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5.2.2. Die Basilika und das Mosaik

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II.2.5.f./II.3.2.6.2.

Basilika

III.3.3.2.3.

Partsch 2004, 44

Swift 1951, 22ff

Wurz 1906, 18ff

II.2.6.1.

Es wurde bereits auf die Ursprünge der basilikalen Form in Ägypten sowie auf die Gestaltung der Basilika als Bautyp der römischen Republik und Kaiserzeit, von wo sie für das Christentum übernommen wurde, hingewiesen. Die Diskussion um die Entstehung der Basilika in Rom oder im Nahen Osten scheint zugunsten des Orients entschieden. Die Säulenhalle im Karnak-Tempel ist bereits als basilikale Anlage zu begreifen. Sie hatte ein erhöhtes Mittelschiff mit Gitterfenstern, die das Licht in das Hauptschiff ließen, während die zahlreichen Seitenschiffe dunkel blieben. Ähnliches gilt für den Chons-Tempel und den Festtempel für Erneuerungsriten Thutmosis’ III. (Achmenu) in Karnak. Der Basilika liegt offenbar die Idee einer von Säulen gesäumten Prozessionsstraße zugrunde, die eine gewisse Hierarchie zwischen von der Sonne beleuchtetem Mittelweg, durch den der König schritt oder ein Heiligtum getragen wurde, und den dämmrigen niedrigeren Seitenschiffen aufwies.


236 Entschlafung Marias, Sta. Maria Maggiore; Rom

Langlotz 1950, 1249

Interessanterweise griffen überwiegend eschatologische und orientalische Kulte nach der Basilika als Kultraum, nicht die griechischen Kulte. Die Wahl der Basilika (basilike stoa) durch das Christentum legte sich schon durch ihre überwiegend profane Verwendung nahe. Sie war nicht wie der dem heidnischen Kult dienende Tempel belastet. Außerdem war sie zum Unterschied vom Tempel in erster Linie »Innenraum« und für den christlichen Kult daher besonders geeignet.

Grossmann 1998

Diefenbach 2007, 97

Es scheint Konstantin selbst gewesen zu sein, der (nach dem Sieg an der Milvischen Brücke) an der Stelle der Kaserne von Maxentius’ Elitetruppen mit dem Bau der Lateranskirche den Typus der Basilika zum Vorbild für einen größeren Versammlungsort für die ecclesia (die Versammlung der Getauften) nahm. Er wählte allerdings nicht die Form der römischen Marktbasilika (Maxentius-Basilika), sondern jene der östlichen Langhausbasilika. Eine solche Form (mehrschiffig mit erhöhtem Mittelschiff und Apsis) hatte etwa die severische Basilika in Leptis Magna. Entgegen einer einige Zeit vertretenen Theorie von einer autochthonen christlichen Entwicklung der Basilika oder deren unmittelbarer Ableitung aus den Hauskirchen, dürfte sich der Kultraum auf die Übernahme des paganen Bauwerks zurückführen lassen. Ob einige Teile, wie das Querschiff, als kreative Eigenheit der christlichen Basilika gelten mögen, muss den Forschungen der Kunstwissenschaftlerinnen überlassen bleiben. Dass sich die Christen nun doch zu einem repräsentativen Kultraum, der anfangs zumeist ein Memorialbau des Märtyrers war, entschlossen, mag theologisch mit dem Ausbleiben der Wiederkunft des Messias zu tun haben. Vor allem aber hing diese Entscheidung mit der öffentlichen Anerkennung des Christentums zusammen. Basiliken aus dem 3. Jh. sind schon aus solchen Erwägungen unwahrscheinlich, wenngleich in Einzelfällen kleinere Kultbauten in basilikalem Stil nicht ausgeschlossen werden können. Insbesondere in Ägypten, wo eine breitere Christianisierung bereits vor der Wende durch Konstantin begonnen hatte, gibt es einige wenige, nicht unumstrittene Funde. Damit gehört auch die Entwicklung der Basilika in den Kontext der konstantinischen Wende. »Die Einführung dieses monumentalen Bautyps in seinen unterschiedlichen Formen geht auf ihn zurück.« Der Kaiser errichtete dem neuen Christengott mit großem Engagement und finanziellem Einsatz kaiserliche Repräsentativbauten, einen kaiserlichen Thronsaal, einen heiligen Palast.

