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11. Realität?

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Ich schlug die Augen auf und blickte in das Gesicht von...Ralf! Ich erkannte, dass ich meine Arme um seinen Hals geschlungen hatte und ließ ihn verdutzt los.

Ich lag noch auf der Liege und stützte mich auf meine Ellbogen, blickte Ralf verstört an: "Was ist geschehen?"

Ralf, der neben mir kniete, setzte sich im Schneidersitz auf den Boden neben mich und meinte: "Das ist ja eine schöne Begrüßung!"

Ich hört zwar seine Worte, verstand aber den Sinn nicht.

Mein Gesicht musste ein einziges, großes Fragezeichen gewesen sein, denn Ralf lachte versöhnlich: "Komm erst einmal wieder richtig zu dir, dann reden wir miteinander."

Ich war noch so verwirrt, dass ich Ralfs dargebotene Hand automatisch erfasste und spürte, wie er sie sanft knetete.

Ich schloss kurz die Augen und vor meinen geschlossenen Lidern schoss nochmal das Bild des perfekten Mannes aus dem Traum von mir vorbei, dann atmete ich tief durch, öffnete wieder die Augen und seufzte: "Okay, was war?"

Ralf zog einen Stuhl an meine Seite heran, legte eine dünne Decke, die er in der Hand gehalten hatte, über meinen leicht zitternden Körper, setzte sich und begann zu reden: "Dir scheint es wieder besser zu gehen. Deine Wangen bekommen endlich wieder Farbe."

Ich wurde ungeduldig: "Fang an!"

Ralf rückte seinen Stuhl noch näher an mich heran, hob seine Hand und streichelte zärtlich über mein Haar: "Ich hatte dich angesprochen, als du am Pool standest, weißt du das noch?"

Ich nickte leicht verunsichert.

Ralf fuhr fort: "Aber du hattest nicht reagiert. Ich dachte, dass du gerade in Gedanken vertieft bist und bin kurz ins Haus gegangen, um uns etwas zu trinken zu holen, aber als ich wieder nach draußen kam, da lagst du auf der Liege, hattest die Augen geschlossen und schienst zu schlafen. Ich beobachtete dich kurz und sah, dass etwas nicht stimmte. Deine Haut war heiß, obwohl du noch nicht lange in der Sonne warst und um diese Zeit war sie auch nicht mehr so stark. Dann hattest du die Augen geöffnet, aber mich nicht gesehen. Ich habe versucht dich anzusprechen, aber du hattest in keiner Weise reagiert. Du hast wie ein Schlafwandler ausgesehen und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Dein Blick wirkte so starr, so in sich gekehrt, dass ich dachte, du liegst in einer Art Wachkoma."

Er verstummte.

Ich verstand so langsam: "Ich hatte geträumt! Ich lag am Pool und starrt in das Wasser. Das Licht hat sich darin reflektiert und mich wohl in eine Art Hypnose versetzt. In dem Traum, jetzt erinnere ich mich wieder daran, kam eine ähnliche Lichtspiegelung vor, die mich an etwas erinnerte, das ich aber in diesem Moment nicht zuordnen konnte."

Ich schwieg.

Ralf war voller Sorge: "Deine Augen waren so groß, so voller Angst gewesen!"

Ich lachte leise: "Ja, am Anfang hatte ich in dem Traum sehr große Angst gehabt, aber dann hatte er sich in einen sehr schönen Traum verwandelt. Ich hatte keine Angst mehr, sondern nur noch ein herrliches Gefühl in mir gespürt."

Ralf nickte: "Nach geraumer Zeit hattest du endlich deine Augen geschlossen und leicht geatmet, deine Haut glühte nicht mehr. Du hattest sehr blass und erschöpft auf mich gewirkt."

Ich lächelte ihn an. Ich fühlte mich gut. Ralf beugte seinen Kopf leicht zu mir herunter, legte seine Hand an mein Gesicht und drehte es weiter in seine Richtung. Ich ließ ihn gewähren, auch, wenn sich wieder der schon gewohnte Druck in meinem Bauch aufbaute. Dann küsste er mich, ließ seine Lippen ganz leicht auf meinen ruhen, streichelte dabei meinen Hals und verstärkte schließlich den Druck seiner Lippen auf meinen.

