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II. Lieferkommission

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Beim Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff HGB) kommt es zivilrechtlich in der Regel nicht zu einer Veräußerung des Kommissionsgutes durch den Kommittenten an den Kommissionär.[17] Zivilrechtlich ist die Kommission lediglich eine spezielle Geschäftsbesorgung. Umsatzsteuerrechtlich liegt daher eine sonstige Leistung nahe, und zwar eine Leistung des Kommissionärs an den Kommittenten. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 3 Abs. 3 UStG ist jedoch eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär zu bejahen. Damit kommt es zu einer Doppellieferung:

Der Kommittent liefert an den Kommissionär
Der Kommissionär liefert an seinen Abnehmer.
Die erste Lieferung findet regelmäßig erst in dem Zeitpunkt statt, in dem auch die zweite Lieferung stattfindet; die Lieferzeitpunkte fallen also regelmäßig zusammen (s. Rn 245 f).
Eine sonstige Leistung wird nicht ausgeführt.

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Beispiel:

Die Lederfeld GmbH produziert Hemden, die Herr Schenkenberg als Kommissionär an den Einzelhandel vertreibt. Das Tätigwerden als Kommissionär bedeutet nach § 383 Abs. 1 HGB, dass Herr Schenkenberg gegenüber den Einzelhändlern nicht als Vertreter (§§ 164 ff BGB) der Lederfeld GmbH auftritt, sondern im eigenen Namen. Herr Schenkenberg, nicht die GmbH, tritt also unter den Kaufverträgen mit den Einzelhändlern als Verkäufer auf. Zivilrechtlich erbringt hier Herr Schenkenberg als Kommissionär eine Geschäftsbesorgung an die Lederfeld GmbH als Kommittentin. Herr Schenkenberg erwirbt kein Eigentum an den Hemden (auch kein „Durchgangserwerb“). Umsatzsteuerrechtlich sind aber nach § 3 Abs. 3 UStG ausschließlich zwei Lieferungen zu bejahen, nämlich eine Lieferung der Lederfeld GmbH an Herrn Schenkenberg und eine Lieferung Herrn Schenkenbergs an den jeweiligen Einzelhändler. Eine sonstige Leistung wird nicht erbracht. Zur Bemessungsgrundlage: Unterstellt, Herr Schenkenberg ist verpflichtet, den von ihm erzielten Bruttoerlös abzüglich 10 % Provision an die Lederfeld GmbH abzuführen. Wenn er dann Ware für € 119 000 (brutto) verkauft, ergibt sich folgende Berechnung: Schenkenberg muss an die Lederfeld GmbH 90 % von € 119 000, also € 107 100, zahlen. Dieser Betrag (abzüglich der enthaltenen USt) ist Bemessungsgrundlage für die Lieferung der Lederfeld GmbH an Herrn Schenkenberg. Die Bemessungsgrundlage beträgt damit € 90 000, die USt € 17 100. In nämlicher Höhe ist Herr Schenkenberg zum Vorsteuerabzug berechtigt. Herr Schenkenberg schuldet für die Lieferung an seine Abnehmer USt i. H. v. (€ 119 000/1,19 * 19 % =) € 19 000. Damit ergibt sich für ihn (unter Berücksichtigung der Vorsteuer) eine Zahllast von (€ 19 000 ./. € 17 100 =) € 1900.

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Zum Zeitpunkt der Lieferungen im Falle einer Lieferkommission: Regelmäßig ist eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär im Sinne der Umsatzsteuer erst dann anzunehmen, wenn auch der Kommissionär an seinen Abnehmer liefert. Der Lieferzeitpunkt für beide Lieferungen ist also regelmäßig derselbe. Zwar erhält der Kommissionär den Besitz an der Ware zumeist deutlich vor der Weiterveräußerung. Diese Besitzverschaffung ist aber noch keine Lieferung i. S. d. Umsatzsteuerrechts, weil dadurch wirtschaftliche Substanz – und damit Verfügungsmacht i. S. v. § 3 Abs. 1 UStG – noch nicht auf den Kommissionär übergeht.[18]

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Lediglich im Ausnahmefall einer grenzüberschreitenden innergemeinschaftlichen Kommission fallen die beiden Lieferzeitpunkte auseinander. Eine Lieferung vom Kommittenten an den Kommissionär ist hier aus Vereinfachungsgründen bereits in dem Zeitpunkt zu bejahen, in dem die Ware bei der Übergabe an den Kommissionär vom einen in den anderen Mitgliedstaat gelangt. Gleichzeitig ist demnach der innergemeinschaftliche Erwerb beim Kommissionär der Besteuerung zu unterwerfen.[19]

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Beispiel 1:

Unternehmer Uhle übergibt am 1. April in Hamburg Ware an den Kommissionär Kjell. Kjell transportiert die Ware am 3. April in sein Lager in Bremen. Am 5. April findet er einen Abnehmer in Oldenburg, an den er die Ware ausliefert. Der umsatzsteuerrechtliche Zeitpunkt beider Lieferungen ist der 5. April (Inlandssachverhalt).

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Beispiel 2 (Abwandlung):

Kjell ist in Dänemark ansässig. Dorthin verbringt er am 3. April die Ware und dort verkauft er sie am 5. April. Bejahte man auch hier eine Lieferung des Uhle an Kjell erst am 5. April, ergäbe sich für Uhle am 3. April nach deutschem Umsatzsteuerrecht ein (steuerbefreites) innergemeinschaftliches Verbringen. Vor allem müsste Uhle dann aber in Dänemark einen innergemeinschaftlichen Erwerb (entsprechend § 1a Abs. 2 deutsches UStG) und eine Lieferung an Kjell versteuern. Den damit verbundenen Verfahrensaufwand (das Verfahren würde dänischem Umsatzsteuerrecht unterliegen und in dänischer Sprache geführt werden), erspart die Finanzverwaltung dem Uhle. Nach der Vereinfachungsregelung[20] kann eine Lieferung des Uhle an Kjell bereits beim Grenzübertritt nach Dänemark bejaht werden. Dann hat Kjell den innergemeinschaftlichen Erwerb in Dänemark zu deklarieren und dort den Vorsteuerabzug vorzunehmen. Das fällt ihm – als dänischem Unternehmer – leichter als es Uhle fallen würde.

§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › A. Lieferung › III. Gehaltslieferung

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