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7. Kapitel Universitätsklinik

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Bekker war bereits auf dem Weg zur Umkleide, als sein Funk piepte. Sein Gespräch mit Professor Fritsche hatte etwas länger gedauert. Fritsche kam gelegentlich ins Schwafeln. Meist ging es um irgendwelche ehrgeizigen Forschungsprojekte, manchmal aber auch nur um banalen Kliniktratsch, denn Fritsche war immer begierig zu erfahren, was an der Basis passierte und über wen was geredet wurde. Bekker war allerdings für beide Bereiche der falsche Ansprechpartner. Die Eifersüchteleien und Affären in der Klinik scherten ihn wenig. Seine Habilitationsschrift hatte er abgegeben, nachdem Fritsche sie kritisch durchgesehen und für gut befunden hatte. Das interessierte ihn derzeit am meisten. Die zustimmenden Gutachten lagen vor. Auch die ersten vier von insgesamt fünf Sachverständigen hatten sich durchweg positiv geäußert. Grundlagenforschung und ehrgeizige wissenschaftliche Projekte waren nicht sein Ding. Das hatte er Fritsche mehrfach klargemacht, auch wenn der es nicht wirklich akzeptierte. Er hielt Bekker für eine Art ungeschliffenen Diamanten, und da er noch keinen seiner leitenden Mitarbeiter auf einen Lehrstuhl hatte hieven können, hegte er große Hoffnungen, dass es mit diesem nun endlich gelingen könnte. Bekker jedoch strebte eindeutig keine Universitätskarriere an, und es tat ihm manchmal ein wenig leid für Fritsche, dessen Intentionen niemandem verborgen bleiben konnten.

Dabei hätte Bekker einige gute Voraussetzungen zur Besetzung eines Lehrstuhls mitgebracht. Er war ein glänzender Organisator, hatte unbestrittene Führungsqualitäten, konnte motivieren, war eloquent und breit gebildet, hatte ein hohes Maß an Teamgeist und durchaus auch wissenschaftliche Interessen. Sein Manko war, dass er keine politischen Talente hatte. Mit den typischen Mechanismen des deutschen Universitätsbetriebs konnte er sich nicht anfreunden. Er wollte sein Leben nicht mit Ränkespielen und langatmigen Konferenzen vergeuden, sondern Patienten betreuen. Aber trotz dieser Gegensätze schätzte er Fritsche außerordentlich, auch wenn dieser den klassischen Hochschullehrer schlechthin verkörperte.

Bekker nahm ein Telefon im Flur ab und wählte die in seinem Funk angezeigte Nummer. Es war Zerres.

„Wann kommen Sie denn endlich? Ich habe Konzertkarten, und außerdem hat der alte Sack schon mehrfach süffisant gefragt, ob denn mein Chef heute nicht im Hause wäre, oder wenigstens der Herr Oberarzt Bekker. Betonung auf ‘Ober‘, im Gegensatz zu ‘Unter‘, wie unsereiner. Ich hab’ auch den Eindruck, dass der Operateur zunehmend den Überblick verliert. Er hat als erste Hand nur den Weiss, diese Knallcharge, und was der kann, wissen wir doch beide.“

„Wo ist denn das Problem?“, fragte Bekker schnell.

„Na ja, das Aneurysma hat er ausgeschaltet, aber bei seinem üblichen tatterigen Herumgefuhrwerke mit der Pinzette muss er in der Tiefe ein Gefäß verletzt haben, das er jetzt nicht mehr findet. Jedenfalls blutet es wie Sau. Also geben Sie Gas, ich muss auflegen.“

„Bin so gut wie da“, sagte Bekker, aber Zerres hatte schon eingehängt. Die junge Frau, die einige Meter weiter vor der OP-Schleuse auf und ab ging, sah er erst im letzten Moment.

„Ruth, Mensch, was machst denn Du hier im Haus des Handwerks?“ Im gleichen Moment war ihm klar, dass der jungen Frau, auf die er mit wenigen Schritten zugetreten war, nicht zum Scherzen zumute war.

