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4 - Erik

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Erik Zsolt hatte Emma etwa sechs Monate zuvor aufgesucht. Für ihn war Dr. Emma Brugger anfangs nur eine weitere Expertin auf dem Gebiet der Gehirnchirurgie. Genauer gesagt, die Nummer Drei auf seiner Liste. Die ersten beiden hatten ihm Operationen empfohlen, bei denen nicht sicher war, ob er anschließend noch seinen Namen würde schreiben können. Ein Risiko bestehe immer, bla bla bla ... Das war für ihn aber nie eine Option. Sein Gehirn war etwas Besonderes und er wollte keinen riskanten Eingriff, obwohl ihn seine Kopfschmerzen langsam um den Verstand brachten.

Er saß in ihrem Sprechzimmer und wartete auf sie, allerdings ohne sich allzu große Hoffnungen zu machen. Zu ähnlich waren die beiden vorherigen Diagnosen und Heilungsvorschläge, als dass er nun etwas grundlegend Anderes erwarten konnte. Hauptsächlich, das musste er zugeben, war er auf diese junge Ärztin gespannt.

Noch keine dreißig und schon so hoch angesehen? Er galt selbst als Wunderkind. Vielleicht würde ihn diese Frau besser verstehen können, als die beiden gereiften Herren, die ihm zuvor in den Kopf geschaut hatten. Trotzdem hätte er den Termin fast abgesagt. Er mochte es nicht, enttäuscht zu werden und diese Konsultation roch förmlich nach Enttäuschung.

Die beiden Kliniken in Los Angeles und London, die Erik zuvor um Rat ersucht hatte, waren hochmodern ausgerüstet. Hier in Frankfurt hatte alles einen Look, der eher den Achtzigern entsprach. Eine Renovierung hätte nicht geschadet. Bis dahin hatte er natürlich keinen der Operationsräume gesehen, aber er kam viel in der Welt herum und wie diese Adresse die Nummer Drei auf seiner Liste werden konnte, war ihm schleierhaft.

Aber dann kam alles doch ganz anders. Sie war ihm auf den ersten Blick sympathisch und alles an ihr war sehr zielgerichtet. Kein Drum-Herum-Gerede. „Tscholt? Spreche ich das so richtig aus?“

„Ein wenig weicher, Dscholt und manche lassen das D auch gleich ganz stumm.“ Sie nickte und gab ihm zunächst eine Auflistung der Untersuchungsergebnisse, die sie vorliegen hatte und fragte, ob es seither neue Befunde oder Aufnahmen des Gehirns gäbe.

Als er dies verneinte, stellte sie ihm eine sehr überraschende Frage: „Haben Sie besondere geistige Fähigkeiten? Visionen? Hellsichtigkeit?“

Erik zuckte kurz zusammen und musste dann lachen. „O.K., ich mag es direkt! Aber ich hatte jetzt eher mit einem Vorschlag für eine OP gerechnet.“

Er blickte sie etwas fragend an, die Augenbrauen hochgezogen und wartete auf ihre Erklärung.

Emma schüttelte kurz den Kopf. „Nun, wenn ich Ihre Unterlagen einsehe, dann haben Sie den Vorschlag ja schon zweimal abgelehnt. Patterson in Los Angeles hat von Ihnen sogar eine schriftliche Erklärung verlangt, dass Sie die Operation ablehnen und Ihnen bewusst sei, dass sie vielleicht nur noch zwei bis drei Jahre zu leben hätten, was ich übrigens als etwas dramatisch empfinde, aber die Amis haben aus Gewohnheit immer schnell Angst, dass man sie verklagen könnte.“

Sie blätterte ein wenig in den Papieren. „Auch in London gab es den gleichen Befund ... Entfernung des Tumors wurde vorgeschlagen ... Die merkwürdige Lage und Form des Gewebes wird zwar erwähnt, aber an einen etwas ausgefalleneren Befund hat sich keiner der Ärzte gewagt. Ich hätte die OP jetzt auch vorschlagen können, aber Sie hätten sie sicher zum dritten Mal abgelehnt.“

