Читать книгу Kein Kaviar für Killer: 4 Krimis - Cedric Balmore - Страница 33

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Melanie Stockton war zum Polizeirevier in der 119. Straße Ost gebracht worden. Dieses Revier war für den 25. Bezirk zuständig, zu dem auch Harlem gehört.

Als wir ankamen, hatten die Beamten herausgefunden, dass sie in einer Kellerwohnung in einer Straße festgehalten worden war, in der es fast nur verlassene, abbruchreife Gebäude gebe. Sie habe den Mann, der sie sie festgehalten habe, mit einem Stuhl niedergeschlagen und sei dann durchs Fenster geflohen.

Melanie war fix und fertig. Sie war mit ihrer Psyche am Ende. Um sie würde sich wohl ein Psychologe kümmern müssen. Als ich mit ihr sprechen wollte, konnte sie nur hemmungslos weinen.

„Da es sich nur um die hunderteinundzwanzigste Straße handeln kann“, meinte einer der Cops, die sich um das Mädchen gekümmert hatten, „habe ich einen Streifenwagen dorthin geschickt. Eine Rückmeldung habe ich noch nicht erhalten. Nun, das kann dauern. Die hunderteinundzwanzigste endet beim Marcus Garvey Park und setzt sich im Westen fort. Zu bemerken ist, dass es auf der Westseite noch viele Bewohner gibt.“

Da klingelte auch schon das Telefon auf dem Schreibtisch des Cops. Er nahm den Hörer ab, lauschte, nickte und senkte die Hand mit dem Hörer. „In einer der Kellerwohnung haben die Kollegen eine männliche Leiche entdeckt. Der Mann wurde erschossen. Wahrscheinlich handelt es sich um die Wohnung, in der das Girl festgehalten wurde.“

Milo und ich fuhren sofort hin. Vor dem Gebäude stand das Patrolcar, so dass wir es gar nicht verfehlen konnten. Noch war niemand von der Mordkommission oder von der Spurensicherung da. Milo und ich gingen in die Wohnung. Das Fenster neben der Tür musste von innen zerschlagen worden sein, denn die Scherben lagen außerhalb der Wohnung.

„Heh, hier gibt es nichts zu glotzen“, empfing uns einer der Cops, als wir die Wohnung betraten. „Verschwindet ...“

„FBI“, sagte ich. „Special Agent Trevellian, mein Kollege Tucker. Wir befanden uns gerade im Revier, als Ihr Anruf einging.“ Ich hatte meine ID-Card gezückt und hielt sie dem wenig freundlichen Burschen vor die Nase.

„In Ordnung“, sagte er. „Fassen Sie nichts an und lassen Sie alles, wie es ist, damit die Spurensicherung alles unverändert vorfindet.“

„Wir sind schon ein paar Tage dabei“, knurrte ich gereizt. „Darum wissen wir Bescheid.“

Der Leichnam lag mit dem Rücken zu uns am Boden. Ich sah die Haare des Mannes, die sich bereits grau zu färben begonnen hatten. Ich ging um den Toten herum und erkannte ihn auf Anhieb.

„Jackson!“, entfuhr es mir. „Milo, es ist Richard Jackson.“

„Das ist ‘n Hammer“, stieß Milo hervor und kam an meine Seite. „Also hatte er doch etwas mit den Morden an den Freudenmädchen zu tun.“

„Satansjünger und mit HIV infiziert. Wegen des Motivs, das ihn geleitet hat, brauchen wir wohl nicht lange nachzudenken.“

„Er war aber nicht allein“, wandte Milo ein. „Sein Mörder dürfte zu dem Verein gehören.“

„Wo sich wohl der Ford Lincoln befindet, mit dem er die Girls entführt und hierher geschafft hat?“

„Vielleicht hat ihn der Mörder weggefahren.“

Ich nickte. Anders konnte es nicht sein. „Wahrscheinlich hat sich Jackson zu einem Risiko entwickelt, nachdem Melanie Stockton entkommen konnte“, sagte ich. „Bemerkenswert ist die Kaltblütigkeit, mit der der Mörder vorgegangen ist. Er musste doch damit rechnen, dass jeden Moment die Polizei auftaucht, nachdem Melanie die Flucht gelungen war.“

„Ja“, pflichtete Milo mir bei, „das ist in der Tat von einer Unverfrorenheit, die ihresgleichen sucht.“

Einer der beiden Cops ging hinaus. Wir folgten ihm. Er setzte sich auf den Beifahrersitz des Einsatzfahrzeuges. Ich sah, wie er sich das Mikrofon des Funkgerätes schnappte. Ich ging zu ihm hin und hörte ihn sagen: „... handelt es sich nach der Aussage des FBI-Mannes um einen gewissen Richard Jackson. Auf dem Bett im Schlafzimmer der Wohnung liegen einige Schnüre. Es ist also sicher, dass es sich um die Wohnung handelt, in der das Mädchen festgehalten wurde. Um den Schlupfwinkel des Schlitzers.“

