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Sofort wähle ich die Telefonnummer, die mir Berner geschickt hat.

„Herr Suong, ich bin in zehn Minuten bei Ihnen. Ich verstehe nicht, wieso sie sich nicht an unsere Abmachung halten. Die Hauptverträge sind fertig. Wir benötigen nur noch ihre Unterschrift“, platze ich sofort los.

Kim Suong räuspert sich.

„Hallo Mr. Norden. Ich möchte sie an die Klausel in unserem Vorvertrag erinnern.“

„Welche Klausel?“

„Wenn wir das gleiche Produkt zu einem mindestens fünfzehn Prozent besseren Preis angeboten bekommen, können wir aus dem Vorvertrag zurücktreten, um das neue Angebot in Ruhe zu prüfen.“

„Ich kenne den Passus, Herr Suong. Aber wer sollte Ihnen denn das gleiche Produkt anbieten? Chamäleon + ist die einzige funktionierende Version. Alles andere ist billiger Abklatsch. Meine Software hat sich auf dem internationalen Markt bewährt. Wollen sie auf diese Erfahrung verzichten?“

Mein Smartphone piept warnend im Hintergrund. Der Akku neigt sich dem Ende zu.

„Mr. Norden, ich bedauere Ihnen sagen zu müssen, aber uns wurde heute ein Produkt mit gleicher Funktionalität zu einem so günstigen Preis angeboten, dass wir uns überlegen, das Risiko mit der mangelnden Markterfahrung einzugehen. Unser Unternehmen ist auf maximalen Gewinn orientiert.“

Mayerhofer.

Mein erster Gedanke.

Er hat meine Software. Darum saß er bei unserm Telefonat heute so auf dem hohen Ross.

Der Dreckskerl.

„Ich bin in zehn Minuten bei Ihnen, Herr Suong. Dann reden wir über den Vertrag und den Preis.“

„Sehr gerne, Mr. Norden. Wir werden aber nicht auf sie warten. Unser Flugzeug startet pünktlich.“

Er legt auf.

Mein Handy verabschiedet sich piepend aus dem Netz und geht aus. Der Akku ist leer.

Woher hat Mayerhofer seine Eingebung?

Seine Versuche meine Software zu kopieren waren bisher allesamt dilettantisch gescheitert. Er verdient sein Geld mit der Programmierung von Handy-Apps. Präsenz von Städten für ihren Tourismusmarkt. Hotel-, Restaurant-, Kultur-und Wanderführer. Einträglich, aber wenig anspruchsvoll.

Hat ihm jemand was gesteckt?

Ich gehe im Kopf meine Mitarbeiter durch, aber so etwas traue ich keinem zu. Bei der Einstellung habe ich mit Absicht devote und ängstliche Charaktere bevorzugt. Freigeister bereiten nur Probleme.

Clemens?

Mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken. Die Erkenntnis kommt brachial. Der neue Laptop. Mayerhofer hat Clemens Richter gekauft! Nur Clemens könnte, im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, die Software so geschickt umschreiben, dass er sie neu patentieren dürfte.

Steckt Mayerhofer hinter dem Anschlag auf mich? Wollen die mich fertigmachen?

Wir sind mittlerweile auf der Stadtautobahn, die direkt zum Flughafen führt, angekommen. Um diese Zeit herrscht Hochbetrieb auf dem Zubringer. Ich schaue auf meine Uhr. Der Verkehr rollt, ich kann die Koreaner noch vor ihrer Abreise erreichen.

„Beeilen sie sich gefälligst ein bisschen“, raunze ich den Taxifahrer an.

„Gerne, Meister.“

Ich kann ihn im Rückspiegel grinsen sehen. Er trägt ein blaues Basecap ohne Aufschrift, eine Sonnenbrille und einen rötlichen Vollbart. Was grinst der so blöd? Er schert nach rechts auf den Standstreifen aus und gibt Gas. Überholt in seiner jetzt eigenen Spur den Verkehr.

Geht doch, denke ich.

In diesem Moment macht er eine Vollbremsung.

„Was ist los?“, schreie ich überrascht, während mich die Fliehkraft gegen den Vordersitz stemmt.

Das Auto steht und der Taxifahrer stellt den Motor ab. Er beugt sich über den Beifahrersitz. Dort befindet sich, wie ich jetzt erst sehe, ein kleiner Laptop, auf dem der Fahrer rasch etwas eintippt. Als er fertig ist, zieht er das Anschlusskabel aus der Buchse im Wagencockpit und klappt das Gerät zusammen. Das geht alles so schnell, dass ich nichts sagen kann. Ich schaue nur verwirrt auf den Fahrer. Er grinst mich weiterhin an, zieht den Wagenschlüssel aus dem Zündschloss und steigt aus. Aus der Türablage nimmt er ein Warndreieck, dann wirft er die Tür zu. Der Wagen verriegelt automatisch alle Türen und die Warnblinkanlage fängt an zu leuchten. Neben uns hupen die vorbeifahrenden Autos, die dem durchgedrehten Taxifahrer ausweichen müssen. Ich finde meine Stimme wieder und fange an zu schreien. Dann ziehe ich wütend an den Öffnungshebeln der Türen, aber nichts passiert. Die Zentralverrieglung hält weiter zu. Der Taxifahrer entfernt sich auf dem Standstreifen hinter dem Fahrzeug. Ich sehe, wie er in ungefähr zehn Meter Abstand das Warndreieck aufstellt und dann über die Leitplanke springt.

Er winkt mir zu, bevor er über den Abhang nach unten verschwindet.

Schnitt

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