Janes 1998, 52

Krautheimer 1967, 129

Die Basilika wurde zum Zeichen der neuen Legitimität des Kaisers. »Der als vicarius Christi wissende Monarch gibt durch diese seine Baukunst seinen Willen kund und bringt seine durch Christus begründete Autorität zum Ausdruck.«

Gerke 1967, 61

Mit dieser Entwicklung einher ging die prunkvolle Erneuerung der Liturgie nach dem Vorbild des höfischen Zeremoniells, aber auch die zunehmende Aufwertung des vorher privaten Kults. Er wurde eine Sache des Kaisers und des Staates. Die Kultform der christlichen Religion wurde letztlich im 4. Jh. dadurch geprägt, dass die römischen Kaiser in Konstantinopel die Sache dieser Religion zu ihrer eigenen und damit zu einer des Reichs machten.

4.2.

Sauser 1966, 416

3.3.

Unabhängig von dieser politischen Dimension ließ die Liturgie in der Basilika eine antiarianische Pointierung zu (auch wenn arianische Christen ebenfalls Basiliken kannten). Die Arianer deuteten die Gottessohnschaft als Unterordnung des Sohnes unter den Vater. Demgegenüber wurde in orthodoxer Leseart auf die Präsenz des Vaters im Sohn Wert gelegt. »Durch ihn und mit ihm und in ihm« sei der Vater in Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist. An einer solchen theologischen Interpretation wurde die schlichte Feier eines Erinnerungsmahles zu einem Königsempfang: »Die Königshalle, die Basilika, wird zum Schauplatz dieses Hofzeremoniells, und immer wieder wird der liturgische Raum einem Thronsaal angeglichen […].« Der Kyriostitel für Christus verlangte geradezu nach diesem Bau und der Triumph über den alten heidnischen Kaiser konnte nach dieser Neuinterpretation gar nicht größer sein.


237/238 Hagia Sophia, Mosaik Maria zwischen Johannes II. und Irene; Christus zwischen Konstantin IV. und Zoe

Durliat 1983, 305

Rotman 1987, 22

Das bedeutet, dass eine arme jüdische Sekte, die das Diesseits weitgehend verachtete, nun in Gold und Edelsteinen funkelnde Kirchen errichtete. In der Tat wurde Gold zu einem wichtigen Material in der Kunst, bis in der Romanik weniger wertvolle Materialien wie Kupferlegierungen das Gold wieder ablösten. »Das Gold drang in die christlichen Sanktuarien ein, um dem Kultus einen Glanz zu verleihen, der zumindest dem höfischen gleichkam. Gold wurde daher eng mit Gott verbunden. In der Sicht des Mittelalters gilt es als materialisiertes Licht und damit als direkter Abglanz Gottes. […] Edelsteine und Email waren ihm als farbige Komponenten untergeordnet, um zusammen mit dem Gold – entsprechend den Edelsteinen des himmlischen Jerusalem – der Schöpfung den ›Glanz des Wahren‹ zu verleihen.« Gold repräsentierte das Göttliche: »gold as intrinsically beautiful, changeless, precious, immutable serves as the perfect icon of God who is beautiful, changeless and so on.«

Janes 1998, 165

Ebd., 146

V.6.2.4.

