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12.09. Generation Y

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Heute, am Sonntag, ist unser Wohnzimmer den ganzen lieben langen Tag belegt, von einem uns bekannten Individuum, unserem Sohn. Es sind immer noch Semesterferien. Er ist also immer noch bei uns. Zu Besuch. Nur zu Besuch. Er muss wohl mit einigen Kommilitonen noch ein Projekt fertig stellen. Dass er pünktlich (plus oder minus eine Stunde) am Laptop sitzt, sollte ich ihn Mal ganz früh wecken. Um elf Uhr. Vielleicht schaffte er es dann um zwölf Uhr stramm zu stehen, beziehungsweise auf dem Sofa rumzuliegen. Natürlich gechillt. Er schaffte dann dreizehn Uhr. Ohne Frühstück (war ja eh noch zu früh dazu). Aber geduscht, eingesprüht mit einer ganzen Dose Deospray und einem Kilo Gel in den Haaren.

Ich bereitete währenddessen schon​ mal Essen in unserer Küche zu. Unserer offenen Küche. Ich liebe es beim Kochen alles mitzubekommen, was im Wohnzimmer so passiert. Und außerdem habe ich dann auch oft ein bisschen Ansprache. So auch heute. Ich lernte ganz neue Wörter, von denen ich noch nie gehört hatte.

Julian: „Jo. Hi. Alles klar. Du brauchst Android Studio, um Äipikäi in Junity bilden zu können.“

Ich:„???“

Julian: „Tu ju intu findet man bei Tatschskrien. Putt ju Internet. Mit Sleschstern. Müsste bei - Hust - Schlürf - Schmatz - Knack - Dokjuments sein. Bei dem Ässet in tatschskrippt Mottjuls tu ju wurde die DLL-Bibliothek riemuhfd. Der ruft dreißig Mal die Äpplei batten die sein auf! Das macht schon Sinn, dass es da nen Sdeck ouwerflou Ä-Rohr gibt.“

Ich:„???“

Julian: „Was gibt's denn heute Abend zu essen?“

Ich:„Selbstgemachte Pizza.“

Julian: „Prima.“

Ich:„Alles klar bei deinem Medieninformatik-Studium?“

Julian: „Alles prima. Und wie geht es euch so? Gibt's​ was Neues bei dir und Papa?“

Ich:„Nein. Leider nicht. Alles beim Alten. Leider. Das ist so schön, dass du nachfragst. Irgendwie fragt mich ja sonst niemand. Ein bisschen frustriert bin ich schon. Irgendwie wird dein Vater immer mehr zum Kautsch Poteito, wie man heutzutage so sagt.“

Julian: „Jetzt versuche einfach mal alles auszudokumentieren.“

Ich:„Du meinst sicherlich auszudiskutieren.“

Julian: „Genau.“

Ich:„Ich soll ihm sagen, was mich die letzten Jahre immer mehr an ihm stört?“

Julian: „Ja, würde ich sagen. Geh mal zu Edith Präferenzes.“

Ich:„Du meinst sicherlich die Edith Pfeffer. Mit der waren wir früher ganz gut befreundet. Was soll ich denn bei der?“

Julian: „Ach ne. Hat sich erledigt.“

Julian: „Du kannst ja doppelt klicken.“

Ich:„Das stimmt. Leider hat er auch ein Doppelkinn.“

Julian: „Das sieht komisch aus.“

Ich:„Ja. Finde ich auch. Das ist eben das Alter. Da kann man leider nichts machen.“

Julian: „Hast du ihn geklont?“

Ich:„Nein. Kann man denn sowas heutzutage schon machen?“

Julian: „Ja. Ja klar. Dann kannst du alles wieder ändern und auf Anfang zurücksetzen.“

