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12. Wahrheit

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Alle drei tauschten unglückliche Blicke - schließlich seufzte David: "Ich werde anfangen. Wir kennen uns noch nicht so lange. Alena, wenn du etwas nicht verstehst, dann frag bitte sofort, wir möchten wirklich, dass du alles weißt und verstehst."

Mein Kommentar war trocken: "Keine Einwände."

David prostete mir mit seinem Glas Rotwein zu, ich erwiderte die Geste, dann fing er an zu erzählen: "Neben dieser Welt, in der du lebst, existiert noch eine weitere, in einer anderen Dimension. Du würdest vergeblich in dem Weltall nach dieser Welt suchen. Vielleicht gibt es parallel dazu noch andere Welten, das wissen wir aber nicht. Uns sind nur diese beiden bekannt, aber auszuschließen ist es natürlich nicht."

Ich unterbrach ihn schon: "Moment mal, bedeutet das, dass die Träume, die ich von euch hatte, in einer Welt stattfanden, die wirklich existiert? Ich war in einer anderen Welt in meinen Träumen?"

David nickte: "Ja. Wir leben in dieser Welt. Es sind zwei getrennte Welten, die aber wenige Menschen in ihren Träumen durchaus besuchen können. Menschen, die Magie begabt sind, können in ihren Träumen die Welten besuchen. Wir eure und ihr unsere."

Yan erzählte weiter: "Du bist im Moment dafür verantwortlich, dass David uns hier besuchen kann. Die Magie in unserer Welt ist nicht allmächtig. Wir brauchen einen Menschen auf der Erde, der uns in diese Welt praktisch führt. Und das warst du. Du hast heute David in unserer Welt besucht und ihm so einen Weg hierher geebnet."

Ich runzelte die Stirn: "Aber ich bin nicht Magie begabt. In unserer Welt gibt es keine Magie!"

Yan lachte: "Weil ihr nicht daran glaubt. Weil eure Welt die Magie vergessen hat. Aber du hast ein Talent dazu. Du musst Magie in dir haben, sonst hättest du nicht von uns träumen können!"

Ich schüttelte den Kopf. Das konnte ich mir nicht vorstellen. Wollten die drei mich hereinlegen? Ralf stand kurz auf, brachte eine Kerze, zündete sie an und ich betrachtete mir die drei Gesichter im warmen Licht der flackernden Kerze. In keinem einzigen Augenpaar konnte ich einen versteckten Hinweis darauf erkennen, dass sie mich foppen wollten. Sie meinten es tatsächlich ernst!

Ralf erklärte weiter: "Wir haben beide sehr viel Fantasie und Vorstellungskraft. Wir sind impulsiv und sensibel. Ich denke, dass das die richtige Mischung ist. Das ist in der Welt, wo David und Yan herkommen, Magie. Es reicht bereits aus, wenn man durch einen sehr intensiven, realistischen Traum in die andere Welt gelangt und dort einen Menschen trifft. Dadurch schaffen wir für diesen Menschen eine Art Durchgang, lass es mich besser Kanal oder Tunnel nennen, der es dem Menschen in seinen Träumen ermöglicht, hier auf der Erde den Träumer zu besuchen. Es ist für mich nur unerklärlich, warum wir beide von den gleichen Menschen geträumt hatten. Dadurch existieren nun zwei Durchgänge für Yan und zwei für David."

Yan winkte ab: "Es ist genauso unerklärlich, warum es ausgerechnet zwei Menschen in der gleichen Stadt gibt, die diese Begabung haben. Aber ich hab gemerkt, dass das Hereingleiten auf die Erde nun leichter ist, seitdem Alena uns besucht hat."

David nickte.

Ich hatte eine Frage: "Waren dann die Träume, die ich hatte, auf eurer Welt Realität?"

David schüttelte den Kopf: "Nein. Du warst nur wenige Augenblicke dort. Es gibt zwei Traumstufen. Die erste ist die, die alle Menschen erleben. Die zweite ist die, die in unsere Welt führt. Das sind die realen Träume, die tiefen, echten Träume. Aber diese scheinen euch so viel Energie zu kosten, dass es euch nicht möglich ist länger dort zu verweilen. Die meiste Kraft scheint für die Erschaffung des Durchgangs verbraucht zu werden."

