Читать книгу Erotic Collection I - Chloé Césàr - Страница 9

Prolog

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Adrian, du bist ein verdammter Windhund! Warst immer einer, und wirst ewig einer bleiben. Hau endlich ab aus meinem Kopf und vor allem aus meinen Nächten! Untersteh dich ja, mich noch einmal im Traum so wüst zu ficken, hörst du?«

Trotz der harschen Worte strich Amanda mit einer Hand immer wieder sanft, ja geradezu zärtlich über das runde Hinterteil der Marmorstatue, die auf einem Sockel vor dem nördlichen Atelierfenster stand.

Die Figur, ein nackter männlicher Torso, war beinahe fertig. Es fehlten noch einige wenige Details (unter anderem Penis und Hodensack), aber die mussten warten, bis die Künstlerin ihr momentanes seelisches Tief überwunden hatte.

Sie trug Schwarz, ihrer aktuellen Stimmung entsprechend. Und weil es den Rotstich in der prachtvollen Lockenmähne dezent unterstrich. Und außerdem das Grün der Augen strahlen ließ wie Smaragde. Amanda verstand etwas davon, sich gekonnt in Szene zu setzen.

Es hat etwas, dachte sie gerade, sich an melancholischen Tagen wie dem heutigen wie eine Diva zu fühlen. Auch wenn mich hier in den Bergen niemand bewundern wird in dem Aufzug. Wenn ich nicht aufpasse, mutiere ich noch zu einer wirklichen Einsiedlerin auf meiner Finca! – Wieder streichelte sie geistesabwesend das pralle, knackige Hinterteil der kopf- und penislosen männlichen Statue.

Zu ihren Füßen begann plötzlich ein lautes Schnurren und riss Amanda aus ihrer Versunkenheit.

Rasputin, der schneeweiße Kater mit den grünen Augen, die sogar noch einen Tick grüner wirkten als ihre eigenen (als Künstlerin behielt Amanda sich das Recht vor, sogar Farben grammatikalisch zu steigern), schmiegte sich an ihre Beine. Einige weiße Katzenhaare blieben dabei an dem dünnen schwarzen Chiffon des langen Kleides haften.

»Lass das, Rasputin! Raus in den Garten mit dir. Los, los, Abmarsch. Ich bin nicht in Schmusestimmung heute Morgen. Du hast dich die ganze Nacht herumgetrieben und hemmungslos amüsiert. Während dein Frauchen einsam in ihrem Bett lag. Ohne Streicheleinheiten und von wilden, merkwürdigen Träumen geplagt. Wenn es daraus aufschreckte, schweißgebadet und mit pochendem Herzen, wer war dann da, um es zu trösten? Der treulose Rasputin etwa? Ich werde dir verraten, wer da war! Niemand nämlich. Jawohl, niemand. Hörst du? NIEMAND!«

Der Kater hörte prompt zu schnurren auf, während Amanda ihren Monolog abhielt, der ein bisschen lächerlich, weil nach Klagemauer klang. Oder wahlweise auch nach indischer Witwe vor der Selbstverbrennung.

Dazu das dramatische schwarze Schleiergewand.

Wenn es nicht beinahe völlig durchsichtig und Amanda obendrein darunter splitternackt gewesen wäre, so hätte man glatt glauben können, seine Trägerin meine es tatsächlich ernst mit ihrem Auftritt.

Rasputin fixierte sie mit diesem eiskalten grünen Blick, der zu sagen schien: »Du bist völlig durchgeknallt, Mädchen! Sind wir also wieder einmal in dieser Stimmung? Von mir aus kannst du meckern und die Theatralische spielen, so lange du willst. Jedenfalls wirst du mir nicht das Leben schwer machen. Dann hau ich eben tatsächlich wieder ab und tauche unter. Du kannst dich ja zwischenzeitlich von einem deiner anderen Lieblinge aus dem Schlangenterrarium trösten lassen. Zum Glück besitzt du ja merkwürdige Hobbys zur Genüge.«

Ehe Amanda ihn sich greifen und reumütig an den Busen drücken konnte, machte sich der Kater davon.

Klüger als die meisten Männer – dachte sie und schüttelte, halb bedauernd, halb lachend, den Kopf.

Adrian war regelmäßig ausgeflippt, wenn sie in dieser Stimmung schwelgte wie andere Leute in ihrem sonnabendlichen Schaumbad. Anstatt ihr die Zeit und die Muße zu schenken, die sie brauchte, um sich wieder einzukriegen, hatte er sie angefahren und ihr obendrein vorgeworfen, hysterisch und egozentrisch zu sein. Eine Drama-Queen erster Güte hatte er sie genannt.

»Wie kannst du einem Künstlerkollegen das nur antun?« – hatte er schließlich eines Tages getobt. Und dann auch noch seine ledergepolsterten Profi-Kopfhörer nach Amanda geworfen. Anstatt sie sich auf den Kopf zu stülpen und stillschweigend damit an seinen Musikcomputer auszuweichen, bis Amandas Tief vorbeigezogen war.

