Читать книгу Zwangsvollstreckungsrecht - Bettina Heiderhoff - Страница 121
bb) Sonderfall Aufrechnung
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Beispiel 22 (Pflicht zur frühzeitigen Aufrechnung?):
Gläubiger G und Schuldner S sind Bauunternehmer, die viel zusammenarbeiten. Nun kam es zu Schwierigkeiten. G hat den S erfolgreich auf Zahlung von Werklohn für Bauleistungen verklagt. Nach Ende des Prozesses erklärt nun S die Aufrechnung und legt Vollstreckungsabwehrklage ein. Er hatte nämlich inzwischen Mängel angezeigt, die an Bauwerken aufgetreten waren, die G vor vielen Monaten für den S errichtet hatte. Da G diese Mängel nicht fristgerecht beseitigte und dem S in der Folge ein Schaden entstand, machte S nun nach §§ 634 Nr. 4, 281 BGB Schadensersatz geltend und rechnete auf.
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In Beispiel 22 ist klar, dass die Aufrechnung sowie die Aufrechnungslage erst nach Verfahrensende entstanden sind, so dass an sich nach keiner Ansicht Präklusion eingetreten sein kann. Jedoch ist vertreten worden, dass es bei der Aufrechnung nicht auf die Aufrechnungslage ankommen solle, sondern darauf, wann der Schuldner diese Aufrechnungslage habe herbeiführen können[29]. Zu Recht folgt der BGH dem nicht[30].
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Beispiel 23 (Ausschluss der Aufrechnung im Erkenntnisverfahren):
Schuldner S hat im Ausgangsrechtsstreit in der Berufungsinstanz hilfsweise die Aufrechnung mit einer Gegenforderung erklärt. Das Berufungsgericht hat diese nach § 533 ZPO zurückgewiesen, weil Gläubiger G das Bestehen der Gegenforderung bestritten hat. S legt nun unter Berufung auf die Aufrechnung mit genau dieser Gegenforderung Vollstreckungsabwehrklage ein. Wird er Erfolg haben?
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Der BGH meint, dass die Aufrechnung auch in Fällen, in denen sie im Rechtsstreit aus prozessualen Gründen nicht geltend gemacht werden durfte, nach § 767 II ZPO ausgeschlossen sei. Anders ausgedrückt besteht also für solche Fälle keine Ausnahme. Das überzeugt vollkommen, denn die Präklusionsvorschriften des Erkenntnisverfahrens sollen der Prozessbeschleunigung dienen und würden ihren Sinn verlieren, wenn der Schuldner die zunächst ausgeschlossenen Tatsachen oder Verteidigungsmittel dann in der Zwangsvollstreckung doch noch geltend machen dürfte[31]. In Beispiel 23 wird S also mit der Vollstreckungsabwehrklage keinen Erfolg haben.
Hinweis:
Wissen sollte man auch, wie sich die Aufrechnung in einem solchen Fall materiell-rechtlich auswirkt. Immerhin hat S sie materiell-rechtlich wirksam erklärt[32]. Jedoch wird allgemein angenommen, dass die fehlgeschlagene Prozessaufrechnung dazu führt, dass auch die Wirkung des § 389 BGB nicht eintritt und die Gegenforderung somit bestehen bleibt.
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Wenn die Vollstreckungsabwehrklage damit begründet wird, dass der Anspruch durch Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung erfolgt ist, kommt es auch im Rahmen des § 767 ZPO zu dem bekannten Streit, wie in solchen Verfahren vorzugehen ist, und ob das Gericht nach § 17 II 1 GVG auch über die Gegenforderung entscheiden darf[33].