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Meinen Hang zur fokussierten Selbstständigkeit habe ich in die Wiege gelegt bekommen, mit der Muttermilch aufgesogen und war Unterrichtsfach Nummer eins in den ersten Jahren meines Lebens. Meine Mutter war Partnerin einer alteingesessenen Anwaltskanzlei. Ab einem gewissen Jahresnettoeinkommen ändert sich die Rechtslage vor Gericht. Bei entsprechenden Entschädigungszahlungen oder so deklarierten freiwilligen Spenden, fällt ein Urteil bekanntlich anders aus als bei einem gewöhnlichen Menschen, wenn es zum Urteil kommt. Mit einem Vergleich kauft man sich sein eigenes Recht. Das war schon immer so und das wird immer so bleiben.

Die Kanzlei meiner Mutter vertrat das Geld. Sie war findig in ihrer Argumentation vor Gericht und hatte immer eine Lösung parat. Im Interesse ihrer Mandanten, unter dem Deckmantel des allgemeinen Interesses. Sie war ein Arbeitstier, stand noch zwei Stunden vor meiner Entbindung im Gerichtssaal. Erfolgreich versteht sich. Das bekam ich früher bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zu hören.

Mein Vater besaß eine Immobilienfirma. Von ihm habe ich das erbarmungslose Verhandeln um Verkaufspreise gelernt.

Beim Geschäft gibt es klare Regeln. Keine Freunde und keine Verwandten. Jede Ware hat ihren Preis. Wer Freundschaftsdienste leistet, ist kein Geschäftsmann, ist weich und ein Verlierer. Das war seine Devise und die ist zu meiner geworden.

Ich wurde zum Siegen erzogen. Jede Chance muss genutzt werden, um zu gewinnen. Egal ob beim Sport, Spiel oder im Geschäft. Das trainierten wir täglich.

Mein erster Trainingspartner war mein drei Jahre jüngerer Bruder Maximilian. Wir haben heute keinen Kontakt mehr.

Meine Eltern verunglückten beim Höhlentauchen in Südfrankreich. Sie wurden für tot erklärt, ihre Leichen nie gefunden. Ich war damals gerade fünfundzwanzig Jahre alt geworden, hatte mein Studium abgeschlossen, ein paar Praktika absolviert und spielte mit dem Gedanken mich selbstständig zu machen. Nun musste ich die Firma meines Vaters übernehmen. Aber Immobilien waren nicht mein Ding.

Nach einem Jahr verkaufte ich das Geschäft, zahlte meinen Bruder aus und gründete meine eigene Existenz.

Zusammen mit Clemens Richter, den ich beim Studium kennengelernt hatte. Er hatte die Ideen, ich das Geld. Gemeinsam entwickelten wir eine Software, die Bedürfnisse von potenziellen Kunden erkennt und bestehende Produktionsprozesse darauf prüft, mit welchem Aufwand auf neue Ansprüche eingegangen werden kann. Farben und Designs sind immer dem Modetrend unterworfen. Momentaufnahmen des allgemeinen Geschmacks. Ein stetiger Wandel, der ein schnelles Reagieren erfordert, um Kunden einzufangen und zu halten. Manchmal ist es nur eine Farbnuance oder ein etwas mehr geschwungener Bogen, der einen anspricht und den Unterschied ausmacht. Die Software war damals einmalig und wir fanden in der Automobilbranche mehrere Interessenten dafür.

Wir nannten sie „Chamäleon +“ und verkauften sie an die vier größten deutschen Autohersteller gleichzeitig, inklusive Wartungsvertrag.

Mit dem Gewinn konnten wir Leute einstellen und eine größere Büroetage anmieten.

Schnitt

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