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2. Europäische Rechtsnormen

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Neben das ProdSG als nationales Produktsicherheitsrecht, das die Allgemeine Produktsicherheitsrichtlinie 2001/95/EG in nationales Recht umsetzt, tritt ein komplexes System weiterer europäischer Normen, die für die Auslegung des Herstellerbegriffs von maßgeblicher Bedeutung sind. Dies ergibt sich aus der europäischen Harmonisierung des Produktsicherheitsrechts und damit auch des Herstellerbegriffs. Dieses System besteht im Wesentlichen aus Rechtsvorschriften im Rahmen der sogenannten „neuen Konzeption“, dem sogenannten „Globalen Konzept“ und dem sogenannten „New Legislative Framework“ (NLF), der Europäischen Union, deren Sinn und Zweck beziehungsweise dessen Ziele als auslegungsleitende Grundsätze herangezogen10 und im Folgenden näher dargestellt werden.

Die sogenannte „neue Konzeption“ der Europäischen Union legt einheitliche, grundlegende Produktsicherheitsanforderungen in sektoralen Harmonisierungsrechtsakten fest, die auf der Grundlage des Art. 114 AEUV11 erlassen wurden und werden.12 Indem europaweit in den sektoralen Harmonisierungsrechtsakten einheitliche Anforderungen an Produkte gestellt werden, soll dem freien europäischen Warenverkehr zur Durchsetzung verholfen werden. Ein Produkt, das unter den Anwendungsbereich eines sektoralen Harmonisierungsrechtsakts fällt, darf nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn die Konformität dieses Produkts mit den Anforderungen der darauf anwendbaren EU-Richtlinie(n) oder EU-Verordnung(en) bescheinigt wird (Konformitätserklärung) und durch das Anbringen des CE-Kennzeichens auf dem Produkt bestätigt wird.13 Der Hersteller erklärt mit dem Anbringen des CE-Kennzeichens auf dem Produkt gegenüber den Marktüberwachungsbehörden, dass er der Auffassung ist, die Anforderungen dieser Harmonisierungsrechtsakte eingehalten zu haben.14 Dadurch ist das Produkt mit dem CE-Kennzeichen im Europäischen Wirtschaftsraum frei verkehrsfähig.

Die „neue Konzeption“ wird durch das sogenannte „Globale Konzept“ ergänzt: Die nationalen Marktüberwachungsbehörden erkennen die Konformitätserklärungen von Herstellern aus anderen Mitgliedstaaten gegenseitig an.15 Dazu wurden gemeinsame Regeln für eine einheitlich gestaltete CE-Konformitätskennzeichnung geschaffen und die Konformitätsbewertung harmonisiert.16 Umgesetzt wurde das „Globale Konzept“ durch den „Beschluss über die in den Harmonisierungsrichtlinien zu verwendenden Module für die verschiedenen Phasen der Konformitätsbewertung und die Regeln für das Anbringen und Verwendung der CE-Konformitätskennzeichnung“.17 Dieser sogenannte „Modulbeschluss“ enthielt verschiedene Verfahren, wie die Konformität von Produkten festgestellt werden soll. Je nach Gefährlichkeit und Komplexität des Produkts ändern sich die Anforderungen an das Konformitätsbewertungsverfahren, wodurch ein entsprechendes Modul mit entsprechenden Anforderungen an das Konformitätsbewertungsverfahren anzuwenden war.18 Ein Modul schreibt beispielsweise vor, dass der Hersteller über ein vollständiges Qualitätssicherungssystem verfügen muss. Durch den Beschluss Nr. 768/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juni 2008 „über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung des Beschlusses 93/465/EWG des Rates“ wurde der Modulbeschluss unter Beibehaltung des Modulprinzips durch weitere Präzisierungen ersetzt.19 Für die ab 2008 erlassenen sektoralen Harmonisierungsrechtsakte bzw. für die Überarbeitung vorhandener Harmonisierungsrechtsakte galt bzw. gilt nun der Beschluss 768/2008/EG. Dieser enthält unter anderem gemeinsame Grundsätze und Musterbestimmungen für die Anwendung in allen sektoralen Harmonisierungsrechtsakten. Dieser Beschluss bildet einen allgemeinen umspannenden Rahmen für Rechtsvorschriften zur Harmonisierung des Binnenmarktes und enthält zudem verschiedene Definitionen für bestimmte grundlegende Begriffe, wie den Herstellerbegriff. Die sektoralen Harmonisierungsrechtsakte, die auf der Basis des Beschlusses 768/2008/EG erlassen wurden und werden, beinhalten folglich grundsätzlich die gleichlautenden Definitionen des Beschluss 768/2008/EG. Zuvor wurde in den sektoralen Harmonisierungsrechtsakten eine ganze Reihe von Begriffen verwendet, die teilweise nicht oder unterschiedlich definiert waren und deshalb zu einer rechtlichen Unklarheit in dem Mitgliedstaaten der Europäischen Union geführt haben. Dazu gehörte unter anderem auch der Herstellerbegriff.

Seit dem 1. Januar 2010 gilt der „New Legislative Framework“ der den Beschluss Nr. 768/2008/EG mit der EU-Verordnung Nr. 765/2008 und der Verordnung 764/2008/EG ergänzt. Die Verordnung (EU) 765/2008 gibt einen neuen allgemeinen Rechtsrahmen für die Überwachung der Sicherheit von Produkten in der EU vor. Auf der Grundlage dieser Verordnung sollen die einzelnen Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission das System der Markt- und Produktüberwachung auf Verwaltungsebene organisieren, um die verschiedenen produktsicherheitsrechtlichen Vorschriften gegenüber den Wirtschaftsakteuren zu kontrollieren und durchsetzen.

Der Hersteller im europäischen Produktsicherheitsrecht

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