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Yewwhrhon

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Borhun befand sich im Landeanflug auf Yewwhrhon, einem extrem trockenen Planeten, anderthalbmal so groß wie die Erde. Dieser lag in der Triangulum Galaxie, 2,7 Millionen Lichtjahre von Sol entfernt. Das Schiff raste mit fast 200 Dobnarrgh in der Stunde über Wüstenflächen, steinerne Ödnisse und Felsentrümmer. Grau-blaue, schwarze, bräunliche und dunkelockerfarbene Lichtspiele flirrten vor seinen Augen, von bedrohlichen, sägezahnförmigen Schatten durchsetzt, die die Landschaft visuell zerfetzten und ihr eine fraktale Ordnung aufzwangen. Immer und immer wieder tauchten ähnliche Strukturen auf, die eine Orientierung unmöglich machten. Ebenen, die aus unzähligen, fast 40 Gobnarrgh hohen, orangegelb gefärbten, sichelförmigen Sanddünen aufgebaut waren wechselten mit zerklüfteten Landschaftsformen ab, die in riesenhafte, aus verwittertem Basalt längst vergangener Vulkanausbrüche aufgetürmte steinernen Burgen und Schlössern zergliedert waren. Wieder andere bestanden aus mehreren 100 Gobnarrgh hohen Hochgebirgen, die so trocken, verdorrt, abweisend, ausgeglüht und trostlos waren, dass es Borhun davor schauderte, jemals einen Fuß in diese Gegend setzen zu müssen.

Schräg vor ihm, über dem westlichen Rand der scheinbar unendlichen Ödnis, standen die beiden eng aneinander stehenden, in tiefrotem bzw. orangefarbenen Licht glosenden Zwergsonnen dieses Systems. Yarhyyon AB, auch Maruag und Naruag genannt, tauchten die Schlackenkegel und Basaltschlote in ein bedrohlich wirkendes Dämmerlicht - ein Szenario wie zum Vorhof der Hölle.

Schließlich konnte er am tiefrot gefärbten Horizont, der durch die flirrende Hitze von über 60 Raqunor zu verschmieren begann, mehrere zwischen 500 und über 1000 Gobnarrgh hohe Vulkankegel ausmachen. Sie schienen durch die Luftspiegelungen der dichteren Atmosphärenschichten auf dem Kopf zu stehen. Daher glaubte man für einen kurzen Moment, dass die aus dem höchsten der Vulkangiganten herausquellende Asche- und Rauchsäule auf die Planetenoberfläche zufließen würde. Aber dies entsprach nicht der Realität. Zudem waren gerade jetzt keine Lahare vom ,Planetaren Vulkanischen Institut’ gemeldet worden. Borhun konnte daher sein Ziel nicht verfehlen, weil der Yorronaahh, der höchste Vulkan dieser Welt, seit Äonen ununterbrochen aktiv war und den heimkehrenden Schiffen stets eine Art Willkommensfeuerwerk präsentierte - auch wenn dies mit der bestehenden Hochtechnologie unnötig war. Aber bei den Piloten löste dies ein Gefühl der Freude aus, was durch moderne Leitstrahltechnik eben nicht vermittelt werden konnte.

Durch ungeheure geologische Kräfte wurde das Terrain immer zerklüfteter: Bodenlose Calderas öffneten sich unter ihm, wobei manche zudem mit Lavaseen, Fumarolen oder giftigem, brodelndem, grünschwarzem Schlamm gefüllt waren. Gelbliche Schwefelablagerungen, zum Teil mehrere hundert Gobnarrgh dick, lagen an verschiedenen Stellen dieses Hexenkessels. Immer wieder polterten riesige Felsblöcke an den Steilhängen herab. Lahare und ein ständiges Trommelfeuer aus vulkanischen Bomben veränderten zudem in dieser Region die Morphologie des Planeten immer wieder.

