Читать книгу Kein Kaviar für Killer: 4 Krimis - Cedric Balmore - Страница 24
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Es war 23 Uhr 45. Eine gute Stunde stand ich nun schon vor dem Gebäude, in dem Dr. Martin wohnte. Der Psychologe war nicht mehr erschienen. Wahrscheinlich lag er in seinem Bett und ließ alle Fünfe gerade sein. Ich rief Milo an.
Mein Freund und Kollege meldete keine besonderen Vorkommnisse. Ich erklärte ihm, dass ich den Einsatz in der 22. Straße abbrechen würde. Mitten im Satz brach ich ab, denn ich sah einen weißen Pkw aus der 10. Avenue in die 22. Straße einbiegen. Langsam rollte er näher. Ein Lichtkegel huschte vor dem Wagen her über den Asphalt.
„Was ist?“, fragte Milo.
„Da kommt ein weißer Wagen auf mich zu“, sagte ich ins Handy. „Sieht aus wie ein Ford. Verdammt, Milo, es ist ein Ford ...“
Ich unterbrach die Verbindung und schob das Handy in die Jackentasche. Meine Rechte tastete nach der SIG Sauer P226 im Holster an meiner rechten Hüfte. Ich ließ den Motor des Van an.
Der weiße Ford war nur noch einen Steinwurf weit entfernt. Ich konnte erkennen, dass er nur mit dem Fahrer besetzt war. Ich schaute auf die Zulassungsnummer. Da sah ich es auch schon aus dem Seitenfenster blitzen. Mündungsfeuer. Der Bursche schoss mit einer Pistole. Ich hörte es krachen und rutschte auf dem Sitz nach unten, verschwand fast unter dem Lenkrad. Der Van sackte ein kleines Stück nach vorne links ab. Glas klirrte. Dann war der Ford vorbei.
Ich riss die Tür auf und sprang ins Freie.
Der Ford war beschleunigt worden. Ich sah die Rücklichter und riss den Arm mit der Pistole hoch. Die Bremslichter glühten auf. Da wurde der Wagen auch schon herumgerissen und verschwand in der 8. Avenue.
Ich wandte mich um. Der linke Vorderreifen des Van war platt. Ein Kugelloch befand sich im Kotflügel. Eine andere hatte beide hintere Seitenscheiben durchschlagen, war also im linken Fenster ein-, im rechten wieder ausgetreten.
Ich begriff, dass es der Schütze gar nicht auf mich abgesehen hatte. Es war eine Warnung. Ich fragte mich, wer mir den Schützen auf den Hals gehetzt hatte. Kurzentschlossen betrat ich das Hochhaus. Der Portier las nicht mehr in der Zeitschrift, sondern hatte den kleinen Fernseher angemacht und schaute sich irgendeinen Film an. Jetzt erregte ich seine Aufmerksamkeit.
„Welches Apartment bewohnt Dr. Martin?“
„Sieben-null-fünf“, kam es wie aus der Pistole geschossen. „Soll ich Sie anmelden?“
„Nein“, versetzte ich und ging zum Aufzug. Ich drückte den Knopf. Laut Stockwerksanzeige stand der Lift in der 5. Etage. Ich vernahm durch die geschlossene Tür im Schacht ein leises Rumpeln, als sich der Aufzug nach unten in Bewegung setzte.
Dann glitten die beiden Türhälften fast lautlos auseinander, und ich betrat die Kabine. Mein Finger legte sich auf den Knopf mit der Nummer sieben. Die Türhälften aus Edelstahl glitten wieder zusammen, der Lift hob ab und schwebte mit mir höher und höher. In der 7. Etage stieg ich aus. Ich fand das Apartment mit der Nummer 705 und läutete.
Es dauerte einige Zeit, dann sah ich Licht durch den Spion schimmern, und im nächsten Moment erklang eine dunkle Stimme: „Wer ist draußen?“
„Trevellian, FBI. Machen Sie auf, Dr. Martin.“
Ich hörte, wie die Sicherungskette entfernt und die Tür entriegelt wurde, dann schwang das Türblatt auf, und ein Mann, der mit einem rotgestreiften Schlafanzug bekleidet war, stand vor mir.