Diesem Widerspruch hat Dominic Janes eine aufschlussreiche Studie gewidmet, aus der sich zwei Ergebnisse festhalten lassen: Einmal zeigt sich auch in dieser Problematik eine Umcodierung, diesmal die Übernahme der antiken Prachtentfaltung der paganen Götterkulte durch eine zu Selbstbewusstsein erwachte junge Kirche. Zum anderen ließ sich der Reichtum nur rechtfertigen durch symbolische Interpretation, durch Allegorese und durch Anwendung der neuplatonischen Anagogie. Zahlreiche Bibelstellen, die Gold, Silber und Edelsteine preisen, erfuhren eine umfangreiche Exegese durch die Kirchenväter: »Gold, through is brilliance, appeared almost to escape from the dullness of everyday matter.« Trotz alledem blieben einige sehr kritisch gegenüber solcher Schmuckausstattung, wie Gregor von Nazianz oder Bernhard von Clairvaux.


239/240 Basilika A (Hl. Kreuz-Kirche) mit Bema; Rusafa, Syrien

Die Basilika ist eine Entwicklung, die von oströmischen Kaisern angestoßen und fortgeführt wurde, aber in der reinen axialen Form hatte sie vor allem im Westen ihre große Karriere. Sie basierte hier auf der römischen Betonung der Achse. Demgegenüber tauchte im Osten bald eine Tendenz zum Zentralbau auf. Die Basilika wurde in vielen Variationen realisiert, aber ihre Grundstruktur blieb über weite Strecken ähnlich. Sie umfasste ein (meist überhöhtes und mit Obergaden ausgestattetes – im byzantinischen Bereich meist noch durch Emporen ergänztes) Hauptschiff mit zwei (oder mehreren) durch Säulenreihen abgetrennten Seitenschiffen. Ob sich die Gläubigen – geteilt in Männer und Frauen – nur in den Seitenschiffen oder auch im Mittelschiff aufhalten durften, ist unklar. Östlich schließt sich die Apsis an, in der ursprünglich Tribunal und Richterstuhl oder das Kaiserbild standen.

Ignatius v. Antiochien, zit. nach Gerke 1967, 63


241 Die kleine Apsis von S. Maria delle Grazie mit sedes episcopalis (5./6. Jh.); Grado

6.2.3.

Brenk 2010; Ihm 1992

Gerke 1967, 85

In der christlichen Basilika war die in der Regel erhöhte (ursprünglich westliche, seit dem 4. Jh. östliche) Apsis Ort des sedes episcopalis, des Throns des Bischofs, der wie »Christus im Kranze seiner Apostel« im Kreis seiner Priester saß. In den nordafrikanischen Basiliken gab es ein erhöhtes Podium für die Priester im Hauptraum (Bema) und es gab eine gegenüberliegende zweite Apsis als Ort der Märtyrerverehrung. Das Bildprogramm der Apsis unterstrich das dogmatische Lehrgebäude und die christologischen Spekulationen. Vor der Apsis stand der Altar mit dem Ziborium (der Baldachin über dem Thron dürfte aus Asien stammen), mit einer Abschrankung (templon) vom Kirchenraum getrennt. Dazu kam zwischen Langhaus und Apsis, anfänglich nur in Ausnahmen, später als Regel, ein Querhaus. Das Querhaus ließ sich als Bereich zwischen Himmel (Apsis) und dem Weg des Gläubigen zum Mysterium oder zur Taufe deuten.

V.5.4.1.

An der Westseite stand eine Vorhalle (Narthex), davor bei größeren Anlagen ein Hof (Atrium) mit Reinigungsbrunnen und mit diversen, an den römischen Städtebau erinnernden Torkompositionen. Der Westbau wurde in karolingischer Zeit zum Westwerk weiterentwickelt, das im romanischen Kirchenbau eine dominante Stellung einnahm. Gedeckt war die Basilika mit einer flachen Holzdecke oder einem Tonnengewölbe. Ein zwar abgewandeltes, aber immer noch vollständigeres Ensemble als an den meisten anderen Orten hat sich in Poreç in Istrien erhalten.

