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Kapitel 11

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Wieder tat sich eine ganz neue Welt für uns auf. Bruder Wilhelm und ich waren nicht nur wie berauscht von den Düften der Insel, dem mannigfaltigen Treiben der Händler und Kaufleute, dem heißen Klima, den fremdartigen Bewohnern, sondern auch und vor allem davon, als Ritterbrüder im Hauptsitz des Ordens willkommen geheißen zu werden. Wir fühlten, dass wir im Zentrum der Macht des Ordens angekommen waren und waren entsprechend beeindruckt. Ehrfurchtsvoll betrachteten wir die Obersten der Zungen, auf die unsere Ritterbrüder uns manchmal aufmerksam machten.

Bruder Wilhelm und ich hätten sie ohne die Hilfe unserer Brüder nicht erkennen können, denn sie unterschieden sich in nichts von uns selbst.

Wir wussten, dass sie die Geschicke unseres Ordens maßgeblich mitbestimmten, wenn auch die letzte Entscheidung immer bei dem Großmeister lag. Jeder Oberste hatte, gemäß seiner Zugehörigkeit zu einer Zunge ein bestimmtes Amt inne.

Rein äußerlich unterschieden sie sich von uns einfachen Rittern nicht, denn sie trugen die gleiche Kleidung und besaßen die gleiche Ausstattung.

Das galt auch für den Großmeister Foulques de Villaret, einem Mann mittleren Alters mit schwarzem, schulterlangen Haar, gepflegtem Bart und durchdringenden Blick. Er unterschied sich von den anderen Ordensangehörigen nur dadurch, dass er das eine oder andere kostbare Schmuckstück trug. Das fiel mir gleich auf, wollte es doch in meinen Augen so gar nicht zu dem Armutsgelübde des Ordens passen.

Aber ihm als Großmeister stand das vielleicht zu, schließlich repräsentierte er den Orden vor hochgestellten Persönlichkeiten, da gehörte es wohl auch dazu, die Verhandlungspartner und alle anderen Leute, die mit ihm in Berührung kamen, mit seinem Auftreten zu beeindrucken. So erklärte ich mir meine Beobachtung.

Bald nach unserer Ankunft wurden Bruder Wilhelm und ich zum Obersten der Zunge der Provence, dem Großkomtur, geführt. Er hatte das Schatzmeisteramt inne. Er bat uns um die Übergabe der Truhe mit den Goldmünzen und Dokumenten. Mit strenger Mine verlangte er Rechenschaft über die Reisekasse. Als er sah, dass alles in Ordnung war, ich sogar unterwegs noch Heilmittel erstanden hatte und außerdem noch ein paar Münzen übrig geblieben waren, entspannte sich seine Miene. Wir wurden gnädig entlassen.

Nicht lange nach unserem Gespräch mit dem Großkomtur wurden


wir zum Großballei gerufen, der der Vorsteher unserer eigenen Zunge war. Er war zuständig für die Befestigungsanlagen der Besitzungen des Ordens. Da er der Oberste der deutschen Zunge war, oblag es ihm wohl, uns nähere Anweisungen zu geben. Er vergewisserte sich, dass wir über den bevorstehen Angriff auf Rhodos durch den Orden und seinen Verbündeten Signore de Vignoli informiert waren. Er teilte uns mit, dass es meine Hauptaufgabe sein sollte, mich zusammen mit dem hiesigen Medicus des Ordens um die Verwundeten und Kranken während des Feldzuges zu kümmern. Alles Weitere würde ich bei dem Hospitalier erfahren. In der Zwischenzeit sollte ich mich sofort bei dem Medicus einfinden.

Bruder Wilhelm war zu unserer Leibgarde bestimmt, denn auf keinen Fall dürfe weder dem Medicus noch mir etwas geschehen. Wir sollten wohl aus der bevorstehenden unmittelbaren Kampfeszone auf Rhodos herausgehalten werden, um dem Orden gemäß unserer Kenntnisse und Fähigkeiten am besten dienen zu können.

Mein Ordensbruder und ich waren erfreut, dass es uns unsere Aufgaben damals ermöglichten, häufig in der Nähe des anderen sein zu dürfen, denn wir hatten uns auf der langen Reise gut angefreundet und bislang war uns noch vieles fremd.

Zusammen ließen sich manche Probleme leichter lösen, manch Unbekanntes besser verstehen, besonders wenn der Gesprächspartner ein zuverlässiger Freund war, auf den man sich unbedingt verlassen konnte.

Ich war von der Aussicht, nicht unmittelbar bei der bevorstehenden Eroberung von Rhodos mitkämpfen zu dürfen, nicht begeistert. Ich sah aber ein, dass ich im Kampf wichtiger für den Orden als Heilkundiger denn als Kämpfer war.