Ich wollte schon meine Arme um seinen Hals legen, als plötzlich hinter mir eine Stimme sagte: "Aha, so also sieht Entspannung aus!"

Ich fuhr erschrocken zusammen. Yan lachte und Ralf und ich gingen auseinander. Irgendwie schuldbewusst, obwohl wir gar keinen Grund dazu hatten.

"Jemand will dich besuchen! Ich wollte gerade ins Kino, da bin ich David über den Weg gelaufen. Du hast David schon so lange nicht mehr gesehen, dass ich das Kino lieber sausen ließ und ihn mit hierher brachte."

Ralf stand auf und strahlte über das ganze Gesicht: "Ich freue mich."

Ich erhob mich langsam, warf die leichte Decke über die Liege und begab mich klammheimlich in den ersten Stock in das Delphin-Bad. Die gläserne Delphinstatue begrüßte mich mit ihrem nie enden wollenden Lächeln und ich grinste zurück. Dann entdeckte ich mein Spiegelbild - meine Augen glänzten so stark, als ob ich Fieber hätte, aber ich fühlte mich gut wie lange nicht mehr. Meine Stirn fühlte sich kühl und trocken an, ich öffnete den Wasserhahn, ließ das kalte Nass über meine Handflächen laufen, warf mir mehrere Handvoll Wasser ins Gesicht und schaute wieder in den Spiegel. Der Glanz in meinen Augen hatte sich nicht verändert. Ich trocknete mich ab und ging langsam wieder nach unten.

Als ich auf die Terrasse hinaus schritt und die dritte Person erkannte, die wohl David sein musste, blieb ich wie erstarrt stehen.

Mein Puls raste, mein Herz drückte gegen den Brustkorb, wollte ihn sprengen, meine Beine fühlten sich wie Pudding an - kurz, ich befand mich diesmal fast vor einer Ohnmacht!

Ich schwankte an den drei Männern stumm vorbei zu meiner Handtasche, nahm mit zittrigen Händen meine Zigarettenschachtel heraus, brauchte vier Versuche, um mir eine Zigarette anzünden zu können, nahm einen tiefen Zug und sagte, zu Ralf gewandt: "Ich brauch jetzt dringend etwas zu trinken!"

Während Ralf ins Haus ging, ließ ich mich in einen Stuhl fallen, zog an meiner Zigarette und blickte erst wieder auf, als Ralf mir ein Glas, gefüllt mit einer klaren, bräunlichen Flüssigkeit, in die Hand drückte. Ich setzte das Glas an und nahm einen großen Schluck. Das Brennen in meinem Hals sagte mir, das dieses Getränk einen sehr hohen Alkoholgehalt haben musste.

Genau das, was ich in diesem Moment brauchte. Ich nahm noch einen großen Schluck und das Glas war leer. Dann blickte ich zu dem Mann, von dem ich annahm, dass es der besagte David war.

Ich hatte schon verrückte Sachen in meinem Leben gemacht, Dinge erlebt, die man sich mit gesundem Menschenverstand nicht erklären konnte. Dennoch glaubte ich an eine gewissen Logik - aber auch das erklärte nicht, warum sich dieser Mann nun unter uns befand: Der Mann aus meinem Traum, den ich Minuten zuvor in glücklicher Verfassung verlassen hatte!

Ja, dies war der Mann, der mich vor dem Ungeheuer gerettet hatte, aber erst, als ich ihm versprochen hatte, dass ich seine Frau werden würde.

Und jetzt war er hier! In Wirklichkeit! In der realen Welt!

Sein tiefer Blick stach mir in die Augen und ich erwiderte den Blick. Ich las daraus, dass auch er mich erkannt hatte.

Ralf bemerkte unseren Blickkontakt und stellte den jungen Mann vor: "Das ist David. Ein langjähriger Freund von Yan und mir, auch, wenn er sich nur sehr selten bei uns blicken lässt."

Ich sprach kein Wort, stand langsam auf, stellte mich vor David.

Er war so groß, dass ich meinen Kopf in den Nacken legen musste, um ihm in die Augen zu blicken: "Ich kenne dich. Wo sind deine Flügel?"

