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Berlin Tempelhof

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Es war Nacht über der nördlichen Halbkugel. Ein fast sternenklarer Himmel. Nur in der Ferne schob sich eine bedrohlich wirkende schneeweiße Wolkenbank über den Horizont. Feine Ausläufer, wie Schleier wirkend, rahmten den heraufziehenden Vollmond ein. Der Raumhafen von Berlin war direkt an den Flughafen von Berlin Tempelhof angebaut worden. Eine Erweiterung des bestehenden großen Komplexes erhob den deutschen Raumhafen jetzt zum viertgrößten der Welt.

Edward Irving stand am Rande des Flugfeldes vor Hangar 7 und rauchte eine nikotinfreie Syntizigarre. Im Ohr hatte er den Minilautsprecher seines Multicom. Allerdings hörte er nicht die ankommenden geheimen Informationen ab, sondern er hörte gute, alte Popmusik der achtziger Jahre. Mit dieser Musik wuchs er auf und hatte sich bis heute, diese Liebhaberei bewahrt. Auf diese Musik hatte er als Jugendlicher getanzt und geliebt. Gerade kam ein seiner Lieblingssongs aus der Tonkonserve, "you don`t fool me" von Queen, als der Multicom auf die abhörsichere Prioritätsfrequenz umschaltete.

»General Irving, die A-012 ist planmäßig gestartet und die zuständige Abteilung wurde informiert.«

Der Song wurde wieder eingeblendet. Irving gab sich ein paar Minuten des Luxus hin, diese Musik zu genießen. Sein Blick schweifte hoch zum jetzt voll strahlenden Vollmond. Die Nachtluft war lau und doch fröstelte er bei dem Gedanken an den Trabanten. Der Mond. Er soll uns zu einer besseren Zukunft verhelfen? Viele Menschen mussten bereits sterben, um die weit gestreckten Ziele zu erreichen. Wir arbeiten so lange daran und sind schon auf der Zielgeraden!

Die letzten Takte waren verklungen, die Zigarre aufgeraucht und der Multicom meldete sich auch schon wieder. Die Luxusminute war vorüber. Zackig drehte er sich um und schritt schnellen Schrittes auf den Hangar zu. Dort er wurde bereits erwartet. Das Areal um Hangar 7 war ein Sicherheitsbereich des amerikanischen Geheimdienstes, zu dem nur wenige Personen Zutritt hatten. General Irving gehörte dazu. Als einer der ranghöchsten Offiziere hatte er alle Vollmachten und Sicherheitsstufen die ihm alle Einsichten in jegliche Geheimunterlagen gestatteten.

Zu welcher Gruppe von Geheimdienst dieser Bereich gehörte, wusste hier mit Sicherheit nur einer, General Irving. Dass dieser geheimnisumwitterte Mann ein unkalkulierbarer Machtfaktor war, sah man ihm auf den ersten Blick, nicht an. Seine Verbindungen reichten weit, sehr weit. Weiter als manchem Staatsmann lieb gewesen wäre.

Der Hangar 7 sah wie die anderen Gebäude von außen ziemlich unspektakulär aus. Die Sensoren in der Außenhülle des Hangars waren nicht zu sehen. Sie sondierten aber jede Person im Umkreis von 100 Metern. Als Irving die kleine Seitentür des Hangars erreichte, öffnete diese sich automatisch für einen kurzen Moment. Irving trat ein. Auch innen unterschied sich der Hangar nicht wesentlich zu den anderen, bis auf eine Kleinigkeit. Irving durchschritt den großen Raum, bis er in der Ecke hinter einem Stapel von Kisten mit undefinierbarem Inhalt stehen blieb. Es sah aus als schaute er auf seinen Chronometer, der eine Vielzahl an Funktionen aufwies. Er tippte auf der kleinen Tastatur einen Code ein und schon änderte sich seine Umgebung. Das Lichtbrechungsfeld wurde abgeschaltet. Vor ihm erschien eine Lifttür die vorher nicht zu sehen gewesen war. Ein zweiter Eingabecode und sie gingen auf. Im Inneren hatte man den Eindruck man befand sich in einer anderen Welt. Chromartig spiegelte er sich in der Kabine.

Du siehst eigentlich noch ganz gut aus für dein Alter. Er fuhr sich mit der Hand durch seine kurz geschnittenen, grauen Haare. Der Lift überwand in der Zwischenzeit einen Höhenunterschied von guten 200 Metern. Unten angekommen öffneten sich die Lifttüren geräuschlos. Zwei Wachposten salutierten, als der General den Lift verließ. Nach einem langen Gang und mehreren Sicherheitssperren betrat er die Zentrale. Ein Dutzend anwesender Offiziere und Zivilbedienstete verschiedenster Dienstränge und Staatenzugehörigkeiten salutierten.