Das Schiff ließ die geologisch sehr aktive Plattengrenze hinter sich. Borhun bemerkte unter sich Spuren der Erosionswirkung von fließendem Wasser an Hand von kleinen Gräben oder kleineren Wadis, die sich immer weiter vertieften und verbreiterten. Immer größere, immer gigantischere Schluchten öffneten sich vor ihm, die in bodenloses Nichts zu führen schienen. Das Licht der tief stehenden Doppelsonnen war nicht mehr in der Lage, bis zum Boden der Abgründe vorzudringen. Sie alle mündeten in einem titanischen Grabenbruchsystem, das durch einen fast 500 Gobnarrgh tiefen Canyon beherrscht wurde, der mit allen Neben- und Trockentälern beinahe ein Viertel der Landmasse des Planeten beherrschte.

Denn dort unten befand sich einer der wenigen Orte auf dieser Welt, wo man ein halbwegs angenehmes Leben führen konnte. Das einzige, niemals versiegende Flusssystem des Planeten, das mit einer durchschnittlichen Wasserführung von 75 Gobnarrgh3 in jeder Sekunde eine ausreichende Nahrungsmittelproduktion auf dieser Welt zuließ. Im Laufe ihrer Geschichte hatten die Bewohner dieser unwirtlichen Welt riesige, unterirdische Städte den Felsmassen des Planeten abgetrotzt. Dadurch war man dauerhaft in der Lage, der immensen Hitze und Trockenheit, die auf 85 Prozent der Planetenoberfläche wütete, zu entfliehen. Auf dem ganzen Planeten gab es nur einen Ozean, der mit seiner Ausdehnung und seinem Volumen etwa dem arktischen Eismeer auf Terra vergleichbar war. Dort ergoss der Canyon sein Leben spendendes Nass in das extrem salzhaltige Gewässer. Und dieser Ort war die einzige Region dieser Welt, in der sich Wolken bilden konnten. Weit kamen sie jedoch nicht: Auf ihrer Reise in die gigantischen Landmassen dieses Planeten verteilten sie zwar küstennah etwas Regen. Aber das Meer lag an der tiefsten Stelle Yewwhrhons. Der größte Teil der planetaren Landmassen lag zwischen 300 und 500 Gobnarrgh höher als dieser Ort. Deshalb drang die Feuchtigkeit nur wenige hundert Kilometer in das Landesinnere vor. Zudem lag das gigantische Canyonsystem sehr nahe an diesem Gewässer, und die parallel zur Verwerfung entstandenen gigantischen Vulkane und Gebirge, die zudem fast den gesamten Ozean umschlossen, fingen fast jeden Tropfen Regen ab. Daher wurde die Landschaft immer trockener und öder, je weiter man sich von der einzigen großen Feuchtigkeitsquelle Yewwhrhons entfernte. Ab einer Distanz von etwa 80 Dobnarrgh schließlich erhielt die Landschaft einen völlig ariden Charakter. Fast zwei Drittel des Planeten bestand aus absolut lebensfeindlichen Wüstenregionen, in denen seit mehr als einer Million Quartaq nicht ein einziger Tropfen Regen gefallen war. Hier existierten noch nicht einmal Oasen. Auf Grund dieser unwirtlichen Bedingungen konnte es lediglich Nahrung und Wasser für einige Millionen Kroaxar geben, die trotz dieser harten Lebensbedingungen eine bemerkenswerte Hochkultur entwickelt hatten. Nicht nur, dass es seit etwa 140000 Quartaq keinen Krieg mehr gegeben hatte, sondern dass sie, wenn auch überaus langsam, eine sehr umweltverträgliche und Ressourcen schonende Lebensweise entwickelt hatten, um die sie andere Rassen eigentlich beneiden müssten. Auf dieser Welt waren nur extrem wenige fossile Energieträger vorhanden. Daher musste in der technologischen Entwicklung dieser Rasse direkt auf Solarenergie gesetzt werden. Denn Rohstoffe dafür gab es auf Yewwhrhon reichlich: Silizium, seltene Erden, und eine Unmenge an Metallen aller Art, die man in riesigen Lagerstätten antreffen konnte. Aber die Kroaxar waren weise genug, nur das unbedingt nötige Minimum auszubeuten; denn ihnen war der Planet heilig, die Natur durfte nicht verwüstet werden. Selbst die verheerenden Coriolisstürme, die von Zeit zu Zeit mit Windgeschwindigkeiten von bis zu vier Dobnarrgh pro Taq über die unendlichen Wüstengebiete hinwegfegten, vermochten dieser respektvollen Verehrung der Natur keinerlei Abbruch zu tun.

