Читать книгу Tot sein kann ich morgen noch - Beate Mäusle - Страница 11
Der Palazzo
ОглавлениеWir fahren bis zur Haltestelle Ca‘ Rezzonico. Von hier sind es nur noch wenige Schritte zu unserem Hotel im Stadtteil Dorsoduro. Wir steigen aus und der freundliche Wassertaxifahrer wuchtet unsere Koffer aus dem Boot. Den Rest müssen wir zu Fuß gehen. Ist halt schwierig mit Taxis hier.
Die Haltestelle ist nach dem prächtigen Palazzo benannt, der heute ein Museum beherbergt. Wir gehen zur Campo San Barnaba, ziehen unsere Koffer hinter uns her und freuen uns, dass wir bis zu unserem Hotel keine Brücke überqueren müssen.
Wir wohnen im Stadtteil Dorsoduro und wenn man den Beschreibungen glauben darf, ist es ein lebendiges venezianisches Stadtviertel, das von der Universität und den dazugehörigen Studenten geprägt ist. Frei und fernab der Touristenströme soll man hier pulsierendes venezianisches Leben erleben können. Was wir sehen, gefällt uns. Die Chiesa di San Barnaba lädt zu einer Ausstellung über Fluggeräte Leonardo da Vincis ein, eine Gelateria verführt mit italienischem Eis. Es gibt Restaurants, Bars und einen Jazzclub. Die Bars locken mit Aperitifs und kleinen Vorspeisen, sie sind voll. Am liebsten würde ich mich gleich niederlassen und mich den italienischen Verführungen hingeben. Wir müssen aber zuerst einchecken.
Unser Hotel liegt an der Fondamenta Gherardini am Rio di San Barnaba. Vor dem Eingang liegt ein Boot, es ist ein bezauberndes Stillleben. Das Hotel ist ein Palazzo aus dem 14. Jahrhundert, nicht ganz so prächtig wie die Palazzi am Canal Grande, es reicht aber, um uns mächtig zu beeindrucken. Unser Italienisch reicht aus, um uns anzumelden und die wichtigsten Informationen zu erhalten. Mauro, der Portier, ist sehr amüsiert über unseren Eifer beim Gebrauch der italienischen Sprache. Uschi erzählt ihm sofort, ob er es wissen will oder nicht, dass wir einen Sprachkurs gebucht haben und lässt sich gleich erklären, wo die Schule ist.
Mauro führt uns in unser Zimmer. Wir haben zusammen ein Doppelzimmer gebucht und ich habe vorher die Bettenlage überprüft. Ich hätte wirklich keine Lust, in einem schmalen Doppelbett zwei Wochen nicht schlafen zu können und mich mit Uschi um das Laken zu streiten. Per Mail habe ich vorab geklärt, dass wir kein letto matrimoniale, kein Doppelbett, wollen, sondern zwei Einzelbetten. Mauro schließt das Zimmer auf und mein Blick geht sofort zum Bett. Ich stottere auf Italienisch, dass wir doch Einzelbetten wollten und sehe dann, dass es zwei Einzelbetten sind, die nur zusammengestellt sind. Ich schiebe sie auseinander und bin erleichtert. Mein guter Schlaf ist gesichert. Mauro interessiert etwas komplett anderes. Ganz Italiener taxiert er uns und ich meine, ein spitzbübisches Lächeln zu sehen, als ich die Betten auseinanderschiebe und klar ist, dass Uschi und ich kein Paar sind. Mauro ist ein gutaussehender Italiener in unserem Alter, das Haar mit leichten grauen Partien durchzogen und er flirtet mit uns. Wir sind kaum eine Stunde in der Stadt und jedes italienische Klischee hat sich bereits erfüllt.
Unser Zimmer ist ein Traum. Ein großer Lüster aus Muranoglas hängt über den Betten. Ich muss mich zwingen, nur die Schönheit des Lüsters zu sehen und mein Kopfkino auszuschalten. Das zeigt mir nämlich eine Sequenz, in der der Lüster nachts auf mich herunterstürzt und die Glasspitze sich in meinen Körper bohrt, dass das Blut nur so spritzt. Vom Muranolüster ermordet. Wäre eine schöne Geschichte für Donna Leons Krimis aus Venedig.
Das Badezimmer ist etwas klein, aber es wird schon gehen. Im ersten Obergeschoss des Palazzo, im Piano Nobile, ist ein großer Saal mit einer Fensterfront zum Kanal. Das muss früher der Ballsaal gewesen sein. Man erreicht den Saal über eine Außentreppe. Vor dem Eingang des Hotels ist ein kleiner Innenhof mit einem Brunnen. Alles ist echt, leicht windschief und pittoresk. Venedig und seine Palazzi. Wir sind hin und weg, wohnen wir nun selbst in einem.
Die Lage, die uns durch die Schule vorgegeben wurde, ist perfekt. Es sind nur wenige Schritte zum Vaporetto am Canal Grande und den Markusplatz können wir in zehn Gehminuten erreichen. Nicht weit ist die Campo Santa Margherita, ein belebter Platz mit venezianischem Nachtleben. Wir liegen auf unseren Betten, kneifen uns und können nicht glauben, wie reich uns das Leben beschenkt.