„Peter, Gott sei Dank, dass ich Dich treffe!“ Sie fing an zu weinen und konnte nicht weitersprechen. Bekker nahm sie in die Arme, und nun heulte sie richtig los. Unfähig, einen Satz herauszubringen. Er ließ sie einen Moment vollkommen in Ruhe, aber eine böse Ahnung stieg in ihm auf. Der Patient im neurochirurgischen OP, der Notfall, ein junger Mann, hatte es geheißen, das war doch nicht etwa...? Verdammt, natürlich war er das! Die Kopfschmerzen! Sie hatten in letzter Zeit öfter darüber gesprochen.

Die Menzels waren gute Freunde der Bekkers, eigentlich ihre besten. Jürgen Menzel und Peter Bekker kannten sich schon von der Schule her. Beide waren sie begeisterte Sportler und passionierte Ladykiller. Bekker war eine Zeitlang heftig in Ruth Menzel, Schmelz hieß sie damals, verliebt gewesen, und sie schien seine Gefühle zu erwidern. Allerdings hatte sie klare Vorstellungen von einer ernsten Beziehung, während Bekker vage blieb, wie dies damals seine Art war. Es blieb nicht aus, dass sie seinen Freund Jürgen kennenlernte; und sehr schnell gab es Peter Bekker für sie nur noch als ‚Ex’ und platonischen Freund. Sie waren tatsächlich Freunde geblieben. Bekker hatte kurz nach ihrer Hochzeit Birte Hartmann geheiratet. Nicht einmal ein Jahr lag dazwischen. Nicht nur, dass die Männer beinahe jeden Tag frühmorgens miteinander joggten, die Familien trafen sich regelmäßig, häufig sonntags, wenn Jürgen Menzel Handball spielte, und unter der Woche gelegentlich zum Essen oder zum Grillen.

„Warum hast Du mich denn nicht angerufen. Menschenskind, wie lang seid Ihr denn schon in der Klinik? Du weißt doch, dass ich hier arbeite.“ Im gleichen Moment bereute er seine Vorwürfe. Ruth Menzel stand unter Schock, das war deutlich zu sehen, und sie hatte das Naheliegende einfach versäumt. Sie wäre nicht die erste, die in der Not nicht an den Rettungsanker denkt, der vor ihrer Nase baumelt. Sie fing erneut an zu weinen.

Bekker fühlte sich plötzlich schuldbewusst. Er hatte den Kopfschmerzen und dem Schwindel auch keine besondere Bedeutung beigemessen. Das konnte doch nicht wahr sein? Langsam fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Ruth Menzel hatte sich inzwischen von ihm gelöst und ein zerknülltes Taschentuch aus dem Mantel gezogen. Bekker griff in die Tasche.

„Hier, nimm ein frisches. Hab’ zufällig eins in der Tasche“. Sie lächelte unter ihren Tränen. Bekker hatte immer ein frisches Taschentuch dabei. Das wusste sie, weil sie ihn früher oft damit aufgezogen hatte.

„Hör zu, Ruth, ich muss jetzt rein. Je früher, desto besser. Die haben ja gerade erst angefangen.“ Das stimmte natürlich nicht ganz, denn der OP-Beginn lag inzwischen fast eine Stunde zurück. Bekker hätte sich ohrfeigen können, aber das hatte er nicht wissen können. Warum sagte einem hier auch niemand etwas?

„Ich werde von jetzt an permanent dabei sein und mich natürlich auch hinterher um alles kümmern. Sobald ich mehr weiß, geb’ ich Dir Bescheid. Geh’ bitte ins Büro vom Alten, meinem Chef, meine ich, Prof. Fritsche, und lass Dir von Frau Lauff den Schlüssel zu meinem Zimmer geben. Sie zeigt Dir auch, wo es ist. Wenn das Telefon klingelt, geh’ in jedem Fall ran. Wahrscheinlich bin ich es. Es wird schon.“ Er drückte sie kurz und rannte in die Umkleide. Während er sich umzog, rief er Professor Walter Müller an, den leitenden Oberarzt der Neurochirurgie. Er hielt große Stücke auf Müller, was auf Gegenseitigkeit beruhte. Sie waren beide exzellente Kritiker, jeder in seinem Fachgebiet und beide schätzten den typischen Universitätsbetrieb nicht besonders. Müllers Sekretärin meldete sich.