Ich unterbrach schon wieder: "Heißt das, dass ihr im Moment auf eurer Welt schlaft und von unserer träumt?"

Alle drei nickten.

Ralf erhob das Wort: "Da Zeit relativ ist und in Träumen sowieso unterschiedlich abläuft, sind beide so oft und lang hier, dass ich für sie eine Wohnung organisiert habe, damit sie sich hier eine zweite Existenz aufbauen konnten."

Ich nickte. Yan hatte die Wohnung in meiner Straße.

Yan schien meine Gedanken zu lesen: "David 'wohnt' bei mir. Aber in letzter Zeit kam er nicht so oft hierher. Bis du ihn wieder gerufen hast."

Ich fragte erneut: "Okay. Soweit habe ich das verstanden - wenn man in dieser Geschichte überhaupt von ‘verstehen‘ sprechen kann. Aber um nochmal auf meine Frage zurückzukommen: Wie viel von meinem Traum von David war 'echt'?"

David lachte: "Ich hab dich in der Ebene stehen sehen, dich in meine Arme genommen und bin mit dir geflogen. Als ich dich abgesetzt und dir gesagt hatte, dass du auf mich warten solltest, weil ich noch etwas zu erledigen habe, war ich nur ganz kurz weg und als ich wieder an die Stelle kam, warst du nicht mehr da."

Ich blickte Yan an: "Und wie war das bei dir?"

Yan lächelte mich an: "Ich hatte dich nur ganz kurz gesehen. Du standest hinter einem Baum, dann verschwandest du wieder."

Ich zog die Augenbrauen zusammen: "Aber woher wusstest du von meinem Traum?"

Alle drei grinsten verschwörerisch, dann antwortete Yan: "Ich konnte deine Gedanken lesen."

Ich fiel aus allen Wolken: "Jetzt auch noch?"

David strich mir beruhigend über meinen nackten Arm: "Nein, nur in unserer Welt. Eigentlich ist es auch uns - Magie Begabten - nicht möglich die Gedanken anderer zu lesen, aber deine waren wie ein offenes Buch. Du hast mir durch deine Magie deine Gedanken regelrecht aufgedrängt. Ich konnte gar nicht anders, als darin zu lesen. Entschuldige, wenn ich dich damit in irgend einer Weise verletzt haben sollte."

"Das ist eine komische Welt", schüttelte ich den Kopf - das war zu viel für mich.

Yan erwiderte meinen Blick: "Nein, sie ist ähnlich aufgebaut wie die Erde. Nur mit dem Unterschied, dass es euch eher wie eine Fantasiewelt vorkommen würde, wenn ihr sie länger besuchen könntet. Dort gibt es Drachen, Einhörner, Elfen, Vampire, Zauberer und viele Geschöpfe mehr, als auf der Erde."

Ich dachte nach. Dann war diese Welt in der anderen Dimension vielleicht der Ursprung der Legenden auf der Erde. Keine erfundenen Geschöpfe in den Köpfen der Menschen, sondern echte Wesen, die in der "Traumwelt" gesehen wurden. Real existierende Wesen - nur in einer anderen Dimension.

Ich hatte noch eine Frage: "Kommt es den Menschen auf eurer Welt denn nicht komisch vor, wenn plötzlich ein Mensch vor euch auftaucht und dann auf einmal wieder verschwindet?"

Yan wiegte den Kopf hin und her: "Die wenigsten wissen von der Erde und deren Besucher. Außerdem hab ich noch nie gehört, dass ein Mensch von der Erde vor den Augen anderer aufgetaucht und wieder verschwunden ist. Es war immer so, wie bei der Begegnung mit dir. Hinter einem Baum hervorschauend und sich wieder versteckend, und dann, wenn man nachschauen wollte, wer sich da versteckt hatte, war keiner mehr da."