„Was führt Sie zu mir, Trevellian?“, fragte Dr. Martin. Seine Haare standen vom Kopf ab, was mir verriet, dass er schon im Bett gelegen hatte. „Ich muss morgen früh um acht Uhr in der Uni sein.“
„Entschuldigen Sie“, sagte ich und drängte den Mann einfach zu Seite, betrat den Livingroom und sah den Telefonapparat auf einer Konsole an der Wand. Ich ging hin, nahm den Hörer ab und drückte den Knopf für die Rufwiederholung. Fünfmal ertönte das Freizeichen, dann meldete sich der automatische Anrufbeantworter der Columbia Universität.
Ich legte wieder auf. „Besitzen Sie ein Handy?“
Dr. Martin hatte die Tür geschlossen und musterte mich mit einer Mischung aus stummer Frage und Verärgerung. Jetzt sprangen seine Lippen auseinander. „Was soll das, Trevellian? Nein, ich besitze kein Handy.“
„Haben Sie, nachdem Sie von ihrem Sit-in in Queens zurückgekehrt sind, telefoniert?“
„Nein. Wieso beschatten Sie mich?“
„Die Mädchen vom Straßenstrich wurden jeweils donnerstags nach zweiundzwanzig Uhr entführt“, erklärte ich. „Ein weißer Ford Lincoln spielt dabei eine gewisse Rolle. Die Entführungen fanden also jeweils nach Beendigung des Sit-ins Ihrer Selbsthilfegruppe statt. Und Sie fahren einen weißen Lincoln, Professor.“
„Und damit habe ich mich verdächtig gemacht, wie?“
„Wir müssen jede Möglichkeit ins Kalkül ziehen. – Ich muss Ihren Wagen beschlagnahmen.“
„Was wollen Sie mit meinem Wagen? Himmel, Trevellian, Sie verdächtigen doch nicht etwa mich, der Schlitzer von Harlem zu sein?“ Entgeistert schaute mich der Professor an.
„Sie gehören zu dem Personenkreis, der für die Morde in Frage kommt, Dr. Martin. Wie ich schon sagte, dürfen wir keine Möglichkeit auslassen, die uns bei der Fahndung nach dem Mörder möglicherweise weiterbringt. Wenn sich in Ihrem Wagen keinerlei Hinweise auf die entführten Mädchen ergeben, sind Sie über jeden Verdacht erhaben. Es muss also auch in Ihrem Interesse liegen ...“
Im Gesicht Dr. Martins zuckten die Nerven. „Aber ich brauche meinen Wagen.“
„Zur Uni gelangen Sie auch mit der Subway“, versetzte ich. „Geben Sie mir bitte die Autoschlüssel.“
„Das ist ungeheuerlich“, blaffte Dr. Martin. „Ich ...“
„Beruhigen Sie sich“, sagte ich. „Wenn Sie sich nichts vorzuwerfen haben, gibt es keinen Grund zur Aufregung. In drei Tagen haben Sie Ihr Auto wieder, wenn sich keine Hinweise auf die Mädchen ergeben.“
Scharf stieß der Professor die Luft durch die Nase aus. Plötzlich wandte er sich ab. Er ging zur Garderobe und nahm einen Schlüsselbund aus der Tasche einer Jacke, löste einen der Schlüssel von dem kleinen Stahlring und reichte ihn mir. Mit erzwungener Ruhe sagte er: „Sicher, Trevellian, Sie tun nur Ihre Pflicht. Ich will Sie in Ihrer Arbeit auf keinen Fall behindern. Ja, lassen Sie meinen Wagen auf Spuren untersuchen. Sie werden sehen, dass ich über jeden Verdacht erhaben bin.“
„Davon bin ich überzeugt, Professor“, erklärte ich.