„Kann ich ihren Chef sprechen, es ist dringend.“ Bekker stand halbnackt vor dem Telefon, in der einen Hand den Hörer, in der anderen die grüne OP-Hose, in die er nun hineinzuschlüpfen suchte.

„Der Herr Professor ist in einer wichtigen Besprechung Den kann ich jetzt ganz schlecht stören. Darf ich wissen, worum es geht?“

‚Darfst Du nicht, dämliche Schnepfe‘, dachte Bekker wütend. Immerhin, Müller war im Haus. Und das allein zählte.

„Machen Sie doch bitte eine Ausnahme“, flötete er honigsüß. Sie zögerte.

„Es ist ein Notfall, sein Chef braucht ihn möglicherweise bald im OP“, log er schließlich. Inzwischen hatte er seine Beine in die Hose eingefädelt.

„Ach so, natürlich, einen Moment bitte.“ Plötzlich war alles kein Problem.

„Müller!“ Bekker fragte sich nicht zum ersten Mal, warum der andere am Telefon immer so schrie.

„Ja Bekker hier, tut mir leid, Herr Müller, ich hab’ ein Anliegen. Sozusagen inoffiziell. Ich bin gerade auf dem Weg in den OP, wo ihr Chef zusammen mit Herrn Weiss ein Aneurysma operiert. Wahrscheinlich wissen sie das eh.“ Bekker wartete keine Antwort ab. „Der Patient ist einer meiner besten Freunde. Vierunddreißig Jahre alt, ohne irgendwelche Zusatzerkrankungen. Zerres rief mich vor zwei Minuten an. Es scheint Schwierigkeiten zu geben. Blutung aus der Tiefe. Ich weiß, das ist viel verlangt, aber vielleicht könnten sie in ein paar Minuten ganz zufällig, im OP sechs vorbeikommen. Ich kann auch noch mal anrufen, wenn ich drin bin. Möglicherweise ist ja alles nicht ganz so schlimm.“ Er wusste im gleichen Moment, dass es genauso sein würde wie geschildert, eher schlimmer, denn Zerres war ein absoluter Fachmann und wusste immer, wovon er redete. Müller sah das sicher ebenso. Dennoch sagte er,

„Herr Bekker, wie stellen Sie sich das vor. Der Chef ist doch nicht plem plem. Ich tauche nie ‘zufällig‘ auf, wenn er operiert, nicht zuletzt, weil er das nicht ausstehen kann. Sie wissen doch ganz genau, dass er mich seit mehr als anderthalb Jahren nicht mehr an seinem Tisch einteilt. Scheiße, ich würde ihnen gerne den Gefallen tun.“ Er schwieg einen Moment. Ihm war das ganze offensichtlich unangenehm. Bekker stand wie auf glühenden Kohlen. Er musste rein.

„Ich bin noch eine Weile in meinem Zimmer“, sagte Müller schließlich, „rufen Sie mich an, sobald Sie den Überblick haben. Irgendwie finden wir einen Weg, falls es wirklich nötig sein sollte. Ich denke aber, der Chef sagt selbst Bescheid, wenn er Hilfe braucht.“

‚Eher krepiert er, oder besser noch der Patient‘, dachte Bekker. Trotzdem war er erleichtert. Immerhin ein Strohhalm, falls es wirklich brenzlich werden sollte. Als er den OP betrat, wusste er sofort, wie es stand. Der Patient war sitzend gelagert, damit die Operateure an die hintere Schädelgrube herankamen, von wo sie den Schädel eröffnet und das Gehirn mit dem Aneurysma freigelegt hatten. Die Beatmungsschläuche liefen über den Körper des Patienten zum Fußende, wo die gesamte anästhesiologische Apparatur mit Beatmungsgerät und Monitoren angeordnet war. Bekker registrierte als erstes das Saugerreservoir, in dem mindestens zwei Liter Blut standen, für eine Operation am Gehirn ein extrem großer Blutverlust. Über dicke venöse Zugänge liefen Konservenblut und synthetische Blutersatzflüssigkeiten in den Patienten. Keiner der beiden Operateure nahm von dem Neuankömmling Notiz. Auf Brüchers Stirn perlte Schweiß. Er stierte durch die Lupenbrille und fuhr mit der Pinzette in der rechten Hand immer wieder in die Tiefe.

