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3. Entscheidung über das Aussageverhalten des/der Mandanten/in
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Der wichtigste Rat, den die Verteidigung seinem/r Mandanten/in gibt, ist gegenüber den Ermittlungsbehörden zum Tatvorwurf zunächst immer zu schweigen,[3] was auch bedeutet, dass der/die Mandant/in Nichts zur Sache in den Anhörungsbogen der Polizei schreibt, sondern nur die Pflichtangaben zur Person macht. Das Prinzip Nichts zu sagen, ist zum Beginn eines Strafverfahrens immer richtig; denn wer Nichts sagt, sagt zumindest nichts Falsches und die Verteidigung vermeidet mögliche Fehler.
Hinweis
Ob eine Einlassung überhaupt abgegeben werden soll und in welcher Art und in welchem Umfang, kann von der Verteidigung erst dann taktisch sinnvoll entschieden werden, wenn die Ermittlungsakte eingesehen worden ist.
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Der/die Mandant/in, der/die in Verkehrsstrafsachen oftmals erstmalig mit der Strafjustiz zu tun hat und in strafprozessualen Fragestellungen regelmäßig unerfahren und unsicher ist, wird oftmals vorbringen, „es sei doch besser bei der Wahrheit zu bleiben„ oder „man habe doch Nichts zu verbergen“. Dem ist durch Überzeugungsarbeit aktiv entgegenzutreten. Schweigen ist etwas anderes, als die Tat zu leugnen (vgl. Rn. 25); das Schweigen ist ein Recht und wertungsfrei (vgl. Rn. 26) und taktisch sinnvoll (Rn. 28). Insoweit betont Burhoff[4] zutreffend: „Ohne Kenntnis der Akten, sprich ohne Akteneinsicht, wird der Verteidiger seinem Mandanten i.d.R. weder raten, sich – schon – zur Sache einzulassen, noch wird er selbst eine Stellungnahme für den Mandanten abgeben. Tut er das doch, ist das fehlerhaft“. Zur Akteneinsicht vgl. Rn. 75 ff. und zum Recht auf Akteneinsicht vgl. Rn. 86.
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Dem/der Mandanten/in muss deutlich gemacht werden, dass das Berufen auf das Schweigerecht als Beschuldigte/r etwas völlig anderes ist, als die Tat zu bestreiten und, dass aus der Tatsache, dass der/die Beschuldigte zum Tatvorwurf schweigt, niemand bei den Ermittlungsbehörden negative Schlüsse zieht im Sinne „dann hat er/sie etwas zu verbergen“. Dem/der Mandanten/in ist zwingend zu vermitteln, selbst wenn er/sie schon vor der Beauftragung seines Verteidigers Angaben gemacht haben sollte, dass er/sie sich ab jetzt zumindest vorläufig bis zur Gewährung von Akteneinsicht gegenüber den Ermittlungsbehörden darauf beschränkt zu sagen: „Ich sage zum Tatvorwurf (auf Anraten meines/r Rechtsanwalts/Rechtsanwältin) Nichts“ oder „Ich mache (auf Anraten meines/r Rechtsanwalts/Rechtsanwältin) von meinem Schweigerecht als Beschuldigte/r Gebrauch“. Eine irgendwie geartete Einlassung im Sinne von: „Ja, ich war der/die Fahrer/in des Pkw“ oder „Ich habe von einem Unfall Nichts bemerkt und im Übrigen sage ich nichts“, wäre schon eine Einlassung die geeignet ist, zumindest die Fahrereigenschaft des/der Mandanten/in als ermittelt anzusehen. Weiter kann diese auch noch als eine „Teileinlassung“ angesehen werden, aus der später vom Gericht negative Schlüsse gezogen werden könnten, während dies im Hinblick auf das bloße Berufen auf das Schweigerecht als Beschuldigte/r nicht zulässig ist. Auch aus der Tatsache, dass ein/e Beschuldigte/r sich darauf beschränkt, die ihm vorgeworfene Tat zu leugnen, im Übrigen aber schweigt, darf ihm/ihr kein Nachteil entstehen.[5] Zum Bestreiten mit Uneinsichtigkeit vgl. Rn. 443.
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Als Beschuldigte/r zu schweigen ist ein Recht und niemand kann aufgrund der Wahrnehmung eines strafprozessualen Gestaltungsrechts Nachteile erleiden. Der/die Beschuldigte bzw. Angeschuldigte bzw. Angeklagte darf bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft und vor Gericht sogar die Unwahrheit („bloßes Leugnen“) sagen, ohne dass er dafür überhaupt oder härter bestraft werden kann.[6] Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass dieses Privileg seine Grenze darin habe, wenn durch die Einlassung vorsätzlich wider besseren Wissens i.S.d. § 164 StGB ein Dritter beschuldigt wird. Anders als der/die so privilegierte Mandant/in sind Fahrzeuginsassen, Polizeibeamte[7] und insbesondere der Unfallgegner als „Zeugen“ zur wahrheitsgemäßen Aussage[8] verpflichtet. Die Verteidigung sollte allerdings – auch aus Standesgründen – nie dem/der Mandanten/in den Rat erteilen, zu lügen.
