Читать книгу Existenzielle Gewissheit und individuelle Beständigkeit - Bernardo Gut - Страница 18
Einleitung
ОглавлениеIm ersten Teil unserer Betrachtungen1 ging es um die Frage, ob es «objektive, apriorische Rechtsgesetze, d.h. rechtliche Urphänomene»2 gebe. Anknüpfend an Adolf Reinachs Habilitationsschrift Die apriorischen Grundlagen des bürgerlichen Rechtes (1913)3, ließ sich am Phänomen des Versprechens und dessen Implikationen aufzeigen, dass im dadurch eröffneten Bereich der Pflichten und Rechte relativer Natur in der Tat objektive, begriffsimmanente, aus dem Versprechen selbst sich herleitende Grundgesetze gelten. Hinsichtlich der Frage, ob entsprechende Urphänomene auch in absolutem Sinne auffindbar seien, ergab sich eine affirmative Antwort im Falle eines Versprechensadressaten, der darauf verzichtet, dass sein Anspruch von dem Versprochenhabenden erfüllt werde, wodurch er Letzteren von der eingegangenen Verpflichtung entbindet. Offen blieb jedoch, ob es nebst dem Verzichten – welches zumal als ein inhaltlich negatives formales Recht erscheint – noch andere absolute Rechte, namentlich auch solche positiven Inhaltes, gebe.
Dementsprechend schloss der genannte Aufsatz mit zwei Fragen:
(i) Gibt es absolute Rechte positiver inhaltlicher Sozialnatur?
(ii) Lassen sich aus dem Begriff der sich auf Individualität gründenden Persönlichkeit absolute Rechtsprinzipien herleiten, die den Eigentümlichkeiten der verschiedenen Rechtsgemeinschaften vorausgehen?
Um einzelne Aspekte dieser Fragen geht es in den folgenden Ausführungen. Ehe wir sie angehen können, müssen wir jedoch zuerst sowohl die Kennzeichen der Rechtssphäre als auch die damit korrelierten Wesensmerkmale der sie Konstituierenden und eo ipso darin Einbezogenen schärfer ins Auge fassen.