Mir fiel noch etwas anderes ein: "Hat ein Bewohner eurer Welt uns bewusst auf der Erde besucht, ohne durch einen Traum 'eingeladen' geworden zu sein?"

Davids Gesicht verdüsterte sich: "Soweit ich weiß, hat das nur eine Person gewagt, in einem magischen Experiment. Allerdings ist dabei etwas schief gelaufen und seitdem soll diese Person auf der Erde leben. Sie hatte den Durchgang zu eurer Welt durch zu viel magische Kraft aufgerissen, dass sie nicht nur mit dem Geist, sondern komplett, mitsamt dem Körper, hierher gezogen wurde. Da auf der Erde aber keine Magie herrscht, konnte diese Person nicht mehr nach Hause. Aber das ist auch gar nicht schlimm."

Yan rammte seinen Ellbogen in Davids Rippen.

Dieser fauchte zurück: "Wieso soll ich das unseren Freunden nicht sagen. Ich weiß auch, wer diese Person war. Der Sohn von Parim. Unseres schlimmsten Feindes. Ich bin froh, dass er von der Bildfläche verschwunden ist. So kann Parim nicht noch mehr anrichten!"

Zu mir gewandt sagte er entschuldigend: "Unsere Sorgen sollen dich nicht belasten. Vergiss einfach, was ich gerade eben gesagt habe."

Ich nickte, wusste aber, dass ich das nicht konnte. So komisch es mir im Moment auch vorkam, aber ich glaubte den Dreien. Ich glaubte, dass sie mir die Wahrheit sagten, so verrückt es auch klang.

Trotzdem war ich wie vor den Kopf geschlagen und meinte: "Wäre vielleicht einmal einer so gütig mich zu zwicken, damit ich aufwache?"

David stand auf, riss mich von meinem Stuhl, nahm mich in die Arme und küsste mich so heftig, dass ich die Luft anhielt. Dieser perfekte Traummann küsste mich und ich schlang meine Arme um seinen kräftigen Körper, streichelte seinen Rücken, fuhr gedankenverloren über die beiden Höcker unter seinem Shirt, die langsam anwuchsen und schließlich das Shirt zerrissen. Riesige federweiche, weiße Flügel legten sich um mich, hüllten mich vollends ein und ich spürte einen kurzen Stich an meinem Hals. Ich fühlte mich wie in Ekstase versetzt, wollte, dass es nicht mehr aufhörte, doch es endete so plötzlich, wie es angefangen hatte.

Wie in Trance sah ich, dass Yan David von mir wegriss und stand völlig verwirrt da. Erst nach und nach realisierte ich das Unglaubliche: Davids Körper war über und über mit weißen, schimmernden Federn bedeckt, rechts und links zitterten die riesigen Flügel, er stand in Wirklichkeit vor mir, wie in meinem Traum, den ich von ihm hatte. Ich bemerkte außerdem, dass sein Mund blutverschmiert war, zwar nur leicht, aber ich konnte es im Schein der Kerze gerade noch erkennen. Er lächelte und ich registrierte seine spitzen Eckzähne.

Ein Vampir!? Träumte ich doch wieder?

David sah plötzlich erschrocken auf meinen Hals: "Das hätte nicht passieren dürfen! Was geschieht hier?"

Irritiert fragte ich: "Was hätte nicht geschehen dürfen?"

Ralf stellte sich vor mir auf: "Geht es dir gut?"

Verwirrt stammelte ich: J...ja. Werde ich nun auch zu einem Vampir?"

Ich stand unter Schock. Wieso sollte ich in meinem Alter anfangen an Vampire zu glauben?

David schüttelte den Kopf: "Nein. Vampire gibt es auf unserer Welt nicht in dieser Art, wie ihr sie in den Fantasiegeschichten auf der Erde kennt. Ich bin ein Symbiont. Ich bin auch nicht gegen Sonnenlicht allergisch oder verwandle mich in eine Fledermaus."

Ich lachte: "Aber du kannst fliegen und bist voller Federn! Du hast mich gebissen und ich blute!"

