Читать книгу Zwangsvollstreckungsrecht - Bettina Heiderhoff - Страница 118
b) Einfache Einwendungen
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Bei einfachen Einwendungen, die ohne die Ausübung eines Gestaltungsrechts entstehen, ist der Zeitpunkt der Entstehung eindeutig. Sie sind dann entstanden, wenn sie erstmals geltend gemacht werden können.
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Beispiel 20a (Einfache, schon im Erkenntnisverfahren bestehende Einwendung):
Schuldner S ist im Mai mit Versäumnisurteil zur Zahlung seiner Wohnungsmiete für die Monate Januar bis März verurteilt worden, da er diese nicht gezahlt hatte. Im Vollstreckungsverfahren beruft er sich erstmalig darauf, dass die Heizung nicht funktioniert habe und er die Miete nach § 536 I BGB daher gar nicht schulde.
In Beispiel 20a ist die Einwendung des S eindeutig nicht neu. Die Miete war gleich mit Ausfall der Heizung gemindert, S hätte das im Ausgangsrechtsstreit geltend machen müssen.
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Beispiel 20b (Neue Einwendung):
Schuldner S ist in einem langwierigen streitigen Verfahren zur Herausgabe eines Gemäldes verurteilt worden. Zwei Wochen nach Ende des Rechtsstreits wird das Bild gestohlen. S erhebt Vollstreckungsabwehrklage, weil die Leistung objektiv unmöglich sei.
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In Beispiel 20b beruft sich S auf die Unmöglichkeit der Erfüllung der titulierten Herausgabepflicht (§ 275 I BGB). Diese Einwendung greift durch, da er bei lebensnaher Sachverhaltsauslegung zur Herausgabe des Bildes objektiv nicht im Stande ist. Diese Einwendung ist auch neu, denn sie ist nach der letzten mündlichen Verhandlung eingetreten. Dass S noch Berufung einlegen könnte, ist für § 767 II ZPO unerheblich.
Der BGH hatte zuletzt einen Fall zu entscheiden, in dem die Vollstreckungsabwehrklage auf eine dolo-agit Einrede gestützt wurde, die erst nach dem Ende des ersten Prozesses entstanden war. Der Schuldner, der zunächst zur Leistung verurteilt wurde, hatte nämlich später einen Anspruch auf Rückzahlung erhalten (durch das zwischenzeitlich eingetretene endgültige Scheitern eines geplanten Bauprojekts). Dieses Vorbringen war ohne weiteres zulässig. Spannend war an dem sehr komplizierten Fall, dass der Schuldner auch eine weitere Forderung geltend machte. Nur hatte er in einem früheren Verfahren im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage bereits einmal versucht, die Aufrechnung mit genau dieser Forderung (als Gegenforderung) geltend zu machen. Damit war er damals aus prozessualen Gründen (verspätetes Vorbringen) gescheitert. Der BGH entschied überzeugend, dass in einem solchen Fall zwar grundsätzlich § 322 II ZPO eingreift. Die Abweisung der Vollstreckungsabwehrklage, die auf die Aufrechnung gestützt wird, bedeutet also, dass das Nichtbestehen der Gegenforderung rechtskräftig festgestellt ist. Aber in dem vorliegenden Fall war es dann doch anders: Wegen des verspäteten Vorbringens war ja über die Gegenforderung gar nicht inhaltlich entschieden worden. Der Gläubiger konnte sie also noch geltend machen.[26]