»Weitermachen!« Seine dunkle Stimme war auch im letzten Winkel der Zentrale noch gut zu hören. Eine Offizierin eilte auf ihn zu.

»Major Monique Evens Sir. Sie werden von den Herren im Konferenzraum inzwischen erwartet.«

Wortlos betrat er den Raum. Der Konferenzraum hatte ein gediegenes Ambiente. Hier wurde an nichts gespart. Auf den dunklen Ledersesseln saßen etwa zehn Personen die ihn erwartungsvoll anblickten.

»Meine Damen und Herren.« Er ging zu dem in der Wand eingelassenen Podium und postierte sich hinter dem Rednerpult. »Ich möchte keine langen Reden schwingen. Sie sind mit der jetzigen Situation wohl vertraut. Nur ein paar kurze Informationen, die sich Ihrer Kenntnis bisher entzogen haben dürften. Wie Sie alle wissen.«

Es folgten detaillierte Anweisungen an die Anwesenden Bereichsleiter der verschiedensten Sektionen.

»... und damit wären wir auch schon am Ende des offiziellen Briefings, noch Fragen? Übrigens, Oberst Müller hat noch etwas für Sie vorbereitet. Sozusagen einen Almanach unserer bisherigen Aktivitäten. Ich denke unsere jährliche Motivationsstunde wird ihnen allen gut tun! Besonders unseren neuen Mitgliedern. Oberst, wie hieß es früher so schön? Film ab!«

Irving verließ den Tagungsraum lächelnd und suchte in seiner Brusttasche den Multicom.

Der Film war eher eine Dokumentation der ungewöhnlichen Art. Diese Chronologie konnte aus einem Roman stammen.

"Non nobis Domine, non nobis, sed nomini tuo da gloriam!" "Nicht uns, o Herr, nicht uns, sondern Deinem Namen gib Ehre!"

Der Vorspann blendete aus und der Moderator wurde eingeblendet, General Irving. Sein Abbild lächelte gewinnend. »Ich möchte ihnen erst einmal die Fakten unserer Organisation ins Gedächtnis rufen.

Unser Geheimbund hat eine sehr lange Tradition und er war es, der die Geschichte der Menschen zeichnete. Es begann schon im Jahre 1118. Als Hugo von Payens mit seinen Getreuen den Ritterorden gründete. Damals fingen wir an, die Geschicke der Menschheit in die richtigen Bahnen zu lenken. Nachdem wir 1129 von Papst Honorius II als Orden anerkannt wurden, entstanden unsere 72 Ordensregeln für die Kriegsmönche. 1131 machten wir aber einen großen Fehler. Als wir das angebotene Land von König Alfons I von Aragon ablehnten. 1139 erhielten wir dann von Papst Innozenz II vollkommene Autonomie. 1291 verloren wir dann in der Schlacht bei Akkon viele unserer geliebten Brüder, aber unsere Bankgeschäfte wuchsen weiter. Da wir 1304 König Philipp IV die Ehrenmitgliedschaft verweigerten, startete er 1307 eine große Strafaktion gegen uns. Das hatte so weit reichende Folgen, das unser Orden 1312 von Papst Clemens V aufgehoben wurde und unser Vermögen an die Johanniter verteilt wurde. Unser letzter Großmeister verfluchte noch im Jahr 1314 auf dem Scheiterhaufen den König und den Papst. Aber wir geben NIE auf. 1319 schafften wir als Ritter Christi in ganz Europa einen Neuanfang. Berühmte Persönlichkeiten gehörten zu uns. Vasco da Gama, König Heinrich und Christoph Kolumbus. 1398 begann dann Bruder Saint-Claire die Vereinigten Staaten zu erobern. Wir waren im Laufe der Jahrhunderte auf fast jedem Teil unserer geliebten Erde tätig.

Bei der Formulierung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung haben wir auch durch unsere Brüder, George Washington, Thomas Jefferson und Benjamin Franklin mitgewirkt. Unsere Ziele haben sich natürlich im Laufe der Zeit anpassen müssen. "Bestimme, ohne zu herrschen, lenke, ohne zu befehlen!" Unsere Gefolgschaft unterwanderten im Laufe der Zeit alle wichtigen Zentren der Macht. Angefangen von deutschen Fürstentümern, bis hin zu anderen Ritterorden, wie der Malteser. Dieser Schachzug garantierte uns diplomatische Immunitäten und unkontrollierbare Grenzüberschreitungen.