„Licht!“ schrie er, „verdammt noch mal, hier ist es finster wie im Bärenarsch, wie soll ich da operieren?“ Der Pfleger hinter ihm richtete die OP-Lampe, offensichtlich zum zigsten Mal, und versuchte dabei, exakt auf das Operationsgebiet zu fokussieren.

„Brennen, mein Gott, nun brennen Sie doch, Herr Weiss! Wie soll denn die verdammte Blutung stehen, wenn Sie jedes Mal einschlafen, gerade wenn ich das Gefäß habe?“ Weiterhin lief kontinuierlich Blut durch den Sauger in das Abfallglas. Das war alles andere als regelrecht für eine solche Operation. Bekker konnte von seiner Position am Fußende nichts erkennen. Er gab Zerres, der sich anschicken wollte, den bisherigen Verlauf zu schildern, ein Zeichen, ging vorsichtig um den Operationstisch herum und stand nun hinter den Operateuren, bemüht, nicht aufzufallen, um die angespannte Atmosphäre nicht weiter aufzuheizen.

„Oh, Herr Bekker, wie schön, dass Sie sich zu uns verlaufen haben.“ Brücher hatte ihn natürlich aus den Augenwinkeln bemerkt und nutzte die Gelegenheit, mit einer sarkastischen Bemerkung von seinen eigenen Schwierigkeiten abzulenken.

„Tut mir leid, Herr Professor, ich wurde aufgehalten“, murmelte Bekker, „aber Herr Zerres hat mich tadellos vertreten. Von unserer Seite ist alles stabil.“ Er wollte fortfahren und dabei darauf hinweisen, dass der Patient ein enger Freund von ihm war, unterließ es dann aber, einer plötzlichen Regung gehorchend.

„Na dann ist ja alles bestens, wenn bei der Anästhesie alles stabil ist“, antwortete Brücher giftig. „Ach, übrigens, ist Ihr Chef eigentlich im Lande? Ich müsste ihn wegen der Kommissionssitzung übermorgen unbedingt sprechen.“ Das war glatt gelogen und lediglich ein weiteres Ablenkungsmanöver. Außerdem ein gezielter Hinweis, dass er, der große Meister der Neurochirurgie, hier im OP bei einem schwierigen Fall, überdies einem Privatpatienten, seine Pflicht tat, während der Chef der Anästhesie es nicht nötig hatte, persönlich zu erscheinen, sicher aber nicht vergessen würde, eine knackige Rechnung zu stellen.

Bekker war angeödet, wie immer bei solchen Spielchen, sagte aber nichts. Es war für ihn eine eiserne Regel, die er zeitlebens durchhalten wollte, niemals mit einem Operateur am OP-Tisch zu streiten, schon gar nicht, wenn die Situation so angespannt war wie hier. Deshalb sagte er lediglich,

„Mein Chef ist eigentlich immer da.“ Brücher antwortete nicht und starrte angestrengt auf das offengelegte Gehirn. Ein kreisrundes, etwa handtellergroßes Stück des Schädelknochens über dem Aneurysma war heraus gesägt worden, wodurch ein sehr guter Überblick auf das Operationsfeld entstand. An mehreren Stellen zeigten sich die Spuren der Blutstillung als schmale, schwarze Streifen, wo Gewebe durch die Hitze des Thermokauters verkocht war. Zwischen den Gehirnwindungen blutete es diffus, allerdings nicht in großer Menge. Bekker hielt genügend Abstand, um die Operateure nicht weiter zu irritieren und gleichzeitig genügend Überblick auf das OP-Feld zu behalten. Er spürte Erleichterung, denn die Blutung, so wie sie sich jetzt darstellte, war offenbar dabei zu sistieren. Brücher war ebenfalls Erleichterung anzumerken, denn er scherzte schon wieder mit dem OP-Personal, das er vor wenigen Minuten noch angeschrien hatte. Bekker kehrte zum Fußende des Patienten zurück, um mit dem ungeduldigen Zerres eine kurze Übergabe zu machen. Eigentlich war nicht viel zu berichten. Der Patient war die ganze Zeit mit Kreislauf- und Lungenfunktion stabil gewesen. Zerres hatte, als die Blutung einsetzte, rechtzeitig reagiert.