Ein Leitstrahl übernahm die Steuerung seine Schiffes, als es sich der größten Raumbasis Yewwhrhons näherte. Schräg vor sich erkannte Borhun die geologische Struktur des planetaren Grabenbruchs, dessen Ränder mit rasender Geschwindigkeit auf ihn zu schossen. Plötzlich stürzte scheinbar die mit riesigen Felsblöcken und messerscharfen Granitnadeln übersäte Hochebene in eine bodenlose Tiefe. Er hatte jetzt einen freien Blick auf ungeheure, terassenartige Felsabstürze. Tief unten, etwa einen Dobnarrgh schräg vor seiner jetzigen Position, machte er das bläulich glitzernde Band des Flusses aus, dessen Ränder mit grün-violetter Vegetation bewachsen waren. Dessen Wasserführung wurde immer wieder durch heftige Stromschnellen und Katarakte zergliedert.

Der Bordrechner steuerte die Maschine in einer scharfen Linkskurve auf ein Plateau zu, das sich 200 Gobnarrgh oberhalb dem mäandrierenden Strom erhob. Es war wie eine Handoberseite geformt und bestand aus Fingern, dessen Felsgrate aus dem vulkanischen Sediment durch Erosionskräfte herausgearbeitet worden waren.

Die Maschine stürzte mit hoher Geschwindigkeit in den Abgrund. Kurz bevor das Raumschiff drohte, in den Fluss zu stürzen, fing Borhun das Fahrzeug ab.

Zahllose mit Schleusen gesicherte Hangars waren im Laufe der Äonen in die Steilwände gesprengt worden und bildeten den zentralen Raumhafen Prkhnons, der Hauptstadt der Kroaxar. Diese Zugänge waren so gestaltet, dass ein Fremder, selbst wenn er direkt vor einem der Tore stehen würde, nichts davon wahrnahm. Nur durch die Eingabe der entsprechenden Parole konnte der Verriegelungsmechanismus außer Funktion gesetzt werden.

Eines der riesigen Tore öffnete sich vor ihm und gab den Blick auf einen Wald aus steinernen Säulen frei, deren Oberseiten in einem Geflecht aus filigranen Streben endeten. Die Stützen selbst waren aus horizontal geschichteten Gesteinslagen aufgebaut, deren verschiedene Ockertöne ein warmes Licht verströmten.

Obwohl Borhun nach vier Jahren frustrierendem Einsatz in dem zweieinhalb Millionen Lichtjahre entfernten Milchstraßensystem froh war, endlich wieder heimatlichen Boden betreten zu können, überwogen doch die schmerzlichen Erinnerungen an die zurückliegende Mission:

Seine Aufgabe war es gewesen, die vereinigten Streitkräfte der Kroaxar anzuführen, deren ursprüngliche Mission es war, fremde Zivilisationen, neue Welten und Sternsysteme auf friedlichem Wege zu erkunden. Grundlage für diese Expedition war ein Vertrag, in dem über ein Quartaq zuvor sich führende Wissenschaftler und Militärs auf Ziele der bevorstehenden Kontaktaufnahmen während der Missionen geeinigt hatten; und noch nie war ein Einsatz dermaßen schief gelaufen.

Angefangen hatte die Entwicklung damit, dass es Kroaxar - Wissenschaftlern gelungen war, unter der Leitung des genialen Mufrggh Physikers Gormaar, einen Antrieb zu entwickeln, der eine Deformation des Raum - Zeit - Kontinuums ermöglichte und somit an jedem Ort des Raumes eine Art von Abkürzung zu erzeugen.

