfalls auf und hob die Hände zu einer beruhigenden Geste. „Es tut mir leid, jetzt habe ich euch doch einen größeren Schrecken eingejagt, als es angebracht ist. Das Ende der Welt ist sicherlich noch nicht nahe, das muss niemand befürchten. Und diese Strahlen dürft ihr auch nicht mit Pistolenkugeln oder etwas Derartigem gleichstellen.“ Als ihm offenbar die Anspielung auf die Entführung durch Leroy Grant bewusst wurde, veränderte seine Stimme ihren Klang. „Oh, Jonas, Jenny, entschuldigt bitte, das war taktlos.“
Jon fiel ein, dass sie mit ihrem Vater noch nicht über das Schicksal von Grant gesprochen hatten. Aber wahrscheinlich wusste er bereits Bescheid. Jedenfalls wollte Jon das Thema jetzt nicht anschneiden. Die aktuelle Situation war wichtiger. Außerdem versuchte Jon, Abstand zu dem Vorfall mit dem durchgedrehten Forschungsassistenten zu gewinnen.
Dr. Kolla fuhr fort: „Vielleicht lässt sich die Strahlung mit den Folgen des Ozonloches vergleichen, beispielsweise, ich weiß es nicht. In Panik geraten sollten wir sicher nicht. Morgen wissen wir mehr. Und bis dahin behalten wir einen kühlen Kopf und sehen zu, dass wir einen insektenfreien Schlafplatz für euch finden.“
Sie redeten noch eine Weile, weitere Erkenntnisse gab es jedoch nicht. Wie am vergangenen Abend waren die vier Freunde früh müde. Auch heute hatte sich so viel ereignet, dass pausenlos Bilder vor Jons innerem Auge aufflackerten, wie von einem Projektor im hektischen Takt an die Wand geworfen.
Überall im Camp vertrieben Leute Insekten aus den Gebäuden und rückten ihnen mit diversen Mitteln zu Leibe. Aber selbst wenn ihr Zimmer inzwischen betretbar sein sollte, wollte Jenny nicht dorthin zurück. Sie und Jon bekamen eine andere provisorische Unterkunft, die für diese Nacht reichen musste.
Zu ihren Freunden hatten sich nicht so viele Tiere verirrt. Nachdem der Raum von diesen befreit worden war, bezogen die beiden ihn wieder. Tim versicherte, er habe keine Angst. Adam nickte nur achselzuckend und kratzte sich zögerlich am Kopf.