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Hamburger machen Schlagzeilen – Island wird beinahe deutsch

Heute, in der Zeit von sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter, erfahren wir in Sekundenschnelle Nachrichten aus allen Teilen der Welt. In den Medien werden wir ohne Unterbrechung mit Schlagzeilen bombardiert. Ein regelrechter Informationsdschungel stürzt täglich auf uns ein, in dem wir uns kaum noch zurechtfinden. Wie entspannend waren da doch die früheren Zeiten, wo man erst spät oder gar nicht erfuhr, was in der Welt vorging. An Ereignissen, die für aufsehenerregende Schlagzeilen sorgten, mangelte es sicher nicht.

Auf dem Kirchhof der Þykkvabæjarklausturskirkja in Südisland liegt ein Grabstein, dessen Inschrift wie folgt lautet: HIR LICHT/ BEGRAVEN SALICH HANS BIRMA(N) D:I:V:H ANNO1583. Hans Birman war von 1560 bis 1583 Oldermann, Ältermann (lat. Comes Hansae »Konsul der Hanse«), der St. Annen-Brüderschaft der Islandfahrer zu Hamburg. In den Annalen des Klosters von Þykkvabær wird Hans Birman als Klosterverwalter aufgeführt. Aufgrund eines Streites über das Sammeln von Treibholz soll der Pastor von Mýrar den Hamburger ermordet haben. Nach der Tat flüchtete der Pastor und versteckte sich lange Zeit in einem Lavafeld in der sogenannten Pastorenhöhle (Prestshellir).

Auf der ehemaligen Versammlungsstätte von Kópavogur (Kópavogsþing) in der Nähe von Reykjavík wurden in den Jahren 1523 bis 1704 zehn Personen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Darunter befand sich ein Deutscher mit Namen Hinrik Kules. In den Archivalien der St. Annen-Brüderschaft der Islandfahrer zu Hamburg und ihrer Nachfolgeorganisation Isländische Cassa sind mehrere Spendenvermerke in dem Zeitraum von 1575 bis 1581 eingetragen, die nachweisen, dass Hinrik Kules von Hamburg nach Island gesegelt ist. Kules gehörte einer alten Hamburger Familie an. Er war der älteste Sohn des gleichnamigen Vaters und dessen Ehefrau Metke. Hinrik Kules blieb den Winter 1581/82 auf Island. In der Weihnachtsnacht soll er auf dem Gut Bessastaðir Bjarni Eiríksson erstochen haben. Daraufhin wurde er am 23. Februar 1582 zum Tode verurteilt und hingerichtet. Man vermutet, dass Kules geköpft und nicht gehängt wurde, denn zu dieser Zeit war es üblich, Diebe zu hängen, aber keine Mörder. Sehr wahrscheinlich liegt seine Grabstätte auf der Anhöhe der Arnarneshæð, westlich des alten Weges. Das Grab konnte nicht gefunden werden. Es wird angenommen, dass es bei Straßenbauarbeiten zerstört wurde.

Eine fast unglaubwürdige Geschichte besagt, dass der Hamburger Grobschmied Markus (Marx) Meyer beinahe der Herrscher über Island geworden wäre. Diesen Mann, der von König Heinrich VIII. zum Ritter geschlagen wurde, hat Graf Christoph von Oldenburg, der zu jener Zeit offiziell für Christian II. in Kopenhagen regierte, 1533 mit Island belehnt. Der isländische Fürst hat es nie nach Island geschafft. Bevor er seinen Thron besteigen konnte, nahmen ihn die Dänen gefangen. In Wardberg wurde der deutsche Ritter gevierteilt und aufs Rad gelegt. Somit blieb Island weiter in dänischer Hand.

Auch folgende Geschichte klingt dubios: Der Hamburger Conradus Bloem verbrachte im Jahre 1561 den Winter beim Bischof in Skálholt (Scalholden). Er hat dort Handel getrieben und die isländische Sprache studiert. Eines Tages fanden die Fischer des Bischofs das Horn eines Einhorns auf dem aus Grönland kommenden Treibeis. Zu der Zeit soll es, laut der Sage, noch Einhörner auf Grönland gegeben haben. Die Fischer nahmen zuerst an, dass es sich um einen Walzahn handelte und überbrachten das Fundstück ihrem Hausherrn. Der Bischof übergab den Fund Conradus. Dieser war ein schlauer Fuchs und verkaufte das Horn für mehrere tausend Florine in Antwerpen. Als der dänische König von diesem Verkauf hörte, reagierte er sehr verärgert. 1562 entschied er, dass die deutschen Islandfahrer für zwei Jahre, während über das Kornstapelrecht Hamburgs entschieden wurde, keinen isländischen Schwefel ausführen durften.

Durch den Angriff der Schweden und dem darauffolgenden Krieg von 1643 bis 1645 geriet der dänische König Christian IV. in Geldnot. Die plietschen (cleveren) Hamburger Kaufleute nutzten diese Gelegenheit und versuchten, wieder in den seit 1602 verbotenen Islandhandel einzusteigen. Laut einem Brief des Königs vom 9. Februar 1645 suchte ein Abgesandter der Hamburger Kaufleute Dominicus und Johann von Uffelen ihn auf und bot »fünfmal hunderttausend Taler« für die Verpfändung des Eilands Islandia an. Wenn auch unter gewissen Bedingungen bekundete der König sein Interesse an dem Angebot der Hamburger zu einer zehnjährigen Pfandschaft Islands. Die Isländische Kompanie in Kopenhagen hatte zwar den König immer unterstützt, doch mit der Aufgabe des Islandshandels fürchtete die Kompanie große Verluste und negative Auswirkungen auf die Bevölkerung Kopenhagens. Als einige der Hamburger Geldgeber an dem Projekt Zweifel bekundeten und sich die Abwicklung verzögerte, zog sich der König aus dem Geschäft zurück. Es ist anzunehmen, dass der König auf seine Ratgeber hörte und die Existenz der Isländischen Kompanie nicht gefährden wollte, weil die Vorteile des Islandshandels für die Dänen überwogen. So wird in einem Brief an den König Island als Speisekammer der Einwohner von Kopenhagen bezeichnet (det islandske Spisekammer). Isländische Waren waren billig zu haben und brachten Gewinn. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Hamburger Kaufleute auch noch im 17. Jahrhundert Interesse an den Handelsbeziehungen zu dem fernen Land im Norden zeigten.

Der bekannte isländische Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Halldór Kiljan Laxness (1902–1998) erzählt von dem Versuch des Dänenkönigs Island zu verkaufen in seinem Roman Islandglocke. Angelehnt an historische Figuren aus dieser Zeit, beschreibt der Autor die soziale und politische Situation beider Länder. Während das dänische Königspaar rauschende Feste auf seinem Schloss feiert, leidet die isländische Bevölkerung an Hunger und den Folgen der Pockenepidemie.

Wussten Sie, dass die Todesstrafe im 16., 17. und 18. Jahrhundert das Hängen, Enthaupten, Ertränken, Verbrennen und das Begraben bei lebendigem Leib war? Andere Strafen waren Auspeitschung (Stäupen), Brandmarkung, Verstümmelung, Strafarbeit und das Stellen an den Pranger.

Schwefel, Tran und Trockenfisch. Wie Hamburger Kaufleute Island eroberten

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