Hinterher war es selbstredend ihre alleinige Schuld gewesen, dass die teuren Ohrenklappen den Aufprall auf dem harten Steinfußboden der Finca-Küche nicht unbeschadet überstanden hatten.

Dieser schicksalsträchtige Vorfall sollte dann auch der letzte seiner Art sein. Der sensible Musiker Adrian mit den hochempfindlichen Ohren (er verfügte nach eigenen Angaben über das absolute Gehör) kam zu der Einsicht, nicht länger mit den Launen dieser kapriziösen Frau umgehen zu können. Zudem fand er, sie könne umgekehrt auch nicht mit seiner zarten Künstlerseele umgehen. Was die Sache nicht besser machte.

Einige Tage später packte Adrian folgerichtig seine beiden Gitarren, den Musikcomputer und sich selbst in ein klappriges Taxi, das den Weg zur Finca erst nach einigen unfreiwilligen Umwegen gefunden hatte.

»Wo fährst du hin?« Amanda hatte sich oben weit aus ihrem Atelierfenster gelehnt, weil das Gebrumm des Automotors sie bei der Arbeit störte.

»Zum Flughafen!« – das war Adrians einzige Antwort und Erklärung zugleich gewesen.

Seitdem hatte sie ihn nicht wiedergesehen. Nicht einmal mehr eine Nachricht oder einen Anruf hatte sie erhalten. Nichts. Adrian schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Und das seit mehr als einem halben Jahr schon.

Dabei hatte er sie in ihren zärtlichen und zugleich so wilden Stunden doch immer Meine Göttin genannt!

Aus. Vorbei.

Adrian war Amandas große Liebe. Gewesen.

Sie träumte auch jetzt noch beinahe jede Nacht von ihm.

Sie hätte sie gerne abbestellt, diese Träume. Aber sie kamen immer wieder. Da ließ sich wohl nichts machen. So war das eben mit der einen, der großen Liebe.

Amanda kannte ein befreundetes Pärchen, das ebenfalls eine Finca besaß, die etwas weiter nördlich lag. Die beiden, Sam und Katrin, kamen nur wenige Monate im Winterhalbjahr auf die Insel, ansonsten lebten sie in Hamburg.

Sam und Katrin teilten sich eine kleine Liebe.

Jedenfalls hatte Katrin das einmal behauptet, nachdem sie Amanda und Adrian einen Abend lang auf einem Fest beobachtet hatte.

»Wer euch beide zusammen sieht … das ist Liebe! Die große Liebe!«, hatte Katrin kategorisch behauptet. Am nächsten Tag am Telefon. Und hinzugefügt: »Was bin ich froh, mit Sam nur eine kleine Liebe gefunden zu haben. Ich beneide dich nicht, Amanda. Es ist so verdammt anstrengend, THE BIG ONE am Laufen zu halten. All diese kleinen und größeren Plänkeleien. Die nutzlose Eifersucht. Das ewige Hickhack.«

Im weiteren Verlauf des Gesprächs hatte Amanda schließlich auch noch erfahren, wie Sam mit den regelmäßig wiederkehrenden Launen seiner Katrin umging: Er schwenkte ein weißes Tuch und rief dazu: »Ich ergebe mich!« – wenn sie dann lachen musste, war das Schlimmste bereits überstanden. Lachte sie aber nicht, dann verließ Sam vorsichtshalber für eine Weile das Haus. Um sich mit einem seiner zahlreichen Freunde irgendwo königlich zu amüsieren. Manchmal übernachtete er sogar bei diesem Freund. Irgendwann klingelte dann garantiert sein Handy und eine tief zerknirschte Katrin bat ihn reumütig, schnellstens zu ihr heimzukehren. Was Sam dann auch immer tat. Mit einer Rose, einer Flasche Wein oder ihrem Lieblingsparfüm bewaffnet.

Während Amanda der Freundin am Telefon zuhörte, packte sie ein Anflug von Neid. Zugleich aber dämmerte ihr auch, dass diese Form von Liebe für sie selbst viel zu langweilig und zu berechenbar wäre.

Sie glaubte das auch noch fest und unbeirrt an dem Tag, als Adrian mit dem Taxi einfach wegfuhr … Natürlich nahm sie zu dem Zeitpunkt auch noch fest an, dass er bis zum Abend zurückkehren würde.

Beide Annahmen stellten sich in der Folge als nicht haltbar heraus.

Erst einige Wochen später konnte Amanda sich dazu aufraffen, auf Katrins Rat hin in einem Internet-Chat-room nach einer kleinen Liebe zu fahnden.

Überraschenderweise wurde sie recht schnell fündig.

Der Mann sah richtig nett aus, war gebildet und hatte einen vernünftigen und trotzdem nicht uninteressanten Beruf. Er hieß Peter und war Pilot. Flugkapitän bei einer Chartergesellschaft. Immerhin.

Katrin behauptete, zu einer kleinen Liebe könne und müsse man sich bewusst entschließen.

Also entschloss sich Amanda.

Dafür, Peter zunächst einmal einem Testlauf zu unterziehen. Später konnte man dann weitersehen. Aber bis dahin war sicherlich auch Adrian wieder da …

Erotic Collection I

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