„Und das veranlasst Sie zu dem alternativen Befund, dass meine Kopfschmerzen von einer Art übersinnlicher Wahrnehmung herrühren könnten?“, umschiffte er eine Antwort seinerseits ein zweites Mal. „Und was ist dann mit meinem Tumor? Ist der aufgrund irgendwelcher Fähigkeiten gewachsen?“

Allerdings konnte er ihrem Blick entnehmen, dass sie sein ausweichendes Verhalten durchschaute und offensichtlich missbilligte. „Herr Zsolt, Sie weichen der Antwort aus. Aber Sie müssen auch nicht mehr antworten. Ich habe hier auf meinem Befundbogen bereits JA angekreuzt. Sie müssen nur noch beschreiben, welche Art von besonderer geistiger Fähigkeit bei Ihnen vorliegt.“

Das war entwaffnend. Erik war aber froh, dass die beiden vorherigen Ärzte diesen Zusammenhang nicht vermutet hatten. Beide waren ihm auf Anhieb furchtbar unsympathisch gewesen, und es wäre ihm sicher schwer gefallen, sich einem von ihnen zu öffnen.

Diese junge Ärztin hier mochte er aber. Ihr gutes Aussehen trug dazu natürlich bei, aber sie hatte etwas an sich, das ihn reizte, und er war darauf geschult, auf Kleinigkeiten zu achten. Sie spielte mit dem Kugelschreiber, griff immer mal wieder an eine ihrer Haarsträhnen und legte ab und zu den Nacken leicht zur Seite. Nicht viel, aber gerade so viel, dass Erik wusste, dass Dr. Emma Brugger auch ihn anziehend oder zumindest interessant fand. Trotzdem musste er vorsichtig sein und genau überlegen, wie viel er preisgeben würde.

„Ich sehe keine Geister, ich kann keine Gegenstände mit meinen Gedanken bewegen, und ich habe auch keine Visionen von der Zukunft, aber ich habe eine Art hyper-analytische Wahrnehmung. Ich löse Probleme, die andere nicht lösen können. Ich kann mir optische Eindrücke sehr gut merken.“

Erik überlegte, wie er es am besten angehen sollte, aber Emma hakte sofort nach: „Sie haben ein fotografisches Gedächtnis?“

Erik schüttelte den Kopf. „Nein, ich wünschte manchmal, dem wäre so, aber es ist komplizierter. Sehen Sie, ich war früher ein sehr mittelmäßiger Schüler. Nein, stimmt nicht, sogar eher unterdurchschnittlich! Konzentrationsschwierigkeiten! Und auch im Basteln oder im Sport war ich nicht gut, weil ich leichte Störungen der Motorik hatte.

Aber dann, ungefähr mit elf, fiel mir die Schule plötzlich leichter. Ich verstand, was die Lehrer zu erklären versuchten, plötzlich etwas schneller als meine Klassenkameraden. Ich hatte Spaß beim Lernen. Meine Mutter hat das wahnsinnig gefreut, und sie hat mich zusätzlich bei der Sprachschule angemeldet.

Sie sehen ja in Ihren Unterlagen, dass ich in Schweden aufgewachsen bin. Ich habe innerhalb von zwei Jahren Norwegisch, Dänisch und Deutsch gelernt. Seither habe ich noch Englisch, Spanisch, Russisch und Mandarin nachgelegt, außerdem ein wenig Finnisch, Portugiesisch, Italienisch, Französisch und Afrikaans.“

Erik zwang sich dazu, eine Redepause einzulegen. Ihm war bewusst, dass man seine Ausführungen als Prahlerei missverstehen konnte, aber er hätte seine Talente gern gegen ein normales Leben eingetauscht.

„Und wann begannen die Kopfschmerzen?“, fragte Emma, als er eine kurze Redepause einlegte.

„Eigentlich immer in den Ferien“, sagte er nachdenklich. „Aber Sie wollen sicher das Alter wissen? Also, aufgefallen ist es mir mit zwölf. Ich konnte es eigentlich immer nur dadurch bekämpfen, dass ich mir was zum Lernen suchte oder einfach Bücher las. Oder besser gesagt: Verschlang! Als ich das erste Mal den Herr der Ringe las, brauchte ich dafür nur einen einzigen Tag, na ja, und die folgende Nacht.