„Hauen Sie ab, auf ins Konzert“, sagte Bekker freundlich und schubste Zerres Richtung OP-Tür. Es tat ihm leid, dass sich alles so verzögert hatte.

„Tschüs, und gute Verrichtung“, sagte Zerres laut und war im selben Moment verschwunden. Bekker trat erneut hinter die Operateure. Das Operationsfeld war nun vollkommen trocken. Die Blutung stand. Brücher war von seinem Hocker aufgestanden und streifte die sterilen Latexhandschuhe ab. Ein Assistent seiner Klinik hatte inzwischen den Saal betreten, um mit dem Oberarzt die Operation zu Ende zu führen.

„Na ja, ist ja alles regelrecht verlaufen“, sagte Brücher gönnerhaft an Bekker gewendet. Dennoch schwang ein klein wenig Erleichterung in seiner Stimme mit.

„Gott sei Dank“, sagte Bekker mit deutlicher Emphase, sodass der andere die Stirn runzelte.

„Kennen sie den Patienten, Herr Bekker?“

„Ja, Herr Professor.“ Bekker war fast euphorisch. „Es ist mein bester Freund, noch aus alten Tagen. Wir sind bereits zusammen in die Schule gegangen. Eine Mordssportskanone, und jetzt so etwas. Jedenfalls vielen Dank!“ Am liebsten wäre er dem alten Kotzbrocken um den Hals gefallen, so froh war er. Der jungen Frau, die in seinem Zimmer wartete und die bestimmt auf glühenden Kohlen saß, würde er sofort die gute Nachricht übermitteln.

„Aha, Ihr Freund“, wieder dieses Gönnerhafte, „dann hab’ ich ja noch mal Glück gehabt. Mit dem Bekker-Clan will ich mich nicht anlegen. Also dann“, und an seine Mitarbeiter gewandt, „bitte noch mal das OP-Feld auf das Sorgfältigste prüfen, bevor Sie die Deckung machen. Ist der Knochendeckel da, Martha?“ Die Frage galt der instrumentierenden OP-Schwester, die nur ergeben nickte.

Natürlich war das ausgesägte Knochenteil wohlverwahrt. Vor einigen Jahren hätte man es erst in ein paar Wochen in einer zweiten Sitzung eingesetzt. Man fürchtete das Anschwellen des Gehirns als Folge des operativen Traumas, und dass es unter der starren Schädeldecke zu Quetschungen und Einklemmungen kommen könnte. Inzwischen wusste man aber, dass diese Schwellung durch die flüssigkeitsgefüllten Räume im Gehirn, die Ventrikel, kompensiert wurde, weshalb man den Schädel direkt verschloss und den Patienten so einen zweiten Eingriff ersparte.

„Also, vielen Dank zusammen“, Brücher hatte seine Eintragungen in das OP-Buch im Vorraum gemacht und war noch einmal kurz hereingekommen.

„Herr Bekker, wenn Sie die Leute so gut kennen, sprechen Sie vielleicht mit der Ehefrau. In ein paar Tagen ist ihr Mann wieder wie neu. Keine Kopfschmerzen mehr.“

Bekker ging in den Vorraum zum Telefon und wählte die Nummer seines Dienstzimmers.

„Ja?“ Eine zaghafte Stimme.

„Ich bin’s, Peter“, sagte Bekker, „mit Jürgen ist alles okay. Es hat lediglich ein bißchen geblutet, das kann vorkommen. Ich denke, dass wir in etwa dreißig Minuten mit ihm aus dem OP fahren. Er bleibt allerdings über Nacht beatmet. Man hat dann alles besser unter Kontrolle. Du kannst ihn nachher kurz sehen, ich ruf Dich noch mal an. Wir gehen dann zusammen auf die Intensivstation. Bleib solange am besten noch in meinem Zimmer. Also, stay cool, baby. Ich muss weitermachen, Bussi, bis gleich.“ Er hängte ein.

Das Hospital

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