Ich:„Das ist eine sehr gute Idee.“

Julian: „Dann haben wir die neueste Version.“

Ich:„Vielleicht kann ich ja auch noch was verbessern an ihm.“

Julian: „Ja. Gute Idee.“

Ich:„Früher hat er immer so auf sein Aussehen geachtet und Sport gemacht. Da war er irgendwie ein super durchtrainierter Mann. Ach, wie gerne würde ich ihn so wieder vor mir sehen… so schlank, gutaussehend, charmant.“

Julian: „Du kannst dir ja irgendwelche Bilder im Internet anschauen.“

Ich:„Du meinst von anderen Männern?“

Julian: „Jo. Ja klar. Warum nicht? Nur um zu sehen, was es sonst noch so gibt.“

Ich:„Sowas würde ich nie machen. Trotz allem liebe ich deinen Vater.“

Julian: „Na dann überlege dir doch was anderes.“

Ich:„Wir haben doch vor einigen Jahren einen Tanzkurs zusammen gemacht.“

Julian: „Hahaha. Wie geil.“

Ich:„Das hat unserer Ehe richtig gut getan.“

Ich:„Meinst du, ich soll mit ihm mal wieder tanzen gehen?“

Julian: „Kannst ja mal einen Rechtsklick machen.“

Ich:„Einen Rechtskick. Wie bei der Samba. Die habe ich immer am liebsten getanzt. Schau mal so habe ich diesen Kick gelernt.“

(Und schon wirbelte ich durch die Küche und fühlte mich jung, begehrenswert und geliebt).

Julian: „Das sieht gar nicht gut aus. So ein Scheiß.“

Ich:„Wie sprichst du denn mit mir?“

Julian: „Sorry. Ist echt nicht leicht für mich.“

Ich:„Und für mich erst.“

Julian: „In der Tschäisen ist das anders.“

Ich:„Du meinst in der Tschechai? Du glaubst, dass dort die Männer mehr mit ihren Frauen unternehmen?“

Julian: „Ja. Petter hat das Problem schon gelöst.“

Ich:„Jetzt wo du das ansprichst. Stimmt. Der Peter geht mit seiner Frau einmal in der Woche zur Wirbelsäulengymnastik.“

Julian: „Ich schreibe ihm gerade.“

Ich:„Oh. Das ist aber lieb von dir. Dann frage ihn doch gleich, wann der nächste Termin ist und ob wir uns anschließen dürfen.“

Julian: „Genau. Super Idee.“

Ich:„Dann können wir auch mal wieder über neue Dinge reden. Nicht, dass wir anfangen uns nur noch über Krankheiten und diverse Verdauungsstörungen zu unterhalten wie viele ältere Leute.“

Julian: „Moment. Ich zeige dir noch meinen Kot.“

Ich:„Wie bitte?“

Julian: „Zeig mir mal deinen Kot.“

Ich:„Was ist denn plötzlich mit dir los?“

Julian: „Was denn? Bist du wieder stehen geblieben? Option Demenz.“

Ich:„Ne. Dement ist Papa noch nicht. Vielleicht ein bisschen vergesslich.“

Julian: „Darf ich nochmal den Fehler sehen?“

Ich:„Ja. So um neunzehn Uhr kommt er nach Hause.“

Julian: „Hat er noch die Alte?“

Ich:„Also diesen Ton verbiete ich mir.“

Julian: „Hahaha. Wie geil.“

Ich:„So. Jetzt ist das Essen bald fertig. Schnell noch ein wenig hübsch machen.“ (Ich sehe eigentlich noch ganz adrett aus. Nur einmal die Haare kämmen und Lippenstift auflegen.)

Julian: „O.k., das hat es nicht besser gemacht. So ein Scheiß.“

Ich: - heul, schluchz, wimmer-

Unser Sohn schaut vom Laptop hoch. Nickt mir freundlich zu, nimmt die mikroskopisch kleinen Ohrstöpsel aus den Ohren.

Julian: „Mama, ich bin jetzt fertig mit skypen. Wie geht es dir und Papa eigentlich?“

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