„Mordkommission und Spurensicherung sind informiert“, kam es aus dem Mikro. Sie werden innerhalb der nächsten Minuten eintreffen. Bleibt bei der Wohnung. Niemand darf sie betreten ...“

Ich ließ mir das Mikrofon geben und sagte: „Hier spricht Special Agent Trevellian, FBI. Veranlassen Sie sofort die verstärkte Fahndung nach einem weißen Ford Lincoln, Zulassungsnummer ...“ Ich gab die Nummer durch. Dann endete ich: „Mit dem Wagen ist vielleicht der Mörder Jacksons unterwegs.“

Ich übergab dem Cop wieder das Mikro.

Nach einiger Zeit kamen die Kollegen von der Mordkommission und der Spurensicherung. Es erschienen auch weitere Streifenfahrzeuge, die die Gegend um das Haus mit der Leiche absperrten. Einige Reporter erschienen. Schließlich tauchten ein Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Coroner auf ...

Und dann kam der Funkspruch, dass ein weißer Ford Lincoln im Central Park aufgefunden worden war. Er war mit gestohlenen Kennzeichen ausgestattet.

Es konnte nur der Wagen sein, den wir suchten.

Milo und ich verließen die 121. Straße und fuhren zur Transverse Road No. 4 in den Central Park. Ein Abschleppwagen war bereits an Ort und Stelle. Die Besatzungen zweier Streifenwagen waren anwesend. Ich gab zu verstehen, dass der Ford zum Gelände der SRD zu bringen sei.

Jetzt mussten wir nur noch die Ergebnisse der Spurensicherung abwarten.

Zwei Tage später wussten wir Bescheid.

In dem Ford Josh Merediths waren keine Spuren von den ermordeten Mädchen gefunden worden. Man hatte aber die DNS des Wagenbesitzers analysiert. Im Wagen, der in der Transverse Road No. 4 gestanden hatte, wurden Spuren von Laura Bennett und Melanie Stockton gefunden. Man hatte auch an der Rückenlehne des Fahrersitzes Haare gefunden und analysiert. Die meisten stammten von Richard Jackson.

Ein Haar aber stammte von – Josh Meredith.

Der Abgleich der DNS-Analysen hatte es eindeutig ergeben.

Josh Meredith, der Bruder Carol Jacksons, hatte in dem Wagen gesessen, in dem Laura Bennett und Melanie Stockton befördert worden waren.

Er gehörte also zu der Bande, die sich auf die Ermordung Prostituierter spezialisiert hatte. Und er war wahrscheinlich der Mörder Richard Jacksons.

Wir fuhren zu seiner Wohnung in der Henry Street.

Josh Meredith war nicht zu Hause.

Also fuhren wir zur Welsh Cooperation in der Leroy Street, wo Meredith als Buchhalter beschäftigt war.

Als wir sein Büro betraten, diktierte er gerade seiner Sekretärin einen Brief oder etwas in der Art. Da wir ohne anzuklopfen in sein Büro geplatzt waren, kniff er die Augen eng, über seiner Nasenwurzel erschienen zwei steile Falten, er schnappte: „Was fällt Ihnen ein ...“

Und dann schien er zu begreifen.

Jetzt ging alles blitzschnell.

Meredith griff rechts in seinen Schreibtisch. Plötzlich hielt er eine Pistole in der Hand. Er hielt sie auf seine Sekretärin angeschlagen.

Milo und ich waren überrumpelt. Mit dieser Reaktion des Gangsters konnten wir nicht rechnen.

Jetzt sprang Meredith auf. Sein Bürostuhl rollte ein Stück zurück. „Lassen Sie nur Ihre Pistolen stecken, G-men“, stieß er zwischen den Zähnen hervor. „Oder ich erschieße Kath.“

Die Sekretärin war steif vor Schreck.

Meredith trat hinter sie, legte ihr den linken Arm um den Hals und zog sie in die Höhe. „Rühren Sie sich nicht vom Fleck“, knurrte er und drückte Kath die Pistolenmündung unter das Kinn.

Die Frau schien gar nicht zu begreifen, was mit ihr geschah. Lediglich in ihren weit aufgerissenen Augen spiegelten sich Schreck und Entsetzen wider.

„Geben Sie auf, Meredith“, sagte ich. „Sie machen alles nur noch schlimmer.“

Der Gangster lachte klirrend auf. „Ich kann nichts mehr schlimmer machen. Was gibt es Schlimmeres als Mord? Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Städte von den elenden Huren zu säubern, die skrupellos Elend über die Menschheit bringen. Mein Schwager war dem Tod geweiht, meine Schwester wird sterben, hunderte – tausende sind gestorben und werden noch an Aids zu Grunde gehen.“

„Wer ist wir?“, fragte ich.

