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4.3. Augustinus von Hippo und die Ästhetik der Zahl

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Mit der Autorität des Augustinus verschob sich das Gewicht der patristischen Literatur in den Westen und erreichte an der Wende ins Mittelalter ihren Abschluss. In Augustinus spiegeln sich die zahlreichen Bezüge wider, welche die spätantike Zeit prägten.

Holl 1963, 35ff

Chapman 1939, 230

Geboren 354 als Sohn eines Heiden (der sich kurz vor seinem Tod noch taufen ließ) und der frommen Christin Monnica im nordafrikanischen Thagaste (heute Souq Ahras in Algerien), das unter römischer Verwaltung stand, war er hervorragend klassisch gebildet. In Karthago unterrichtete er Rhetorik und wurde durch Ciceros Werbeschrift für die Philosophie Hortensius sive de philosophia (45a) für die Philosophie entflammt. Man kann davon ausgehen, dass Augustinus auch mit der Kunst der Antike vertraut war. In seinem OEuvre taucht der antike Begriffsvorrat für das Bild verbreitet auf. Augustinus stand lange im Bann des Manichäismus, dessen Reiz einer klaren Weltordnung jedoch mit seiner Annäherung an den Neuplatonismus und nachfolgend an den Skeptizismus verblasste. 384 ging er nach Mailand und lernte in diversen Zirkeln den christlichen Platonismus in der Prägung des Neuplatonikers Plotin kennen. Der brillante Redner und Bischof Ambrosius, der dem Denken des Origenes nahe stand, beeindruckte ihn tief. 387 nahm der kaiserliche Hof in Konstantinopel das Toleranzedikt über die Arianer zurück, der Zeitgeist entschied sich für die christliche Orthodoxie. Im gleichen Jahr ließ sich Augustinus von Ambrosius taufen. 391 folgte die Priesterweihe und 396 war er Bischof in Hippo Regius unweit seiner Geburtsstadt, wo er 430 während der Belagerung der Stadt durch die Vandalen starb. Schon die Biographie packt dramatisch die damalige Zeit in ein Menschenleben, wie man es hätte nicht spannender erfinden können. Es mag diesen unruhigen Zeitläufen mit dem Höhepunkt des Goteneinfalls in Rom 410 und vielleicht auch seiner manichäischen Vergangenheit geschuldet sein, dass Augustinus die Utopie eines idealen Gottesstaates (Civitas Dei) entwarf. Es war ein demiurgisches Projekt der Neuerschaffung des Lebens nach den Gesetzen der Harmonie durch den höchsten Künstler Gott.

Die Philosophie des Augustinus spiegelt die verschiedenen Lehren der Zeit wider. In De musica, De vera religione, den Confessiones und in seinem verlorenen Werk De pulchro et apto entwickelte er auch Ansätze einer Ästhetik.

Tatarkiewicz 1980, 60f

Augustinus, De vera relig. 31,57; 32,60

Augustinus, Conf. 10,34

Beierwaltes 1975, 143

Augustinus, De vera relig. 32,60

Flasch 1980, 91

Beierwaltes 1975, 145

Augustinus, De lib. II,54

Tscholl 1967, 132ff

Dies im Rahmen einer – vermutlich wohl eine Fortentwicklung seiner frühen Einstellung zur sinnenfreudigen antiken Kunst – Reformulierung der Ontologie von Platon und Plotin in christlicher Terminologie. Wladyslaw Tatarkiewicz sah darin einen Gang von der heidnischen Kunst über die neuplatonische Schönheitskonzeption zur christlichen Theozentrik. Religiösen Bildern begegnete Augustinus allerdings mit Zurückhaltung. Denn jede Sinnlichkeit war für ihn das unvollkommene Erscheinen von Geistigem. Das Materielle sei ein Seinsmangel, das Hässliche ein Mangel an Schönem. Die primäre Schau des Schönen und Wahren gelinge nur durch den Geist. Jede Schönheit ist durch die höchste Schönheit – jene Gottes – gegeben. Schönheit ist demnach nicht eine Idee unter vielen, sondern »Prädikation eben dieses göttlichen Wesens selbst.« Nachahmung darf ausschließlich als das Zum-Erscheinen-Bringen der Spuren des (geistig) Schönen im Sinnlichen verstanden werden. Ein platonisch-neuplatonischer Teilhabegedanke legitimiert den schönen Gegenstand. Künstler schüfen diese Werke, indem sie die göttlichen Ideen in ihrer Seele nachahmten. Diese Ideen zeigten sich in einer Schönheit, wie sie sich im harmonischen Maß, in der Proportion, der Ähnlichkeit, der Einheit und Zahl ausdrückt. »Wenn Augustin von der Schönheit der sichtbaren Welt sprach, so meinte er nicht etwas, das alle ohnehin sehen können. Gemeint war – pythagoreisch, platonisch, plotinisch – die geistige Harmonie, die Zahlenhaftigkeit der Welt oder – stoisch – ihre teleologische Organisation.« Das ist nichts anderes als eine Adaption des platonischen Demiurgen. Es ging um eine innere Harmonie als Bedingung der äußeren Schönheit. Überall, wo Form, Maß und Ordnung vorhanden sind, ist Gott als Künstler am Werk. Der menschliche Künstler ist immer Analogie und Differenz zugleich zum artifex divinus.

Augustinus, De mus. 6,13,38

Augustinus, De lib. II,44

Kunstphilosophie und Ästhetik

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