David grinste schelmisch: "Das machen wir in der Regel nur beim Vereinigungsakt. Ist so eine Art Tradition. Wir brauchen kein Blut. Nur manchmal haben wir Lust darauf."

Ich stöhnte: "Doch eine verrückte Welt. Aber warum seid ihr vorhin so erschrocken? Ich werde nicht zum Vampir, dann ist doch alles in Ordnung!?"

Yan schüttelte den Kopf: "Gar nichts ist in Ordnung. David hätte sich auf der Erde gar nicht in seine Symbiontengestalt verwandeln können, weil es keine Magie auf der Erde gibt."

Er überlegte und kam zu dem Schluss: "Er hätte dich nicht verletzen dürfen. Er kann dich eigentlich gar nicht verletzen. Das bereitet mir Angst."

Ich kombinierte: "Klar. Ihr seid ja nicht in Wirklichkeit hier. Ihr könnt hier niemanden verletzen und wir können euch nicht verletzen, wenn wir Menschen in eurer Welt sind - wenn wir träumen."

Yan nickte: "Ja. In unserem gegenseitigen Besuch sind wir zwar stofflich, können berühren und berührt werden, aber wir können nie Schaden zufügen oder zugefügt bekommen."

Ich überlegte weiter: "Was, wenn ihr durch irgendeinen Zufall wie der Sohn von diesem Parim mit dem Körper hierher gekommen seid? Wenn ihr nun nicht mehr zurück könnt? Hier...gefangen seid?"

Yan wurde bleich im Gesicht: "Das hoffe ich nicht. Aber das glaube ich auch nicht. Das würden wir doch fühlen müssen und es fühlt sich nicht anders an, wie die Male zuvor..."

Ich gab ihnen zu Bedenken: "Ihr habt es aber auch nie mitgemacht. Daher könnt ihr auch wissen, wie es sich anfühlt ganz hierher zu kommen."

Ich wandte mich von den Dreien ab, rieb meinen Hals, der an der kleinen Bissstelle etwas pochte, lief herüber zum Pool, stieg hinein und tauchte in dem herrlich frischen Wasser unter, um einen freien Kopf zu bekommen. Ich tauchte wieder auf und vernahm das gedämpfte Gemurmel der Männer. Ich versank in meinen Gedanken und schwamm ein paar Bahnen, aber da ich mir auf das Gehörte keinen Reim machen konnte, gab ich es auf und stieg wieder aus dem Pool. Die ganze Geschichte klang so unglaublich, dass ich überzeugt davon war, dass sie der Wahrheit entsprach. Und schon wieder hatte ich einen Traummann gefunden, musste aber feststellen, dass er wirklich nur in meinem Traum existierte. Zwar aus einer Welt, die real, aber so weit entfernt war, dass sie auch nur einem Traum hätte entspringen können. Ich seufzte. Ich griff mir mein Handtuch, das auf der Liege neben dem Pool lag, trocknete mein Gesicht kurz ab, rubbelte mein Haar durch, lief zu den Männer und setzte mich.

Neugierig blickte ich David an, der wieder seine menschliche Gestalt angenommen hatte und fragte: "Kannst du deine Gestalt wechseln, wann du willst? Kannst du, wie ein Vampir, auch einen Menschen in einen 'Symbionten' verwandeln?"

"Ich kann meine Gestalt immer wechseln, wann ich will. Und ja, ich könnte einen Symbionten aus dir machen."

Ich richtete mich auf: "Kann ich dann auch fliegen?"

David lachte: "Ja, könntest du."

Ich lehnte mich wieder zurück: "Und wie könntest du mich zu einem Symbionten machen?"

David beugte sich zu mir herüber: "Ich hatte vorhin, als ich dich geküsst hatte, ein sehr starkes Verlangen nach dir. Deswegen habe ich mich auch in meine Symbiontengestalt verwandelt, ohne dass es mir bewusst war. Wenn wir gegenseitig ein wenig Blut von uns getrunken hätten, dann hätten wir den Grundstein für deine Verwandlung gelegt."