Milburn 1988, 196f

Mazal 1989, 154f

Kemp 1994, 50

Natürlich gab es Abwandlungen von dieser Grundform. Es gab Basiliken, in denen die Seitenschiffe um die Apsis herumgeführt wurden (Sant’ Agnese, San Lorenzo fuori le mura in Rom). Diese in der Romanik aufgenommene Praxis ließ auch im Langhaus einen Zentralbau zu. »Die längsgerichtete Halle, der Weg- und Wandlungsraum, die Passage verbindet sich mit dem Martyrium und Sanktuarium, dem Zentralort, dem Raum der Stasis und Konzentration.«


242 Mosaik, Sta. Prassede (5. Jh.); Rom

Deckers 2007, 67

Kemp 1994, 51

Die Ausschmückung im 4. und 5. Jh. folgte in der Regel gemäß dem öffentlich gewordenen Christentum einem bestimmten Programm. Auch für die drei Grundthemen der Basilika gab es im heidnischen Bereich Vorbilder. »Hier wie dort nimmt das Thema der Seitenwände die Bewegung des realen Besuchers auf, die Huldigungsszene an der Hauptwand läßt ihn innehalten, und das Bild in der Apsis […] gewährt ihm den Blick auf das göttliche Wesen des Herrschers.« Der Himmel trug Darstellungen der zeitlosen überirdischen Welt, in der Regel den Pantokrator oder die Gottesmutter. In den Tromben, Kreuztonnen oder den oberen Wandfeldern fanden sich Zyklen, die auf der Liturgie basierten, aus dem Leben Christi oder Marias. Nischen, Bögen und Pfeiler wurden mit dem Chor der Heiligen in gewöhnlich strenger Anordnung ausgestaltet, die Langhauswände trugen Szenen des Alten und Neuen Testaments. Sie zeigten Linearität, Sukzession und Welthaltigkeit, während sich im Zentralraum Verdichtung, Musterhaftigkeit und Statik fanden. Die Westwand – ursprünglich manchmal eine zweite Apsis – trug später Szenen des Jüngsten Gerichts.


243 »Basilika« in Trier; Audienzhalle der röm. Kaiser (um 310p)

Zum Prototyp der Basilika wurde die bereits erwähnte erste römische Prachtkirche (um 320), die fünfschiffige Salvatorkirche im Lateran (heute: San Giovanni im Lateran), die größer als die Maxentiusbasilika sein musste. Konstantin nahm sie nach seinem Sieg über Maxentius als Danksagung an den »Retter Christus« (Salvator) als Sitz des Bischofs von Rom in Angriff. Er gab der Basilika eine kreuzförmige Querachse, ein Kapitel in der Umcodierung des römischen Ordnungslogos in das christliche Heilszeichen. Die Rekonstruktion der Uranlage gestaltet sich nach den Veränderungen durch Francesco Borromini um 1650 mühsam.

Nach ihrem Vorbild wurden die folgenden Kaiserbasiliken der Apostelfürsten, aber auch andere provinzialrömische Basiliken wie jene von Trier (nach 325) entworfen. Die Hallenbasilika diente als Thronsaal. Er ist mit knapp 70 Metern Länge und 33 Metern Höhe die größte Halle, die aus römischer Zeit tadellos erhalten ist. Sie ist das Zentrum einer einstmals großen Palast- und Thermenanlage mit Amphitheater und Rennbahn für Wagenrennen.

Bauer 2006


244 »Basilika« in Trier (um 310p)

Um 319 begann der Bau von Alt Sankt-Peter auf dem vatikanischen Hügel in Rom über dem Grab, das man für jenes des Petrus hielt (eine Verehrung dort lässt sich seit dem 2. Jh. nachweisen). An diesem Bau gab es nach einer Rekonstruktion von Richard Krautheimer vermutlich erstmals ein Querschiff zwischen Längsschiff und Apsis.

V.3.4.2.1.