Wir waren somit auch Mitbegründer der CIA. Die Gründungsväter, Allan Dulles und William Donovan vom Malteserorden legten hier schon unsere zukünftigen Möglichkeiten fest. Wie oft die Geheimdienste dieser Welt in den Lauf der Geschichte eingriffen, ist bekannt. Von Vietnam bis Warschauer Pakt. Von Al-Kai-da bis weltweite Finanzgeschäfte. Die Fusionsgenerator Katastrophe im Jahr 2025 in Cadarache sollte allerdings etwas anders verlaufen. Viele Aktivitäten in jüngster Vergangenheit haben wir inzwischen aber ohne Fehlschläge vollbracht. Nun wollen wir die Fesseln unserer geliebten Erde lösen. Wir sind inzwischen, wie Sie wissen, auch auf dem Mond tätig. Unser nächstes Primärziel muss es nun sein, die Fusionstechnik unter unsere Kontrolle zu bringen. Denn Kernfusionen sind die entscheidenden Energiequellen im Universum. Alle Sterne funktionieren nach diesem Grundprinzip. Bei Fusionsreaktionen in der Todesphase eines Sterns werden die Atome geschaffen, aus denen auch unsere menschlichen Körper bestehen. Ohne sie gäbe es kein Leben im Universum.«

Diese "Hymne" kam, wie es schien, aus tiefsten Herzen des Moderators.

»Dabei kann uns das Helium3 gute Dienste leisten. Denn Helium3 ist der Brennstoff der Zukunft. Nur so kann es eine saubere Verbrennung mit hoher Effizienz geben. Da Helium3 auf der Erde kaum vorkommt, ist es momentan der wertvollste Rohstoff für die Erde. Weil wir eine Atmosphäre besitzen und die künstliche Herstellung sehr teuer und nur in Kernkraftwerken möglich ist, müssen wir uns diesen Rohstoff sichern. Eine Tonne des Materials hat momentan etwa vier Milliarden Euro wert. Unser Großmeister hat sich zum Ziel gesetzt, unseren Anteil daran zu erhalten!«

Ein Raunen ging durch den Saal.

»Das sollte uns doch einigen Anstrengungen Wert sein!« Fuhr der Moderator fort. »Eine Zehennmilliarden Menschheit, die in Wohlstand und Bequemlichkeit lebt, braucht mindestens 4000 bis 5000 Tonnen Helium3 pro Jahr. Die Raumfahrt wird wahrscheinlich selbst der Hauptabnehmer sein. Sie wird ungeheurere Mengen an Fusionstreibstoff für Triebwerke benötigen. Genau so wie wir!

Die Mondoberfläche enthält das Element Helium3, das es bei uns in verschwindend geringem Maße gibt. Seine Verwendung bei der Kernfusion wird dies zu der Energiequelle der Zukunft machen, die wir dringend brauchen. Mit den vorhandenen Vorräten auf dem Mond ließe sich unser Energiebedarf für die nächsten Jahrhunderte decken. Wir müssen, um unsere Position zu stärken, hier unbedingt tätig werden. Mitglieder des "Ordens der reinen Energie",« unbewusst hatte der General eine neue Ordensbezeichnung geprägt. »Euch ist hoffentlich bewusst, dass ihr euch hier auf historischem Boden befindet. Schon im Jahre 1250 war hier eine Zitadelle errichtet gewesen, Berlin Tempelhof, der Gutshof. Diese Zentrale diente auch als Umschlagsplatz für Finanzen, und wie sich unschwer erkennen lässt, kommt der Name von unseren vorangegangenen Glaubensbrüdern, den Templern. Gedenken wir den Toten.«

Die filmische Geschichtsstunde war beendet. Kurze Zeit war es sehr still.

»Wow, was für eine Datenflut.« Alle Teilnehmer der Runde schmunzelten über den ungewollten Versprecher von Oberst Müller. Jeder der Mitglieder des Energieordens war mehr den je der Überzeugung, auf der richtigen Seite zu stehen und das Richtige zu tun. Da die Bereichsleiter sich der jährlichen Motivationsveranstaltung hingaben, konnte Irving sich seinem Tagesgeschäft widmen.

»Major Evens, wie weit sind wir in der Sache Mallzoni? «

»Alles läuft nach Plan, Herr General.«

»Gut so, wunderbar. Bitte halten sie mich auf dem Laufenden.«

»Selbstverständlich.«

Major Evens drehte sich mit einem kurzen Kopfnicken um und ging an ihr Display. Irving schaute ihr hinterher. Gute Figur die Kleine. Die Uniform steht ihr wirklich gut!

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