Yan fuhr uns dazwischen: "David, hör endlich auf damit. Wir haben schon genug Probleme. Alena wird kein Symbiont und fertig!"

Ich musste auf einmal fürchterlich lachen. Ich konnte und konnte nicht mehr damit aufhören. Ich fand es plötzlich lustig, dass wir hier saßen, von zwei Welten in jeweils anderen Dimensionen redeten, von Verwandlungen in vampirähnliche Wesen und scheinbar auch noch alle daran glaubten! Ich betastete meine kleine Wunde am Hals und wusste, dass es die Realität war, die ich gerade erlebte.

Es war die Wahrheit!

Ich hörte mit Mühe auf zu lachen und trank noch einen Schluck Wein, dann blickte ich entspannt in die Runde und meinte: "Was nun?"

David sah Yan an: "Wir müssen zurück und einige Fragen stellen."

Yan blickte auf den Tisch: "Aber nur einer könnte uns helfen, und der wird nicht sehr glücklich sein."

David nickte: "Ja, das wird er nicht."

Ich war neugierig: "Wer könnte euch helfen? Ein Zaubermeister?"

Beide blickten mich ernst an und David erklärte: "Ja. Eine Art Zaubermeister. Er heißt Xamor und wohnt in unserer Stadt."

Ich sah ihm in die Augen: "Wieso wird er nicht sehr glücklich über eure Fragen sein?"

Yan lachte, aber es klang nicht fröhlich: "Er hatte uns gewarnt. Er wusste von unseren nächtlichen Ausflügen auf die Erde und befürchtete Nebenwirkungen."

"Welcher Art?", wollte ich wissen.

"Er war der Meinung, dass der Durchgang von unserer Welt zur Erde durch häufiges Durchqueren erweitert wird. Die Folgen sind seiner Meinung nach nicht abzuschätzen. Aber eine mögliche Folge könnten wir heute erlebt haben. Dass wir hier schon zu sehr Wirklichkeit sind, dass wir die Menschen verletzen können."

Ich verstand: "Wie wollt ihr jetzt zurück? Ihr schlaft in eurer Welt, wie wollt ihr aufwachen?"

Yan lachte: "Das ist nicht schwer. Wir wissen schließlich, dass dies hier ein Traum ist, also bringen wir unseren Körper dazu aufzuwachen. Wir haben das schon so oft gemacht, da dürfte es uns nicht schwerfallen."

Ich mahnte: "Bis auf die Tatsache, dass David heute seine Symbiontengestalt annehmen und mich verletzen konnte."

Wir blickten betrübt auf den Tisch. Yan und David standen auf.

David lächelte bitter: "Vielleicht dürfen wir nie wieder hierher kommen."

Ralf stand auf: "Das ist doch noch gar nicht sicher. Redet mit Xamor. Vielleicht hat er eine Idee, was heute geschehen ist."

Beide Männer aus der anderen Welt schienen nicht überzeugt.

Yan ging auf Ralf zu und sagte: "Wir danken dir für alles, was du für uns getan hast. Wenn wir nicht mehr zurückkommen können, werden wir dich nie vergessen. Pass gut auf Alena auf!"

Auch David ging zu Ralf, nahm ihn in die Arme und verabschiedete sich so, als ob er nie wieder kommen würde.

Yan wandte sich mir zu: "Ralf ist ein besserer Partner für dich, er wird wenigstens immer hier sein."

David blieb ganz ruhig und horchte in sich hinein.

Plötzlich bewegte er sich, packte Yan am Arm und sagte aufgeregt: "Ich hab ein komisches Gefühl, wir sollten uns beeilen! Alena, darf ich dich nochmal küssen?"

Ich nahm ihn in die Arme: "Aber pass auf deine Zähne auf!"

Er erwiderte die Umarmung und küsste mich sanft. Nach diesem kurzen Kuss gingen sie außer Sichtweite und fast meinte ich zu spüren, dass sie nicht mehr auf der Erde weilten.