Ralf und Yan schnappten nach Luft, nur David musterte mich weiterhin still - er erschrak nicht.

Ich fuhr zu Ralf und Yan herum: "Okay, was wird hier gespielt? Ihr wisst etwas. Ralf, Yan, ich habe heute morgen Fetzen von eurem Gespräch mitgehört, obwohl ich es nicht wollte. Um was ging es? Was hätte Yan mir schon längst sagen sollen? Warum taucht dieser Mann, von dem ich wenige Minuten zuvor geträumt hatte, hier auf?"

Ich blickte die beiden an und erkannte, dass ich die einzige in dieser Runde war, die die Wahrheit nicht kannte.

Ich zog ein letztes Mal an meiner Zigarette, drückte sie im Aschenbecher aus und knurrte an alle gewandt: "Nun?"

Ralf erwachte als erster aus seiner Starre und sagte: "Das wird eine längere Geschichte. Ich hole uns etwas zu Essen und Trinken, dann reden wir."

Yan bot sich gleich als Hilfe an und verschwand fluchtartig mit Ralf im Haus. Fassungslos blieb ich mit David alleine zurück.

Ich reckte mein Kinn vor und blickte David in die Augen: "Nun zu dir. Ich hoffe doch nicht, dass du mein Versprechen hier noch einfordern willst?"

David lächelte: "Schade. Ich hatte das Versprechen nicht einfach so von dir gefordert. Aber ich kann nicht darauf bestehen - schließlich war es für dich nur ein Traum."

Ich überlegte fieberhaft. Wenn er sagte, dass es für mich nur ein Traum war, war es dann für ihn keiner gewesen? Ich war gespannt auf die Geschichte, die endlich das Geheimnis um Yan und nun auch David lüften würde. Oder träumte ich immer noch? War das möglich? Hatten wir nun die gleichen Träume gehabt, oder mehr, oder was? Ich wagte es noch nicht ganz diesen Gedanken zu Ende zu spinnen.

"Und wo sind deine Flügel?", wollte ich wissen.

"Das geht hier auf der Erde nicht. Warte ein wenig, dann werden wir es dir erklären. Von Anfang an, sonst wirst du es nicht verstehen", sagte er mit der gleichen sanften, tiefen Stimme, die ich auch schon aus meinem Traum, oder was auch immer, kannte.

Geduld war noch nie meine Stärke gewesen, aber ich konnte noch ein paar Minuten warten. Musste es. Mir blieb gar nichts anderes übrig! Von Ralf und Yan war noch nichts zu hören, als David mich plötzlich fest in seine Arme nahm und so leidenschaftlich küsste, dass ich alles um mich herum vergaß, meine Arme um seinen Körper schlang und mich an ihm festhielt. Die Erinnerung an meinen Traum und die Tatsache, dass ich meinen Germanen, meinen echten Traummann, in einem Traum und nun auch in Wirklichkeit gefunden hatte, ließ mein Herz schneller schlagen und ich wollte nicht, dass dieser Kuss je endete. Erst Minuten später küssten wir uns nicht mehr so heftig, nur noch zärtlich - sanft und voller Zuneigung. Ich löste mich schweren Herzens aus seiner Umarmung und strich ihm mit einer schüchternen Bewegung über das lange, silbergraue Haar, das im aufgehenden Mond wie poliert glänzte. Welches Geheimnis umgab ihn, aber auch Yan? Und Ralf? Von ihm hatte ich auch geträumt, aber wir schienen nicht den gleichen Traum gehabt zu haben. Ich hatte ihn allerdings auch nie danach gefragt und wollte es auch nicht tun. Die Verwirrung in mir war groß genug!

Endlich trauten sich Yan und Ralf zurück, wir setzten uns alle um den Tisch herum, bedienten uns von den belegten Broten, tranken Rotwein dazu und vermieden es uns einander anzuschauen.

Ich brachte nicht viel herunter, obwohl die Brote wirklich lecker waren.

Ich steckte mir eine Zigarette an, nahm noch einen Schluck vom Wein und blickte in die Runde: "Ich warte!"

"Wer fängt an?", fragte Ralf.

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