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3 Studienlage: „Empirische Realität“

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Bevor wir uns dem eigentlichen Untersuchungsgegenstand, dem öffentlichen Diskurs, nähern, widmen wir uns kurz der „empirischen Realität“, also der Studienlage zu Fragen von Digitalisierung und Kultur und hier vor allem der Bedeutung der Piraterie und des Urheberrechts für die Existenzgrundlage der Künstler, da diese Fragen sozusagen den Ursprung und Kern aller weiteren Debatten bildeten: Dies geschieht aus zwei Gründen. Erstens sickert der Spezialdiskurs, wie oben erläutert in den öffentlichen Diskurs, spielt also eine Rolle bei dessen Konstruktion. Zweitens illustriert der auch mit wissenschaftlichen Studien ausgefochtene Kampf um Deutungshoheit die schwierige Suche nach der „Wahrheit“. Die Wissenschaft wirkt hier häufiger als Stichwortlieferant opportuner Diagnosen denn als neutraler Schiedsrichter und die „Wahrheit“ im Sinne Foucaults als bloße Funktion und „Einsatz im Spiel des Diskurses“ (Lavagno 2006, 46). Dementsprechend herrscht auch innerhalb des Wissenschaftsbetriebs frohe Uneinigkeit über die Effekte von Digitalisierung, Piraterie und Urheberrecht.

Es ist dementsprechend nicht Ziel dieses Kapitels, die gängigen Fragen empirisch eindeutig zu beantworten, was nicht nur angesichts der Komplexität des Gegenstandes schwerlich möglich ist. Im Kern handelt es sich eben nicht um eine vornehmlich empirische Frage, sondern entsprechend der Vorstellung einer diskursiven Konstruktion von Wirklichkeit um einen politischen Kampf um das Wesen von Kultur und Gesellschaft. Ziel ist es, den Forschungsstand darzulegen und die Interaktion zwischen Spezial- und öffentlichem Diskurs exemplarisch nachzuzeichnen. Da die Musikbranche auf Grund ihrer Vorreiterrolle als „Opfer“ der Internetpiraterie Gegenstand zahlloser Untersuchungen war und sich viele Fragen auf kulturelle Güter im allgemeinen übertragen lassen, soll dieses Ringen um empirische Deutungshoheit vornehmlich an ihrem Beispiel illustriert werden. Anschließend werden die Befunde zum Effekt der Digitalisierung und Piraterie kurz mit der Lage der Literaturindustrie verglichen und abschließend zusammengefasst.

Im Rahmen der sich anschließenden chronologisch gegliederten Diskursanalyse werden die Kapitel zur Entwicklung der Musik- und Literaturdiskurse jeweils eingeleitet mit einem kurzen Überblick zur ökonomischen Lage der Dinge, der aber im Gegensatz zu diesem Kapitel keine Zusammenfassung der Forschungsergebnisse, sondern lediglich eine Darstellung der Umsatz- und allgemeinen Branchenentwicklung aus Branchenperspektive sein soll. Die nun folgenden grundsätzlichen Forschungsergebnisse zur Bedeutung von Urheberrecht, Digitalisierung und Piraterie werden also im Verlauf der Analyse ergänzt durch konkrete und detaillierte Zahlen der Entwicklung der Musik- und Literaturindustrie. Wer sich hier eine einführende Zusammenfassung der allgemeinen ökonomische Lage erhofft, sei auf das nächste Kapitel verwiesen. Diese Unterteilung geschieht, um dem Leser vor der eigentlichen Diskursanalyse den jeweils aktuellen Branchenhintergrund darzulegen und ihm dadurch den Einstieg in die Debatte zu erleichtern.

Digitale Evolution, Revolution, Devolution?

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