Als die beiden weg waren, herrschte zwischen Ralf und mir ein betretenes Schweigen. Ich schenkte mir erneut ein Glas Wein ein, nippte kurz daran, zündete mir eine Zigarette an und als ich einen tiefen Zug genommen hatte, spürte ich Ralfs Hand, die sich auf meinen Arm legte. Ich war so betroffen über das plötzliche Ende dieses Tages. Ich fühlte mich benommen.

Da lernte ich zwei wunderbare Männer kennen, die aus einer anderen Welt stammen und kaum offenbart sich mir das Geheimnis, das dahinter steht, schon ist es zu ende. Das war pure Ironie!

Ich war den Tränen nahe und konnte doch nicht ganz beschreiben, warum mir das so nahe ging. Ich hätte glücklich sein sollen, dass ich so etwas erleben durfte, aber ich war traurig, denn ich hatte ganz tief in meinem Inneren das bittere Gefühl, dass die Geschichte so nicht hätte enden dürfen.

Ich schloss die Augen, versuchte meine in mir brennenden Tränen zu ersticken und als ich mir sicher war, dass ich nicht weinen würde, öffnete ich die Augen wieder, drehte meinen Kopf und blickte Ralf an: "Ich vermisse die beiden. Hoffentlich finden sie einen Weg um zu uns zurück zu kommen."

Ralf musterte mich neugierig: "Glaubst du an das, was wir dir heute Abend erzählt haben?"

Ich lächelte: "Ich glaube es, aber es kommt mir trotzdem wie ein Traum vor."

Ralf lächelte zurück: "Es ist keiner. Es hat mich am Anfang wahnsinnig gemacht, als ich versuchte darüber nachzudenken, versuchte zu begreifen. Aber wenn man einfach seinen Bauch, sein Herz fragt, dann fällt es sehr leicht. Weißt du, wenn sie hier waren, hatten sie immer Zeit. Sie mussten nicht zur Arbeit, hatten keine Verpflichtungen, sie waren immer für mich da. Wir hatten sehr viel Spaß miteinander."

Ich lehnte mich an Ralfs Schulter an und starrte in den Himmel, bewunderte die vielen Sterne und fand es schade, dass ich nicht rätseln konnte, auf welchem Stern Yan und David verschwunden waren, da sie sich in einer Parallelwelt befanden und mir schon erklärt hatten, dass ich am Himmel vergeblich nach der "Traumwelt" suchen würde. Vielleicht befanden sie sich in der anderen Dimension direkt auf der Erde, standen womöglich auf dem gleichen Platz wie Ralf und ich!

Ich seufzte: "Weißt du, Ralf, was an diesem Erlebnis hier am Schönsten ist?"

Ich machte eine kurze Pause, weil ich den Tränen nahe war: "Ich habe immer fest daran geglaubt, dass ich, wenn ich träume, in einer anderen Welt bin, dass ich dort lebe, dass es diese Welt wirklich gibt! Kannst du dir vorstellen, was es für mich bedeutet, dass dies die Wahrheit ist?"

Ich verstummte und eine kleine Träne rollte mir über die Wange.

Ralf küsste mich auf die Stirn: "Ich hab es immer geahnt, dass du eine wundervolle Frau bist. Nun weiß ich auch, was dich so besonders macht, auch für unsere Freunde aus der anderen Welt: Du hast Fantasie, hörst auf dein Herz und hast einen starken Willen."

Ich erwiderte nichts. Die Liebe und Erotik, die in diesen Momenten zwischen uns knisterte, war so stark, dass ich meinte, ich müsste nur meine Hand ausstrecken und würde sie fassen können. Ich reagierte nicht darauf, denn ich wollte das Prickeln noch ein wenig aufrecht erhalten.

"Ich bin müde", flüsterte ich nach geraumer Zeit, die wir nebeneinander gesessen hatten.

"Findest du den Weg ins Gästezimmer?"