328 wurde in Jerusalem eine fünfschiffige Basilika mit Vorhof für die Pilger und einem überkuppelten Rundbau über dem Jesusgrab errichtet. In Bethlehem entstand 333 die Geburtskirche, ebenfalls als fünfschiffige Basilika mit Atrium und achteckigem Zentralbau. An einem ausgezeichneten Ort wurde sie Vorbild für viele weitere christliche Kirchen, aber auch für islamische Märtyrergräber und Moscheen – als Erstes für den Felsendom in Jerusalem. In Salamis auf Zypern gibt es sieben, in Karthago sogar neun Schiffe. Die Schiffe waren durch Säulenreihen getrennt, auf denen im Westen eher ein Architrav lag, im Orient bevorzugt Arkaden.

Deichmann 1950, 1255f

Deckers 2007, 59

Onasch 1993, 24

Die Frage nach den Ursachen für mehrere Kirchenschiffe ist kaum nur mit konstruktiven Gründen zu beantworten. Schon in den Mithräen fanden sich mehrschiffige Vorbilder aus liturgischen Gründen. Neben liturgischen Nutzungen liegt der Gedanke, im Mittelschiff gegenüber den dunkleren Seitenschiffen eine »lichtdurchflutete Säulenstraße«, eine »Lichtstraße«, wiederzufinden, nicht fern. Mit dem Bild der Straße ist das Abschreiten von einem Anfang zu einem Ziel verbunden, was sich unschwer mit theologischer Symbolik aufladen ließ.

Ohly 1977, 212

Die Basilika bot gleichsam den Weg, auf dem die Gläubigen der Erneuerung des Bundes mit dem Herrn entgegen schritten. Am Ende eines abzuarbeitenden Weges zeigt sich das Geheimnis der Eucharistie als wiederholbares Erinnerungsgeschehen einer historisch einmaligen Erlösungstat. Erinnerung, die zugleich zuversichtliche Hoffnung auf endgültige Einlösung am Ende der Geschichte bedeutete. Wenn man durch die methodische Brille einer heilsgeschichtlichen Memoria-Forschung auf den Langbau blickt, kann man – hier am Beispiel des Doms von Siena – folgende originelle Deutung anwenden: »Das Langhaus gehört den Heiden der Antike, das Querhaus und der Chor den Juden des Alten Testamentes, die dem christlichen Mysterium des Altarraums näherstehen.« Wer daher vom Eingang bis zum Altar geht, dessen Füße haben »tausend Jahre und mehr durchmessen.«

Pevsner 1943, 20

Nikolaus Pevsner verweist auf die großartige Theatralik dieses Raumes, der für den christlichen Kult geradezu wie geschaffen erscheint: »In S. Apollinare Nuovo schreiten, in Mosaik gebildet, die Gestalten von Märtyrern und heiligen Jungfrauen in ihren starren Gewändern neben uns her, unbewegten Antlitzes, schweigend und feierlich. Ein Rhythmus, dessen Monotonie unser Bewußtsein magisch gefangen hält, erfüllt den gesamten Raum, und nirgends erklingt ein zweites Thema, das die strenge Geradlinigkeit des Leitmotives beeinträchtigen könnte.«

Eine analoge Anordnung, aber an der Stirnwand über der Apsis (die durch die Darstellung einer Muttergottes mit Christuskind besetzt ist), kennt die Eufrasius-Basilika in Poreč. Bischof Eufrasius ließ sie um 550 errichten und dazu die Kapitelle aus Konstantinopel holen.

Stanzl 1979

Verzone 1967, 81

Gerke 1967, 153 6.2.1.