Meredith bewegte sich rückwärtsgehend auf die Tür zum Nebenzimmer zu. Es war das Büro seiner Sekretärin.

„Das würden Sie gern wissen, Trevellian, wie? Aber ich werde es Ihnen nicht sagen. Wie sind Sie auf mich gekommen?“

„Sie haben in Jacksons Ford Lincoln Ihren genetischen Fingerabdruck hinterlassen. Warum musste Jackson sterben?“

Meredith richtete die Pistole auf mich. „Stellen Sie sich dort an die Wand“, kommandierte er, ohne auf meine Frage einzugehen. „Auch Sie, Tucker. Vorher aber legen Sie Ihre Waffen auf den Fußboden.“

Er hatte fast die Tür erreicht, die ins Nachbarbüro führte.

„Wird‘s bald?“ Meredith drückte wieder seiner Geisel die Mündung unter das Kinn. Jeder Zug im Gesicht der Frau drückte jetzt Angst und Schrecken aus. Sie schien begriffen zu haben, dass sie sich in der Gewalt eines gewissenlosen Killers befand.

Vorsichtig zogen Milo und ich unsere Pistolen, legten sie auf den Fußboden und traten zurück. Ich ließ Meredith nicht aus den Augen. Ein entschlossener Ausdruck hatte sich um seinen Mund festgesetzt. Dieser Mann würde über Leichen gehen. Das war mir plötzlich klar.

„Haben Sie allen Ernstes angenommen, Sie könnten die Prostitution bekämpfen und ausmerzen?“, fragte Milo.

„Jede tote Hure war ein Gewinn für die Menschheit. Jackson war der Vollstrecker. Er betete zum Satan. Die Herzen der Huren opferte er. Wir ließen es zu, weil es nach Ritualmorden aussah. Um eine falsche Spur zu legen, wurden auch in Baltimore, Cincinnati und Indianapolis den Huren die Herzen herausgeschnitten.“

„Beinahe wäre es Ihnen gelungen, eine falsche Spur zu legen“, sagte ich. „Wir ermittelten zunächst in Richtung Ritualmord.“

„Wir haben Sie beide unterschätzt, Trevellian. Wie sind Sie uns auf die Spur gekommen?“

„Ihnen das jetzt zu erzählen würde viel zu viel Zeit in Anspruch nehmen, Meredith. Sagen Sie uns, wer noch zu Ihrem Killerverein gehört. Ist es Dr. Martin?“

Meredith nahm seinen Arm vom Hals der Frau. „Hol deine Autoschlüssel, Kath!“, kommandierte er. „Und versuch lieber nicht zu fliehen. Eine Kugel ist immer schneller als du.“

Er versetzte seiner Sekretärin einen Stoß. Die Frau taumelte zur Seite und war für uns nicht mehr zu sehen. Meredith ließ die Mündung der Pistole über mich und Milo pendeln.

Plötzlich holte er mit der linken Hand ein Mobiltelefon aus der Jackentasche. Ohne seine Aufmerksamkeit länger als einen Sekundenbruchteil von Milo und mir zu nehmen, klickte er eine Nummer her, dann drückte er den Verbindungsknopf. Gleich darauf sagte er: „Sie haben uns. Ich habe eine Geisel. Trevellian und Tucker stehen in meinem Büro. Ich fahre mit der Geisel zur Wohnung meiner Schwester. Du solltest auch hinkommen.“

Meredith lauschte. Sein Gesprächspartner redete einige Zeit auf ihn ein. Schließlich sagte Meredith: „Ich weiß, ich habe einen Fehler gemacht. Aber denk nur nicht, dass ich den Kopf allein in die Schlinge stecken werde. Wir treffen uns in einer halben Stunde bei Carol. Und dann sehen wir weiter.“

Meredith unterbrach die Verbindung und ließ das Handy wieder in die Jackentasche gleiten. „Bist du bereit, Kath?“

„Ja“, kam es zaghaft von der Frau, die wir nicht sehen konnten.

„Sie haben gehört, dass ich zu meiner Schwester will. Versuchen Sie nicht, mich aufzuhalten, Trevellian, Tucker. Kath würde dafür bezahlen. Wenn ich bei Carol bin, werde ich meine Forderungen stellen.“

Meredith verschwand aus der Tür.

Ich hörte einen ersterbenden Aufschrei, als er sich wahrscheinlich wieder die Geisel schnappte.

Fast gleichzeitig traten Milo und ich vor. Wir hoben unsere Pistolen auf, dann öffnete ich die Tür zum Korridor. Ich trat hinaus. Meredith hielt seine Sekretärin wie ein lebendes Schutzschild vor sich. Rückwärts gehend bewegte er sich in Richtung Treppenhaus. Dort gab es auch einen Aufzug.

Kein Kaviar für Killer: 4 Krimis

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