Ich nickte. Nachdem ich mich ausgezogen und unter die Laken gelegt hatte, verschränkte ich meine Arme hinter dem Kopf und starrte zur Decke. Es war sehr dunkel, aber nach einiger Zeit konnte ich einige Konturen des Zimmers ausmachen. Ich seufzte und schloss die Augen. Ich dachte nach, über die Erlebnisse, die sich an diesem Abend überschlagen hatten. Über die Gewinne und Verluste, die ich an diesem Abend erfahren hatte. Mein Kopf schrie innerlich auf, wollte nicht mehr mit diesen Verwirrungen geplagt werden. Ich wollte schlafen und erst am folgenden Tag darüber nachdenken, aber mein armer, geplagter Kopf mit den niemals müde werdenden Gedanken gestattete mir dies nicht. Ich wurde nur einmal abgelenkt, als ich Ralf ins obere Stockwerk gehen hörte. Dann dachte ich wieder nach und dachte und dachte...

Ich musste eingedöst gewesen sein, war aber sofort wieder hellwach, als ich ein Geräusch an der Tür hörte. Ich drehte unmerklich den Kopf zur Seite und schielte durch einen kleinen Spalt meiner Lider hervor. Ich sah gerade noch rechtzeitig, wie eine große Gestalt durch die Tür huschte und sie hinter sich, ganz leise, wieder schloss. Ralf? Yan? David? Es war Ralf, stellte ich nach kurzem Blick fest. Ich war gespannt, was er vorhatte und stellte mich schlafend. Ich spürte, wie er sich neben mich auf das Bett legte. Dann fühlte ich seine Lippen auf meinen und erwiderte seinen Kuss.

"Du hast dich schlafend gestellt!", beschwerte er sich scherzhaft.

Ich öffnete die Augen und grinste, wurde aber sofort wieder ernst, als ich erkannte, dass er ganz nackt war. Er küsste mich weiter und sein Atem ging schneller. Sein Körper war ganz an meinen gedrückt und ich nahm seine Wärme wahr. Er streichelte meinen Bauch, meine Brüste und obwohl ich seine Nähe herbei gesehnt hatte, so konnte ich mich nicht entspannen. Ich fühlte wieder diesen Knoten in meinem Bauch, der ‘Aufhören!‘ rief. Dieser Knoten steigerte sich zu einem rasenden Schmerz, begleitet von einem hämmernden Puls, dass ich Ralf entsetzt von mir wegdrückte.

Das Schweigen, das danach zwischen uns herrschte, war unangenehm. Ich richtete mich halb im Bett auf und atmete tief durch. Der Schmerz hatte in dem Moment nachgelassen, als Ralfs Körper meinen nicht mehr berührte, doch das beklemmende Gefühl im Magen war noch nicht ganz verschwunden, eben sowenig, wie sich mein Puls beruhigen wollte.

Ich setzte zu einer Erklärung an, obwohl ich noch gar nicht wusste, was ich ihm überhaupt sagen sollte, aber er kam mir zuvor: "Entschuldige. Ich wollte dich nicht bedrängen."

Ich strich ihm mit meiner Hand über die nackte Schulter und spürte, wie gut er sich anfühlte. Wieso wollte mein Körper nicht, dass mir dieser Mann näher kam?

Ich zuckte mit den Schultern: "Es geht mir zu schnell."

Mehr wollte, konnte ich in diesem Moment nicht sagen.

Ralf küsste mich keusch auf die Stirn: "Es ist völlig in Ordnung."

Er sagte leise: "Gute Nacht", und schloss die Tür von außen.

Plötzlich fiel eine Zentnerlast von meinem Bauch. Ich hatte keinen Knoten, kein ungutes Gefühl mehr in mir. Es ging so schnell, wie Ralf von mir gegangen war. Ich legte mich nachdenklich hin und grübelte. Mein Unterbewusstsein hinderte mich daran, mit Ralf zu schlafen.

Wieso?

Aber ich konnte diesen Umstand nicht mehr ignorieren, denn in dieser Nacht waren die Warnzeichen so stark gewesen, dass ich vor Schmerzen beinahe geschrien hätte. Das konnte ich nicht mehr ignorieren!

Mein Puls beruhigte sich langsam. Schlagartig kehrte die Müdigkeit zurück und ich sank in unruhigen Schlaf, kaum, dass ich die Augen geschlossen hatte

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