Die lineare Ausrichtung hatten weder der Tempel, der ein Prachtbau, aber kein Versammlungsraum war, und schon gar nicht der Rundbau. Diesem kam eine in sich ruhende Sakralität zu, die Totalität des antiken, sich selbst genügenden Kosmosdenkens. Dieser Gedanke setzte sich in Byzanz erst unter dem Einfluss des Platonismus durch. Im Osten sollte die Gottesbegegnung (Henosis) weniger in der »Mühe« eines abzuarbeitenden Weges (einer Geschichte) als vielmehr im Sich-Verschließen des Raumes im Kreis und in der Kugel und in der Auflösung des Mysteriums in der (augenblickshaften) Gnade der Schau gelingen. Die sich in der Architektur seit dem 6. Jh. durchsetzende Verbindung von überkuppeltem Zentralbau und längsgerichteter Basilika könnte man als eine Verbindung platonisch-neuplatonischer Philosophie mit der Entdeckung der Geschichte als christlicher Heilsgeschichte interpretieren. Besonders einmalig wurde dies zur Zeit Kaiser Zenos in der kreuzförmig angelegten Kathedralkirche des Styliten Simeon bei Aleppo umgesetzt.

So wie auch im Zentralbau das Licht ein wichtiger Faktor war, erschien Christus in der Erzählung einer Basilika als Sol Invictus, als unbesiegte Sonne, deren Aufgang im Osten erwartet wurde. Damit spielte die Lichtmystik bald eine Rolle auch beim Bau der Basilika. In der frühchristlichen Kirche gelang die Begegnung mit dem Absoluten nicht durch eine gegenständliche mimetische Abbildung, sondern im schauenden Mit-Vollzug eines heiligen Geschehens. Die Basilika musste derart jene anagogische Funktion erfüllen.

Mosaik


245 Marienkrönung, Mosaik, Sta. Maria Maggiore (5. Jh.); Rom

Lafontaine-Dosogne Jacqueline in Volbach/Lafontaine-Dosogne 1968, 34

Dazu wurde nicht zuletzt das Mosaik eingesetzt. Böden, Wand- und Deckenflächen waren mit Mosaiken bedeckt. Die Mosaiken sind einer der Höhepunkte spätantiker Kunst, die man auch für Villen, Paläste, Bäder einsetzte. Schließlich fand in ihnen »das triumphierende Christentum das ihm gemäße Ausdrucksmittel.« Sie gehen auf konstantinische Zeit zurück und gelangten in der Zeit des Theodosius, im Umfeld Theoderichs und dann in der justinianischen Reichskunst zu größter Blüte. Als ältestes byzantinisches Mosaik mit noch paganem Formenrepertoire gilt jenes des Mausoleums der Constantia in Rom. Die byzantinischen Mosaizisten waren überall begehrte Fachleute. Erste Mosaiken gab es in Mesopotamien, zur hohen Kunst entwickelt haben es die Römer. Nach diversen Vorläufern bereits in Sumer fand man in der phrygischen Stadt Gordion aus dem 8. und 7. Jh. erste mit Kiesel gelegte Ornamente. Die schönsten Beispiele von aus unterschiedlich gefärbten Kieselsteinen gelegten Kieselmosaiken aus dem 5. Jh. blieben in der Hauptstadt Makedoniens, Pella, und der nordgriechischen Stadt Olynthos erhalten.

II.1.2.2.1.2./III.3.3.3.

L’Orange/Nordhagen 1960, 39

Andreae 2003, 16–25

James 1996, 2, 5

Demus 1947, 10

Die Steinchen, welche die Kieselsteine im Lauf des 3. Jh.s ablösten, hießen tesserae. Sie konnten aus Marmor, Terrakotta oder Glasfluss bestehen. Je kleiner sie waren, desto feinere und differenziertere Mosaike ließen sich legen. In Byzanz war Glas das Material der Wahl. Trotz dieser kleinen »Bauteilchen« hat Liz James Recht, wenn sie beim Mosaik von einer Monumentalkunst spricht und die Mosaikkunst mit einem Malen mit dem Licht vergleicht. Das ist insofern eine zutreffende Bezeichnung, weil der Reiz des Materials dazukam. Anders als die erdigen Farben und das Holz bei der Ikonenmalerei, ist das Glas geradezu ein Anti-Material. »It allowed of pure and radiant colours whose substance had gone through the purifying element of fire and which seemed most apt to represent the unearthly splendour of the divine prototypes.« Die gekrümmten Flächen, die Unebenheiten des Verputzes ermöglichten ein offensives Umgehen mit den Lichtbrechungen, also ein ausdrückliches und ins Dreidimensionale weisende Gestalten einer Lichtkunst.

