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b) Ausgang der Angriffe vom Zielstaat
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Es wird vertreten, dass es für das Auslösen der Beistandsverpflichtung des EU-Vertrags keinen Unterschied ausmache, ob ein Angriff von außen komme und mithin grenzüberschreitend sei oder vom Territorium des Zielstaates ausgehe, solange er nur einem Staat zugerechnet werden könne. Die zuvor dargelegten Bündnisklauseln beziehen sich alle auf das in Art. 51 UN-Charta anerkannte naturgegebene Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung, das „im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen“ durch die Charta nicht beeinträchtigt wird. Dieses Recht ist in den zwischenstaatlichen Beziehungen nur im Fall eines Angriffs von außen gegeben, wie auch die Aggressionsdefinition der Generalversammlung der UN (GA/RES/3314) vom 14.12.1974 zeigt. Diese rechtliche Einschätzung verdichtet sich gerade vor dem Hintergrund der rechtlich unverbindlichen Entschließung der UN-Generalversammlung mit der Einführung des gleichlautenden Aggressionsverbrechens im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) und im deutschen Völkerstrafgesetzbuch zu einer rechtlich verbindlichen Norm des Strafrechts auf der Ebene des Völkerrechts und des nationalen Rechts.
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Alle Bündnisklauseln benutzen den Wortlaut „bewaffneter Angriff“, die EU-Beistandsklausel formuliert „Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates“; dabei wird ein bewaffneter Angriff gegen einen Mitgliedstaat oder „auf das Hoheitsgebiet“ durch einen anderen Staat von außen kommen. Ein bewaffneter Angriff gegen Frankreich lag also aus rechtlicher Sicht im Fall der Anschläge von Paris trotz gegenteiliger politischer Äußerungen schon deshalb nicht vor, weil er von französischem Territorium ausging und nicht von außen kam.