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Karl der Große und die Sachsen
ОглавлениеWährend dieser Phase der organisatorischen Festigung der fränkischen Kirche begannen auch die schwersten kriegerischen Auseinandersetzungen des Frankenreichs im 8. Jahrhundert, die Kriege gegen die (heidnischen) Sachsen. Nach etlichen kleineren Übergriffen und Scharmützeln demonstrierte Karl d. Gr. (768–814) die fränkische Macht: Er drang tief ins sächsische Gebiet vor und zerstörte mit der Irminsul das zentrale Heiligtum des sächsischen Stammes der Engern (772). Sicherlich ging es für Karl dabei um eine militärische, aber auch göttliche Machtdemonstration: die Macht Gottes erwies sich – wie für Chlodwig – im kriegerischen Erfolg seiner Anhänger. Die kriegerischen Auseinandersetzungen zogen sich mit wechselndem Erfolg bis 804 hin. Die Reichsannalen berichten, Karl habe die Sachsen entweder unterwerfen oder vollständig ausrotten wollen. Zu einer Wende kam es 785, als der sächsische Heerführer Widukind kapitulierte und sich taufen ließ. Bei der Feier in Attigny fungierte Karl als Taufpate und begründete so eine geistliche Verwandtschaft mit dem Sachsen.
Sachsengesetze Karls d. Gr.
Schon 782 hatte Karl ein Gesetz erlassen, mit dem Sachsen unterworfen und mit der Androhung von Gewalt christianisiert werden sollte, die Capitulatio de partibus Saxoniae. Die Todesstrafe war darin nicht nur für die Verweigerung der Taufe vorgesehen, sondern beispielsweise auch für die Verweigerung des Zehnten oder die Nichteinhaltung des Fastens. Freilich wurden diese Bestimmungen bereits 787 teilweise wieder zurückgenommen. mit Schon während der Kriegszüge Karls wurden Missionsstationen eingerichtet, die freilich teilweise wieder von den Sachsen zerstört wurden. Als die Kriege zu Beginn des 9. Jahrhunderts zu Ende gingen, wurde eine sächsische Bistumsstruktur errichtet: die Kaiserpfalz Paderborn, sowie Münster, Osnabrück und Minden, später auch Verden, Halberstadt und Hamburg wurden zu Bischofssitzen. Neu gegründete Klöster sollten die kirchliche Struktur stützen und zur Verwurzelung des Christentums beitragen, so etwa Werden an der Ruhr und Corvey. Um die Verbindung dieser jungen Bischofs- und Klosterkirchen zu den älteren fränkischen Kirchen herzustellen, verbrachte man zahlreiche Reliquien nach Sachsen und schuf so eine neuartige Sakraltopographie.
In der Forschung wurde das Vorgehen Karls als „Schwert-“ oder „Gewaltmission“ bezeichnet, was insofern richtig ist, als der christliche Glaube hier mit großer Brutalität durchgesetzt wurde. Doch sind in eine Bewertung auch die andauernden Grenzkonflikte und die Herrschaftslegitimation Karls einzubeziehen: Eine Niederlage gegen die Sachsen hätte bedeuten können, dass der König nicht mehr in der Gunst Gottes stand, vielleicht sogar von ihm bestraft wurde. Doch gab es auch deutliche Kritik am Vorgehen Karls, nicht zuletzt von Alkuin, dem Leiter der Hofschule: Das Evangelium muss gepredigt, nicht mit Gesetzen und Gewalt aufgezwungen werden.