Andreae 2003, 41

Ghalia Taher in Kat. 2010, 273–278

Partsch 2004, 50

Janes 1998, 109ff

Koch 1995, 88

Wenzel 1995, 99

Kraus 1967, 138

Abels 1985, 46

Die Wiege des christlichen Grabmosaiks war Nordafrika. Berühmt für die Tesseramosaiken waren seit dem 3. Jh. Alexandrien und Pergamon. Während Alexandrien ein Anteil an der »Erfindung« des Tesseramosaiks zukommen dürfte, scheint Pergamon Anteil »an der Weiterentwicklung der neuen Technik gehabt haben.« Verwendung fand das Zeichenrepertoire der Kirchenväter, insbesondere jenes des Augustinus. Die Wandmosaike, die erst im 3. Jh. (etwa ein Wandmosaik in einem Mithräum dieser Zeit in Ostia) aufkamen – in aller Regel aus Glassteinen –, lösten mehr und mehr die Fußbodenmosaike ab. Die Steinchen brachten ein erhebliches Gewicht in die Kuppeln und Deckenbereiche. Die Hagia Sophia betreffend geistert die Zahl von etwa 1000 Tonnen durch die Literatur. Eine spätantike Erfindung ist das Einschmelzen von Gold in die Glassteine. Es führte zu den glänzenden, ikonenhaft wirkenden Hintergründen. Gold wird zum »Abglanz der göttlichen Aura.« Der Goldhintergrund ist die große Alternative zur Perspektive in der Florentiner Renaissance. »Wo der Goldhintergrund an die Stelle des farbigen Hintergrundes tritt, wird jede Räumlichkeit vollkommen entwertet und aufgehoben.« Es tritt ein geistiger Raum an die Stelle des weltlichen. »Das Bild der Welt in seiner materiellen Dinglichkeit zerbricht im Glasmosaik. Im Reflexspiel von Licht, Gold und Glas spiegelt sich eine vergeistigte und entrückte Hierarchie der religiösen und politischen Doktrin.«

Onasch 1967, 33

L’Orange/Nordhagen 1960, 15f

Kunstphilosophisch kam ihnen die Funktion zu, die dunkle Materie durch den Glanz des Lichtes, das durch die Obergadenfenster des überhöhten Mittelschiffs in den Raum fließt, in den Geist aufzulösen, »den realen Raum zu entwirklichen und den transrealen Raum zu verwirklichen.« Tageslicht wie Kerzen und Fackeln »verwandeln sich in den Mosaiken in ein übernatürliches Licht, indem es in Tausenden einzelner Lichtblitze gebrochen und zurückgeworfen wird. Der Goldgrund hinter den Figuren wird […] zu einer lebendigen Gloriole um die heiligen Erscheinungen und Bauten.«

Gerke 1967, 161

Janes 1998, 74

Der Goldhintergrund brachte eine sakramentale Wirklichkeit in den Raum. Gold hatte schon in der Antike die Symbolik des Himmlischen und galt nicht einfach als Luxus. Der philosophische Hintergrund der Bedeutung des Glanzes ist an vielen Stellen dokumentiert. Der ravennatische Historiker Andrea Agnello beschrieb in seinem Liber Pontificalis ecclesiae Ravennatis die Lichtwirkung der Mosaiken: »Entweder das Licht ist hier geboren oder, hier eingefangen, herrscht es frei.« Der Pantokrator in der Apsis der Kathedrale von Cefalù hält das Evangelienbuch in seiner Hand, wo griechisch und lateinisch der Satz aus Joh 8,12 steht: »Ich bin das Licht der Welt«.


246 Apsismosaik in San Paolo fuori le Mura (13. Jh.); Rom

Kunstphilosophie und Ästhetik

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