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Kapitel 5

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»Mein Herr?« Der Gardist trat in den niedrigen Türbogen. »Wir haben Meldung von unseren Spionen.«

Zareth nahm einen Schluck aus seinem Kelch, der Rotwein war vorzüglich, besser als die Plörre, die man Met nannte. Er verabscheute Honig in seinem Gebräu! Nachdenklich blickte er aus dem Fenster der Gemächer seines Bruders. Oder besser gesagt, seiner Gemächer, sobald die Handwerker endlich damit fertig waren, aus diesem rohen Edelstein, eines Lords würdigen Schlafsaal zu schleifen. Ihm war es schleierhaft, wie sein Bruder zwischen all dem unbehandelten Holz, den Fellen mit ihrem beißenden Geruch, und den unschicklichen Jagdtrophäen leben konnte. Zareth ließ mit Gold verzierte Möbel aus dem Westen herbringen, Silberkelche, Porzellanvasen und Gemälde berühmter Künstler aus der Hauptstadt, sowie edle Stoffe, für Decken, Kissen und seine Gewänder. Er hatte noch nie verstanden, weshalb seine Familie ohne jeglichen Prunk lebte, sein Vater und dessen Vater hatten ebenfalls kein Auge für Ästhetik besessen. Aber vielleicht hatte dies etwas mit ihrem auferlegten Fluch zu tun, von dem er als Zweitgeborener glücklicherweise nicht betroffen war.

Zareth hatte nie viel mit seiner Familie gemein gehabt. Er war ein hagerer Junge gewesen, der unter strammen Burschen aufgewachsen war. Ihm hatten die Götter einen scharfen Verstand geschenkt, doch das hatte seinen Vater und seinen Bruder nie interessiert. Allein wie viel Gewicht ein Mann auf seine Schultern lasten, und wie viele Siege er in Duellen erringen konnte, hatten für sie gezählt. Da Zareth lediglich belesen war, machten sie sich selbstredend über ihn lustig. Vor allem sein Bruder hatte ihn von Anfang an wie einen seiner Diener behandelt. Wie oft hatte er Zareth eine Narrenkappe aufgezogen und ihn mit vorgehaltener Klinge zu seiner Belustigung tanzen lassen? Nun lag sein Körper irgendwo in den Klippen und verfaulte, während die Raben ihm die Augen aus seinem abgetrennten Kopf pikten, den Zareth vor dem Tor auf einen Spieß gesteckt hatte. Das hatte er nun davon, Zareth sein Leben lang verspottet zu haben. Er war so vermessen gewesen, dass er nie den Hass gesehen hatte, den er all die Jahre durch seine herablassenden Bemerkungen, sein höhnisches Lachen geschürt hatte, wenn Zareth mal wieder dabei versagte, seine Manneskraft zu beweisen. Selbst die Frau hatte er ihm gestohlen! Nicht die Frau, die er wie eine Geliebte liebte, sondern wie eine Schwester. Sie war seine engste Freundin, der einzige Mensch, der ihn akzeptiert hatte, wie er war, aber sein Bruder hatte sie sich einfach genommen. So wie er sich alles genommen hatte, was er wollte. Seines Bruders wegen war sie sogar gestorben, um diesem Bengel das Leben zu schenken, den Zareth all die Jahre liebevoll Neffe hatte nennen müssen, damit niemand bemerkte, wie sehr ihn sein Dasein grämte.

Mit einem geräuschvollen Ausatmen stieß er die Gedanken von sich. Es war vorbei, er hatte für all das Rache genommen. Und er genoss sie in vollen Zügen.

Er wandte sich zu dem Gardisten um. Der Mann trug dunkelblaue Hosen, robuste Stiefel, eine polierte Eisenmelone auf dem Kopf und einen dunkelblauen Wappenrock über einem schneeweißen Hemd. Als Waffe diente ihm eine neu geschmiedete Hellebarde. Zareth hatte in den letzten Wochen bereits vieles in der Schwarzfelsburg verändert, nicht zuletzt die Ausstattung der Wachen. Er war der Ansicht, sie sollten rausgeputzt werden, Würde und Ordnung ausstrahlen, um sein Haus angemessen zu repräsentieren. Und nicht wie die Wachen seines Bruders in graubraunen Wolllumpen herumlaufen mit barbarischen Äxten und abgenutzten Rundschilden. Zugute kam ihm, dass er seinen Verrat seit Jahren geplant und viel Zeit für etwaige Vorbereitungen gehabt hatte, sodass in den letzten Wochen vieles angemessen flott verändert worden war. Allmählich fühlte er sich wohl in der Burg, die ihm von Kindesbeinen an Scham und Hass gelehrt hatte. Er würde diese Gefühle aus den Gemäuern vertreiben und Erinnerungen der Genugtuung einziehen lassen.

»Was haben sie zu berichten?«, wollte er von dem jungen Mann wissen.

Dieser zögerte. Erst da bemerkte Zareth die weiße Taube, die der Mann noch unter dem freien Arm hielt. Er war sofort zu ihm gekommen, als der Botenvogel eintraf. Zareth blähte die Nasenflügel, es konnten keine guten Neuigkeiten sein.

»Euer Neffe entkam erneut.«

Zareht mochte den Mann, er kam gleich zum wesentlichen Punkt. Doch seiner angespannten Stimme war anzuhören gewesen, dass er mit Wut rechnete.

»Habt Ihr seine Fährte noch?«

»Nein. Aber zur Hauptstadt kann er nicht gelangen, wir bewachen alle Wege. Die Spione werden ihn aufspüren.«

»In Ordnung.«

Zareths Gelassenheit wunderte den Gardisten. »Herr?«

»Solange er davonläuft, ist er kaum eine Gefahr.« Zareth nippte lächelnd an seinem Weinkelch. »Ihm bleibt ohnehin nicht mehr viel Zeit.« Der Fluch war ihm bereits auf den Fersen. Alles, was Zareth tun musste, war ihn zu jagen. Er setzte auf Zeit, die Rahff nicht mehr hatte.

»Sorgt lediglich dafür, dass er nicht zum König gelangt, alles andere überlasst fähigeren Männern. Gigdion wird ihn schon aufspüren.«

Der Gardist nickte, obwohl ihm die Beleidigung auf den speckigen Wangen anzusehen war. »Wie Ihr wünscht, Herr.«

»Und sucht in den Hurenhäusern nach Bastarden!«, trug Zareth ihm auf, während er bereits wieder hinaus in den Hof blickte, wo auf seinen Befehl hin die Rösser geschlachtet wurden, die seinem Neffen geradezu absurd heilig gewesen waren. Das schrille Schreien der Pferde erschallte im südlichen Gebirge, der Boden vor den Ställen schwamm im Blut. Bald würden die Wüstenpferde Einzug erhalten, eine Schmach, von der Zareth wünschte, sein Bruder und Neffe würden sie noch erleben. »Ich weiß, dass mein Bruder noch einen Sohn hatte. Tötet alle Jungen in den Bordellen!«

»Zu Befehl, Herr.«

Herz des Südens

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