Borhun erinnerte sich noch gut daran, wie er die ersten Testflüge in Richtung des Milchstraßensystems unternommen hatte. Durch einen Fehler in der Steuerung erlangte er damals unbeabsichtigten flüchtigen Kontakt mit einer Lebensform, die sich Menschen nannten. Aber er verwendete nur wenige Tage an einer näheren Untersuchung dieser fremdartigen Wesen, deren Hauptbeschäftigung darin zu liegen schien, sich gegenseitig das Leben zur Hölle zu machen und den eigenen Heimatplaneten völlig auszuplündern.

Was ihn jedoch bei dieser Expedition besonders faszinierte war die Tatsache, dass er im Weltraum in der Nähe dieser primitiven Welt Hinweise auf die Verwendung von Raumschiffantriebstechniken entdeckte, die nicht von dieser Spezies stammen konnten. Es mussten somit andere hoch entwickelte Kulturen in dieser Region des Raumes existieren, die technologisch den Duwuthrounu ebenbürtig waren. Aber diese Informationen hatte er seit dieser Beobachtung lieber für sich behalten. Denn die Mufrggh hatten ein dermaßen unverantwortliches politisches Auftreten seit einiger Zeit an den Tag gelegt, das es ratsam erscheinen ließ, über neuentdeckte, hoch entwickelte Lebensformen besser zu schweigen. Er hoffte zudem, dass sich unter den Wissenschaftlern auf Yewwhrhon kein Spion der Mufrggh befand.

Ihn erschreckte dieser Gedankengang zutiefst. Denn eigentlich waren die Mufrggh ihre Verbündeten und Aliierten. Aber die Nachrichten, die er im Gepäck hatte, würden auf Yewwhrhon vermutlich ein politisches Erdbeben hervorrufen, dessen Auswirkungen überhaupt noch nicht abschätzbar waren.

Maruthron erwartete ihn bereits am Ende der Gangway. Er war auf das äußerste angespannt. Ein Verhalten, dass für einen so erfahrenen und langgedienten Wissenschaftler völlig unerklärlich war. Aber die Art und Weise, wie Borhun seine Mission in der Milchstraße abgebrochen hatte und seine Rückversetzung nach Yewwhrhon regelrecht erzwungen hatte, hatten Maruthron zutiefst verstört.

Borhun war nämlich stets ein Vorbild an Disziplin, Weitsicht und Zielstrebigkeit für alle Krieger der Kroaxar gewesen. Bereits in jungen Jahren hatte er höchste Ehren in der militärischen Hierarchie erreicht und war ein absolut zuverlässiger Abgesandter Yewwhrhons. Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen waren obendrein seine besonderen Tugenden, die ihm auch bei einfachen Soldaten höchsten Respekt abverlangten. Und er hatte ein besonders sensibles Gespür für Gut und Böse, Recht und Unrecht über all die Jahre behalten. Gerade diese Charakterstärke ließ die Entscheidung Borhuns in besonders fatalem Licht erscheinen: Den Oberbefehl über die Expeditionsflotte der Duwuthrounu sowie alle anderen militärischen Ränge bereits nach 0,1 Quartaq niederzulegen um so rasch es ihm möglich war, als einfacher Zivilist hierher zurückzukehren.

Borhun war jedenfalls froh, wenn er mit dieser unsäglichen Mission nichts mehr zu tun haben würde. Er verspürte nicht die geringste Lust mehr, noch irgend einen verantwortungsvollen Posten im Namen des Bündnisses zu bekleiden. Als er Maruthron erblickte, verspürte er trotz allem eine sehr starke Wiedersehensfreude. Denn dieser Kroaxar war immer sein Mentor, Förderer und absolut vertrauensvoller Freund gewesen. Gleichzeitig war er auch besonders erleichtert, dass sich kein Abgesandter der Regierung blicken ließ.

Aber das war auch nicht zu erwarten: Dass jemand, der so einen hohen Rang bekleidet hatte, einfach seinen Job hinschmiss, hatte es noch nie in der jüngeren Vergangenheit gegeben. Es war ein Affront gegenüber dem politischen Establishment. Aber gerade diese Tatsache machte die Entscheidung Borhuns so alarmierend. Und Maruthron war schlau genug, dieser Angelegenheit höchste Priorität einzuräumen.

