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Kapitel 1

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»Wir haben ihn im Wald verloren, Herr«, verkündete der Kommandant der Reiterei verlegen.

Zareth umklammerte seinen Becher, den er bereits zu seinen Lippen geführt hatte, mit solcher Wut, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Er drehte sich zu dem Mann um und senkte dabei den Wein in seiner Hand. »Wie konnte das passieren?«

»Sie flohen in die Wälder, Herr.« Der Kommandant wagte bei seiner Erklärung nicht, Zareth in die Augen zu sehen. Er hatte zu viel Angst vor der Strafe, die ihn wegen seines Versagens erwarten konnte. »Wir verloren sie, als sie die Grenze des Westfrosts überquerten und dann den Nadelhang hinabgaloppierten. Wir verfolgten sie noch eine Weile, doch die dichtstehenden Bäume verschluckten sie im Zwielicht. Und zwei unserer Pferde brach der Abwärtsritt die Beine. Wir mussten sie töten und haben sie für die Wölfe liegen lassen.«

Zareth schickte ihn mit einer ungehaltenen Handbewegung nach draußen. So gerne er auch jemanden dafür verantwortlich gemacht hätte, es wäre seiner Macht abträglich, wenn er jene hinrichten ließe, die ihm treu bei seinem Verrat beigestanden hatten. Der Kommandant verneigte sich ehrerbietig und wandte sich dann ab.

»Ich wette, du hast, was du wolltest. Das muss dir ja unheimlich Genugtuung verschaffen.« Zareth drehte sich zu dem Priester um, der gefesselt auf einem Stuhl saß und ihm gelassen entgegenblickte.

»Damit werdet Ihr nicht durchkommen, Zareth«, schwor Ehvon ihm. Der alte Mann war seitjeher seinem Bruder treu ergeben gewesen. Er war eine Belastung, eine Schwachstelle. »Der König wird davon erfahren und Euch für Euer Verbrechen zur Rechenschaft ziehen.«

Zareth lächelte müde und ging um den Tisch seines Bruders herum. Die Götter mögen dem alten, armen Narren gnädig sein. »Der König würde wohl kaum einen Krieg mit mir riskieren«, warf Zareth ein und setzte sich in den gepolsterten Stuhl seines Bruders. »Diese Burg ist uneinnehmbar, Ehvon. Der König wird nicht riskieren, vor meinen Toren zu scheitern. Dann stünde es mir vielleicht sogar frei, ihn herauszufordern.«

Ehvon sah ihn entgeistert an. »Ihr seid größenwahnsinnig.«

Zareth lächelte ihn humorlos an. »Wohlmöglich. Aber das tut nichts zur Sache. Ich werde natürlich mit dem König in Kontakt treten und einige Einzelheiten mit ihm besprechen müssen. Aber seit unbesorgt, Ehvon, alter Freund, es wird zu keinem Kampf kommen.«

Ehvon verzog angewidert das Gesicht. »Ihr seid verachtenswert! Die Götter werden über Euch richten!«

»Ich fürchte Ihren Zorn nicht«, gab Zareth kalt zurück. »Und Ihr seid ein Narr, wenn Ihr glaubt, die Götter würden sich einen Dreck um uns scheren.« Er ignorierte für einen Moment den giftigen Blick aus den alten Augen des Priesters und pfiff nach seinem treuen Gefolgsmann Gigdion, der sogleich die Tür öffnete und eintrat.

Er war ein Bulle von einem Mann. Groß und grobschlächtig. Zahlreiche Narben schlängelten sich über sein Gesicht, tiefe Krater zogen sich über seine Wangen. Sein schwarzes Haar war fettig und im Nacken zusammengebunden, graue Strähnen durchzogen es wie ein silberner Fluss ein grünes Tal.

»Mein Neffe ist verschwunden, Gigdion«, sagte Zareth scheinbar besorgt. »Wir wollen doch nicht, dass er sich zum König verläuft, richtig?«

Gigdion nickte, als habe er einen Befehl erhalten. Zareth lächelte er zufrieden. Gigdion wandte sich wieder ab und verschwand.

Fassungslos fuhr Ehvon zu Zareth herum. »Ihr wollt sogar Euren eigenen Neffen töten? Und dann schickt Ihr auch noch einen Wilden nach ihm? Einen Heiden!«

»Ich würde anders darüber denken, wäre mein Neffe noch ein Bursche«, stimmte Zareth dem schockierten Priester zu. »Aber seine Jugend liegt fast so weit zurück wie meine eigene. Also kann er auch wie ein Mann gejagt und getötet werden.« Zareth seufzte gespielt bedauernd und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Und was machen wir nun mit dir, alter Freund?«

Ehvon ließ kein Fünkchen Furcht erkennen, er lächelte sogar ein wenig. »Ich bin ein Diener der Götter und ein Diener der Kirche. Wenn Ihr mich tötet, Zareth, wird die Kirche Eure Tore einrennen. Und sie hat weit mehr Anhänger als Ihr oder der König. Also werdet Ihr wohl meine Fesseln lösen müssen, damit ich mich wieder meiner Arbeit zuwenden kann. Die Götter lässt man nicht warten.«

Zareth verdrehte genervt die Augen, doch in einem hatte Ehvon recht: er konnte ihn nicht töten.

»Alsdann«, Zareth erhob sich aus seinem Stuhl, zückte das Langmesser, mit dem er seinen Bruder ermordet hatte, und dessen Blut sogar noch auf dem Boden eintrocknete, und schnitt Ehvons Fesseln durch. »Geh, Priester. Finde dich im Lichttempel von Südspitze bei deinen Brüdern ein. Aber sei dir dessen gewiss«, warnte Zareth und lehnte sich mit einem scharfen Flüstern zu dem Priester hinab, »dass ich dich im Auge behalten werde. Also denk nicht einmal daran, dich gegen mich zu verbünden.«

Herz des Südens

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