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d) Grenzen der Rückforderung
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Der Verpflichtung zur Rückforderung unionsrechtswidriger Beihilfen sind nur wenige Grenzen gesetzt. Gem. Art. 16 Abs. 1 S. 2 BeihVerfVO verlangt die Kommission die Rückforderung der Beihilfe dann nicht, wenn dies gegen allgemeine Grundsätze des Unionsrechts verstoßen würde. Auch nationale Gerichte müssen allgemeine Unionsgrundsätze in Rückforderungsverfahren berücksichtigen. Einziger bislang durch den EuGH (Urt. v. 27.6.2000, C-404/97 – EPAC –, Rn. 52 f.) anerkannter Unionsgrundsatz ist die objektive Unmöglichkeit der Rückforderung. Eine rein rechtliche Unmöglichkeit der Rückforderung genügt hingegen nicht. Auch die wirtschaftliche Unmöglichkeit, bspw. wegen Insolvenz des Beihilfeempfängers, steht der Rückforderung grundsätzlich nicht entgegen. Von einer absoluten Unmöglichkeit ist aber etwa dann auszugehen, wenn bereits die Liquidation des Vermögens des Beihilfeempfängers erfolgt ist. Neben dem Grundsatz der Unmöglichkeit kommt der Grundsatz des → Vertrauensschutzes als Rückforderungsgrenze allenfalls dann in Betracht, wenn das Vertrauen des Mitgliedstaates auf die Rechtmäßigkeit der Beihilfe durch eine unanfechtbare Entscheidung der Kommission begründet ist. Das Vertrauen des Beihilfeempfängers spielt als Grenze der Rückforderung keine Rolle. Von diesem wird vielmehr verlangt, dass er nach Maßstab eines gewissenhaften Gewerbetreibenden vor der Gewährung der Beihilfe bei der Kommission bezüglich deren Rechtmäßigkeit Erkundigungen einholt. Es verdient zudem keinen Vertrauensschutz, dass der Beihilfeempfänger einen ihm vom Staat ohne wirtschaftlich entsprechende Gegenleistung erbrachten Vorteil behalten darf. In zeitlicher Hinsicht sieht Art. 17 Abs. 1 BeihVerfVO für Rückforderungsbeschlüsse der Kommission eine Verjährungsfrist von zehn Jahren vor, beginnend mit der Gewährung der rechtswidrigen Beihilfe.
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Nationale Behörden und Gerichte sind allerdings dann nicht zu einer Rückforderung bzw. zu einer entsprechenden Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Durchführungsverbot verpflichtet, wenn zwischenzeitlich durch Kommissionsbeschluss die materielle Rechtmäßigkeit der Beihilfe bestätigt wurde. In diesem Falle zwingt die bloß formelle Rechtswidrigkeit nicht zur Rückforderung durch nationale Gerichte, wobei Zinsen für die verfrüht gewährte Beihilfe allerdings zu fordern sind.