Читать книгу Schwefel, Tran und Trockenfisch. Wie Hamburger Kaufleute Island eroberten - Brigitte Bjarnason - Страница 10
ОглавлениеHamburg, 15. Jahrhundert
Während des Winters redete mein Vater immer wieder davon, mich nach Bergen an den deutschen Kai (der Tyske Bryggen) zu schicken, wo sich der Stützpunkt der Hanse befand. Auch von dem Stalhof in London und dem Hansekontor in Brügge sprach er. Es war gang und gäbe unter den Hamburger Kaufleuten, ihre Söhne eine Zeitlang in die Hansekontore zu schicken, wo sie lernen sollten, in der Fremde Geschäfte zu machen. Die staubige Luft der Kontore verlockte mich keinesfalls. Nur ein Ziel hatte ich vor meinen Augen und das war Island. Doch dafür musste ich meinen Vater überzeugen, mich nach Lübeck zu schicken.
»Moin, Moin«, begrüßten mich mein Vater und die Arbeiter im Speicher. Er war guter Stimmung, da am Vortag ein Holk mit Weinfässern aus Frankreich und Tuch aus Flandern wohlbehalten nach Hamburg zurückgekehrt war. Er konnte die Waren sofort verkaufen und machte guten Gewinn. Ich nutzte die Gelegenheit und bat ihn um ein Gespräch. Es wurde Zeit, denn in zwei Monaten würde die Kogge von Johann Hoyer von Lübeck nach Island aufbrechen.
Wie erwartet war mein Vater Jacob Rode keinesfalls erfreut von meinem Wunsch, nach Lübeck zu gehen, um dort eine Weile im Kontor von Johann Hoyer zu arbeiten. Meinen Plan, mit der Kogge des Lübeckers nach Island zu reisen, behielt ich für mich. Vaters finstere Miene nahm mir alle Hoffnung. Aber dann klopfte er mir plötzlich auf die Schulter und sagte: »Denn man tau, min Jung.« (Dann mal los, mein Junge).
Vielleicht lag es daran, dass meinem Vater zu Ohren gekommen war, dass der Lübecker Kaufmann gute Beziehungen zum Petershof in Nowgorod pflegte, denn Johann Hoyer handelte mit Pelzen, mit denen er viel Geld verdiente. Hatte ich es Vaters Neid auf den Reichtum Johann Hoyers zu verdanken, dass er mir die Fahrt nach Lübeck erlaubte? Ein Einstieg ins russische Pelzgeschäft versprach Gewinn und dafür waren gute Kontakte wichtig.
Ich versprach ihm, im nächsten Jahr mit Freude ins Brüggener Kontor zu gehen und wartete erregt auf den Tag meiner Abreise nach Lübeck.