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Das Berufen auf das Schweigerecht als Beschuldigte/r muss also zunächst als das wichtigste Recht angesehen werden. Allerdings kann u. U. von der örtlich zuständigen Fahrerlaubnis-Behörde nach § 31a StVZO als Sanktion für die Zukunft eine Fahrtenbuchauflage verhängt werden, wenn der objektive Tatbestand erfüllt ist und der/die Halter/in den/die Fahrer/in nicht angibt.[9] Das ist im Sinne einer vernünftigen strategischen Entscheidung jedoch als kleineres Übel hinzunehmen, denn eine wahrheitsgemäße Äußerung des/der Mandanten/in kann sich im Strafverfahren später als belastend, da zu einer Verurteilung führend, erweisen.
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Ob eine Einlassung überhaupt abgegeben werden soll und in welcher Art und in welchem Umfang, wird von der Verteidigung entschieden, wenn die Ermittlungsakte eingesehen wurde. Es kann sein, dass es bei der bisherigen Strategie zu schweigen verbleibt oder der/die Mandant/in soll als Beschuldigte/r eine Einlassung abgeben (vgl. Rn. 79). Mehrere taktische Varianten sind denkbar
• | eine vom Mandanten selbst formulierte und niedergeschriebene Einlassung wird verlesen, |
• | es erfolgt eine von der Verteidigung für seinen Mandanten formulierte Einlassung |
• | oder der Angeklagte/die Angeklagte redet selbst. |
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Eine insoweit sinnvolle taktische Variante auf die u.a. Burhoff[10] Hinweist, ist die sog. schriftliche Erklärung: Es „ist die wirkungsvolle Möglichkeit, die Einlassung des Mandanten dadurch festzuschreiben, dass dieser sich schriftlich einlässt und die schriftliche Einlassung in der Hauptverhandlung verlesen wird. Wird so verfahren, ist auf Folgendes zu achten: Es muss sich bei der Erklärung um eine eigene Erklärung des Angeklagten handeln. Ein Schriftsatz des Verteidigers, der bloß eine Einlassung des Angeklagten wiedergibt, genügt nicht. Diese Einlassung des Angeklagten sollte schon vor Beginn der Hauptverhandlung zur Akte gereicht werden. Dann ist sie im Wege des Urkundenbeweises nach § 249 StPO verlesbar, was ggf. zu beantragen ist. Zudem besteht dann nicht die Gefahr, dass die Erklärungen nur als Teileinlassung gewertet und aus ihr Schlussfolgerungen zum Nachteil des Angeklagten gezogen werden, was aber möglich ist, wenn die schriftliche Einlassung des schweigenden Angeklagten erst nach Beginn der Hauptverhandlung zu den Akten gereicht wird. Besonders wichtig ist schließlich auch, dass der Angeklagte, der sich schriftlich eingelassen hat, selbst in der Hauptverhandlung dann vollständig schweigen muss. Mündliche Erklärungen könnten sonst nämlich als Ergänzungen, Relativierungen oder sogar als Widerruf seiner – schriftlichen – Einlassung festgestellt werden.“
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Checkliste für die Revisionsbegründung zur Einlassung des Angeklagten/der Angeklagten
• | Hat der Angeklagte/die Angeklagte sich überhaupt eingelassen, denn es besteht ein immer zu beanstandender Mangel des Urteils, wenn die Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten/der Angeklagten fehlt.[11] |
• | Wenn der Angeklagte/die Angeklagte sich eingelassen hat, inwieweit wurde die Tat eingeräumt.[12] |
• | Wenn das Gericht der Einlassung des Angeklagten/der Angeklagten nur teilweise folgt, inwieweit unterscheiden sich Feststellungen des Gerichts und Einlassung.[13] |
• | Auf welche Beweismittel stützt das Gericht seine von der Einlassung abweichende Feststellung und warum ist die Einlassung in diesem Punkt nicht glaubhaft.[14] |
• | Welche Angaben hat der Angeklagte/die Angeklagten zu Art und Verlauf des Alkoholgenusses gemacht.[15] |
• | Welche Angaben hat der Angeklagte/die Angeklagten zum Unfallereignis gemacht, z.B. wurde die Beteiligung am Unfall bestritten oder eingeräumt.[16] |