Borhun überfielen entsetzliche Trauer und Niedergeschlagenheit. Kroaxar äußerten dies in einer fremdartigen Körpersprache, nämlich mit Vibrationen aller Art: Die Art und Weise des Zusammenspiels aus Zittern und Zuckungen war eine hochpräzise Ausdrucksweise der Gefühlslage dieser raupenähnlichen Wesen. Borhun schlängelte sich auf Maruthron zu. Dieser erstarrte ob dieser Ausdrucksform: Dass die Angelegenheit so tragisch war, damit hatte auch er nicht gerechnet.

„Bitte, versuche deine Gefühle im Zaum zu halten, denn möglicherweise werden wir beobachtet. Lass uns deshalb in meine Wohnung gehen. Denn dieses Treffen ist nur noch eine reine Privatangelegenheit zwischen uns beiden. Als die Regierung von deinem Rücktritt erfahren hat, wurdest du offiziell sofort zur Persona non Grata erklärt.”

Sie hasteten auf einen der Lifte zu, in dessen Kabinen sich eine Zielsteuerung befand, wodurch man jeden Ort in Prkhnon erreichen konnte.

Keiner sprach ein Wort, bis sich endlich die Schleuse des fensterlosen und in nüchtern gräulich - weißes Licht getauchten Inneren der tropfenförmigen Transportkabine öffnete und sie auf einen spärlich erleuchteten Gang hinaustraten, der in den nackten Fels gehauen war.

Sie bogen nach links ab. Maruthron zog eine Strahlkugel aus seinem weinroten Umhang hervor. Er hielt sie mit einer seiner Extremitäten empor. Sie machten sich auf den langen Weg durch das Höhlenlabyrinth, das aus dem Fels durch fließendes Wasser vor Urzeiten herausgewaschen worden war.

Nach etwa 350 Gobnarrgh erreichten sie am Ende des Ganges eine Felswand aus Basalt. Der Weg vor ihnen war versperrt.

Maruthron aktivierte mit Hilfe der Strahlkugel den biometrischen Datenscanner, der, für ihn und seinen Begleiter unsichtbar, ihre Körper abtastete.

Die 0,2 Gobnarrgh dicke, und durch zehn Thermoduronlagen verstärkte Tür, glitt geräuschlos an die Seite. Sie betraten eine riesige Kathedrale, die von einem unterirdischen Strom ausgewaschen worden war. Schätzungsweise 1000 Gobnarrgh lang und 200 hoch lag sie vor ihnen. Riesige Stalagmiten wuchsen braungelben, funkelnden Sinterkaskaden entgegen. Sie waren mit in irisierendem Licht funkelnden Kristallen übersät. Sie betraten das phantastische Bauwerk der Natur und kletterten über Felder aus herabgestürzten Felsblöcken und umgestürzten Säulen, quetschten sich durch Gärten aus rasiermesserscharfen Nadeln. Die Höhle wurde niedriger, die Wände rückten näher an sie heran. Trotz ihrer beweglichen Körper entwickelte sich diese rätselhafte und für Borhun zunehmend unheimliche Expedition zu einer ziemlich schmierigen Tortur. Denn oftmals mussten sie durch feucht - klebrige Sedimentablagerungen waten, die sich am Grund dieses ehemaligen Höhlenflusses vor langer Zeit gebildet hatten.

Immer wieder versperrten Engstellen den Weg, durch die sie sich durchzwängen mussten. Zahllose weitere Gänge führten rechts und links in unbekannte Tiefen des enorm ausgedehnten Höhlenkomplexes. Maruthron hatte die Strahlkugel inzwischen in eine durchsichtige Tasche gesteckt und sich diese am Ende einer Schlinge um seinen Rumpf zwischen dem ersten Extremitätenpaar gewunden, so dass er nicht weiter behindert wurde.