Der Medicus entpuppte sich als angenehmer, gebildeter und jovialer Mann, der einem Gläschen verdünnten Weins nicht abgeneigt war, andere geistige Getränke jedoch verpönte. ‚Immer einsatzbereit‘ war seine Devise, was auch ganz dem Geiste des Ordens entsprach. Wie so viele Mitglieder seines Berufes hatte er wenig Ahnung von der Heilkunde, obwohl er den Nutzen der Heilmittel schon oft genug beobachtet hatte, wie er mir versicherte. Damit hob er sich für mich wohltuend von dem Medicus in der Ballei des Komtur Wennengut ab. Er hoffte nun, möglichst viel von mir zu lernen, ebenso wie ich mir wünschte, ihm die eine oder andere Behandlungsmethode abzuschauen.

Er erläuterte mir seine Art der Patientenbehandlung, indem er mir seine unterschiedlichsten Instrumente zeigte und recht plastisch erklärte, wozu sie dienten. Mit Beifall sah ich, dass seine Instrumente blitzend sauber waren. Da hatte ich auf der Reise schon ganz anderes gesehen und war erleichtert, dass er sich an die Richtlinien des Ordens zur Behandlung von Patienten zu halten schien.

Im besten Einvernehmen verabschiedeten wir uns, nicht ohne die Übereinkunft zu schließen, uns jeden Tag zu treffen, um uns auf den bevorstehenden Feldzug zur Eroberung der Insel Rhodos bestmöglich vorzubereiten.

Schließlich wurde ich aufgefordert, den Hospitalier aufzusuchen. Der Hospitalier entstammt immer der Zunge des Frankenreichs und ihm obliegt die alleinige Verantwortung für die Krankenhäuser, die Verköstigung der Pilger und die Armenspeisung. Er stellte sich als Bruder Maurice de Pagnac vor und war damals ein Mann von ungefähr 30 Jahren, was für einen Mann in seiner Position recht jung im Vergleich zu den anderen Oberen der Zungen war. Zunächst befragte er mich zu meinen Erfahrungen auf dem Gebiet der Heilkunde und verkündete mir, dass Komtur Wennengut mich trotz meiner Jugend auf das höchste lobte, was er einem persönlichen Schreiben entnehmen konnte.

Ohne große Worte drückte er mir eine Geldbörse in die Hand, und bedeutete mir, mich auf den hiesigen Märkten nach nützlichen Heilmitteln umzusehen, die bei dem bevorstehenden Angriff auf Rhodos hilfreich sein könnten.

Getreulich von Bruder Wilhelm begleitet, durchforstete ich die Märkte. Dabei fiel mir auf, dass man hier die Haare der Ziegen und Schafe durchkämmte, um eine fettartige Substanz zu erhalten. Damals erkannte ich jedoch den Sinn dieser Maßnahme noch nicht. Erst später lernte ich, dass diese Substanz die Grundlage für heilkräftige Salben bildet.

Die Verhandlungen zwischen dem Großmeister Foulques de Villaret und Signore di Vignoli kamen schnell zu einem erfolgreichen Abschluss und so stachen wir im Juli 1306 zu der Überfahrt nach Rhodos in See.

Unser Konvoi bestand aus zwei großen Galeeren, vier kleineren Schiffen, 35 Ritterbrüdern, einigen Reitern und etwa 500 Fußsoldaten.

Der Medicus, Bruder Wilhelm und ich befanden uns auf dem kleinsten Schiff. Der Medicus hatte Truhen mit verschiedensten Messern, Sägen, Scheren, Pinzetten und anderen Gerätschaften dabei, die er für sein Handwerk benötigte, während meine Truhen prall gefüllt waren mit den unterschiedlichsten Heilmitteln und Verbandsmaterialien.

Mein armer Bruder Wilhelm litt auf der Fahrt nach Rhodos einige Zeit wieder stark unter der Seekrankheit und so konnten wir uns über das bevorstehende Abenteuer nicht so austauschen, wie wir es uns gewünscht hätten.

Er ächzte über der Reling und auch der Medicus wusste nur einen Rat:

„Ritter Wilhelm, am besten begebt ihr euch nach unten, in die Mitte des Schiffes. Dort schaukelt es am wenigsten, und ihr seht den sich ständig auf- und ab bewegenden Horizont nicht.“

Diese Anregung schien Bruder Wilhelm ein wenig Erleichterung zu verschaffen und langsam erholte er sich wieder.

Schließlich kamen wir im August vor Rhodos an. Umgehend wollten wir von der Insel Besitz ergreifen.


Ritter und Rosen auf Rhodos

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