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II. Das Bundesverfassungsgericht – ein Verfassungsorgan?

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Das BVerfG hat sich über seine unbestrittene Gerichtsqualität hinaus in der berühmten „Status-Denkschrift“ vom 27. Juni 1952[6] selbst den Status eines Verfassungsorgans attestiert[7]. Davon geht implizit auch das BVerfGG aus, wenn es ihm in § 1 Abs. 1 Selbstständigkeit und Unabhängigkeit gegenüber „allen übrigen Verfassungsorganen“ zuschreibt[8]. Auch der verfassungsändernde Gesetzgeber hat die vom BVerfG erstrittene Stellung des BVerfG anerkannt, wie aus der amtlichen Begründung zur Einführung des Art. 115g GG hervorgeht, der jedwede Beeinträchtigung der „verfassungsmäßige[n] Stellung“ des BVerfG im Verteidigungsfall untersagt[9]. Die Status-Denkschrift hat mit der Rolle des BVerfG als „oberstem Hüter der Verfassung“ argumentiert. Das BVerfG sei insoweit „nach Wortlaut und Sinn des Grundgesetzes und des Gesetzes über das BVerfG zugleich ein mit höchster Autorität ausgestattetes Verfassungsorgan, in eine ganz andere Ebene als alle anderen Gerichte gerückt“. Ausdruck des besonderen organisatorischen Status des BVerfG sind seine – seit 1986 ausdrücklich anerkannte (vgl § 1 Abs. 3 BVerfGG) – Geschäftsordnungsautonomie, seine Ressortfreiheit, die herausgehobene protokollarische Stellung seines Präsidenten sowie schließlich sein Recht auf Beteiligung bei der Aufstellung des Entwurfs des Bundeshaushaltsplans durch Voranschläge des Präsidenten (vgl § 28 Abs. 3 BHO) und auf autonome Bewirtschaftung der bewilligten und in einem eigenen Einzelplan ausgewiesenen Haushaltsmittel.

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Ob das BVerfG aufgrund dieses Status auf einer Ebene mit den anderen, von ihm kontrollierten Verfassungsorganen oder im Hinblick auf seine Kontrollbefugnis gar über diesen Staatsorganen steht[10], ist eine Frage der Definition. Entscheidend ist, dass die Redeweise vom BVerfG als Verfassungsorgan nichts anderes bedeuten kann als den Versuch, die dem BVerfG zugewiesenen Kompetenzen auf einen als Abbreviatur fungierenden Begriff zu bringen[11]. Dagegen dürfen aus dem so, also induktiv gewonnenen Begriff weitere Rechtsfolgen, insbesondere zusätzliche Kompetenzen des BVerfG nicht deduziert werden. Eine solche Ableitung wäre nichts anderes als unzulässige und irreführende Begriffsjurisprudenz.

§ 1 Die Stellung des Bundesverfassungsgerichts im Verfassungsgefüge der Bundesrepublik Deutschland › III. Das Bundesverfassungsgericht als maßgeblicher Letztinterpret des Grundgesetzes: Hüter oder Herr der Verfassung?

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