Borhun bekam es mittlerweile mit der Angst zu tun. Ihm war eingefallen, dass vor Urzeiten Kroaxar, die in Ungnade bei den Mächtigen gefallen waren, in irgendwelche verlassenen Gegenden der Heimatwelt verschleppt wurden, um sie dort einem langsamen und qualvollen Tod sterben zu lassen. Panik überfiel ihn, als sie nach fast einem Mnartaq ermüdender Kraxelei vor einer weiteren Wand standen, die sich ebenfalls erst nach einem biometrischen Scan vor ihnen öffnete.

Sie traten in eine Kammer, die sich als Schleuse herausstellte. Dessen gegenüberliegende Tür öffnete sich erst dann vor ihnen, als sich mit einem leisen Zischen die Tür hinter ihnen automatisch verriegelt hatte.

„Wohin bringst du mich?”, wisperte Borhun mit angsterfüllter Stimme.

Borhun stockte der Atem, als die sich vor ihm öffnende, aus massivem Thermoduron aufgebaute Sicherheitsschleuse den Blick auf den dahinter liegenden unbekannten Raum öffnete. Er hatte damit gerechnet, einen weiteren Teil des Höhlensystems vorzufinden - aber eine ultramodern eingerichtete Wohnung hatte er nun wirklich nicht erwartet. Sie betraten ein gemütlich eingerichtetes Röhrensystem, wie es typisch für Kroaxarwohnungen war: Uralte Waffen von Vorfahren, waren sorgfältig in beleuchteten, in den Fels gehauenen Nischen im Eingangsbereich präsentiert. Rechts führte der 200 Bnarrgh breite Gang, dessen Wände mit ebenso alten technischen Relikten, die Maruthron liebevoll seit mehreren zehn Quartaq gesammelt hatte, dekoriert waren. Am Ende befand sich ein künstliches Sandbad, in dem sich Maruthron zur Nachtruhe einbuddelte und sich damit gleichzeitig reinigte. Mehrere Projektoren, die Informationen und Live-Berichte aus allen Teilen des Bündnisses dreidimensional darstellen konnten, waren in den Wänden des Raumes integiert. Von dort aus, und auch, wenn man links die Eingangsröhre entlang schritt, erreichte man den offenen Hauptraum, dessen 600 Bnarrgh hohe Decke von reich verzierten, steinernen Säulen abgestützt wurde. Bis in etwa 200 Bnarrgh Höhe waren diese von gläsernen Regalen kreisförmig umgeben, die jeweils unzählige Datenfemtospeicher beherbergten.

„Ist das deine Privatwohnung und dies etwa dein Arbeits - und Informationszentrum?”

Maruthron bejahte.

„Es gibt auf diesem Planeten keinen sichereren Ort als diesen, um mit dir über die zurückliegenden Ereignisse in Ruhe zu reden. Außerdem denke ich, dass du für eine Zeit aus der Öffentlichkeit verschwinden solltest, damit du deine Gedanken sammeln und dich von den zurückliegenden Strapazen erholen kannst.

Ich zeige diese Wohnung normalerweise niemandem. Erst ein mit mir sehr gut befreundeter Kroaxar vor deinem Besuch durfte einst meine eigenen Röhren betreten. Aber das Ereignis liegt bereits 30 Quartaq zurück.

Und noch etwas: Du bist hier kein Gefangener. Wenn du willst, kannst du jederzeit diesen Ort als freier Kroaxar verlassen. Aber ich denke, dass es für die Zukunft dieser Welt und des Fortbestehens des Bündnisses absolut notwendig ist, dass du mir alles berichtest, was während der Expedition in die Milchstraße vorgefallen ist. Denn auch hier werden die dortigen Entwicklungen mit Argusaugen beobachtet. Schließlich ist die Regierung nicht dumm und hat inzwischen den Eindruck gewonnen, dass die Kroaxar bewusst von den Aktivitäten der Duwuthrounu - Flotte im Unklaren gelassen werden. Ich persönlich bin ausserdem der Ansicht, dass du richtig gehandelt hast, in dem du deine Führungsfunktion aufgegeben hast. Denn dies spricht für deine Weisheit und Reife.

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