Meine Mutter war fuchsteufelswild, weil ich total übernächtigt war und hat mir alle Bücher und Schulsachen weggenommen. Ich sollte endlich mal die Ferien genießen und sie meinte, es wäre kein Wunder, dass ich dauernd Kopfweh hätte. Nach zwei Tagen war es so schlimm, dass ich heimlich mit dem Rad in die Stadt zur Bücherei gefahren bin. Dann ging es wieder. Hab mich auf dem Heimweg mit Dreck beschmiert, damit meine Mutter keinen Verdacht schöpfte.“

Erik lachte, sein Blick aber wirkte traurig und nachdenklich und verriet Emma, dass Mutter Zsolt wohl nicht mehr am Leben war. In seinen Augen war der Verlust deutlich abzulesen.

„Was machte Ihr Vater beruflich? Hier steht nur, dass er in Ungarn geboren wurde und später nach Skandinavien auswanderte oder floh?“

„Ich weiß von ihm kaum etwas. Aber er war kein Genie, wenn Sie darauf hinaus wollen. Meine Mutter sagte oft, er wäre Arzt gewesen, aber ich glaube eher, er war Sanitäter bei der Armee. War jedenfalls der einzige Hunyar Zsolt, den ich bei meinen Recherchen später gefunden habe. Allerdings kann es sein, dass er den Namen ändern musste.“ Er wollte nun aber nicht weiter der Erzähler sein. „Jetzt sind Sie aber dran! Wie kommen Sie darauf? Warum die Vermutung? Sie denken, dass es vielleicht kein Tumor ist?“

Es dauerte eine Weile, bis sie mit ihrer Theorie herausrückte: „Mir war aufgefallen, dass dieses Tumorgewebe, wenn man überhaupt von Tumor sprechen darf, eine selten symmetrische Form aufweist. Eine Ausrichtung als wolle ...“, sie setzte kurz ab, so als schämte sie sich für den leicht fantastischen Ansatz, den sie mit keiner medizinischen Lehrmeinung bekräftigen konnte. „Als wolle ihr Gehirn eine zusätzliche Verbindung zwischen der linken und der rechten Hälfte herstellen. Vielleicht mit Hilfe eines zusätzlichen Gehirnlappens?“

Erik zog lautstark Luft durch die Lippen ein, dass es fast pfiff. „Das ist starker Tobak! Sie sprechen hier von einer Mutation. Bin ich ein Freak? Ein Mutant?“ Emma wedelte beschwichtigend mit den Händen.

„Herr Zsolt, soweit sind wir doch noch gar nicht. Ich habe eine Theorie, Sie haben Kopfschmerzen und ein seltsames Gebilde im Kopf. Das ist der Stand der Dinge. Ich meine, schauen wir uns doch mal die Optionen an, dann überlegen wir, wie wir das vielleicht nachweisen können. Vielleicht eine modifizierte Kernspintomografie? Und dann können wir der Sache immer noch einen Namen geben.“

Aber Erik war kein Mensch, bei dem es langsam gehen durfte. Genau das war doch seine Begabung, etwas schneller analysieren zu können als andere. Machte das Sinn? Sein Hirn ratterte bereits, noch während seine Ärztin dabei war, ihn zu beruhigen, was gar nicht nötig war.

Er empfand die Bezeichnung Mutant nicht als Beleidigung. Na gut, Krallen aus Adamantium waren sicher schicker als glatzköpfig im Rollstuhl zu sitzen, aber es würde ihn nicht stören, der erste Mutant der Welt zu sein. Oh Gott, hieß Magneto nicht auch Erik mit bürgerlichem Namen? Aber darum ging es jetzt auch nicht. Fakt war, er hatte endlich jemanden gefunden, der den Zusammenhang zwischen seiner Gabe und den Schmerzen nicht nur akzeptierte, sondern auch selbst zur Diskussion gestellt hatte.

„Warten Sie, Frau Doktor! Bei den Gehirnhälften, da sitzt doch rechts die Logik und links die Kreativität oder so?“

„Na ja, eigentlich ist es umgekehrt, aber wir nehmen es anders wahr, weil immer die gegenüberliegende Gehirnhälfte die Motorik der anderen Seite steuert, aber im Prinzip ist der Ansatz korrekt.“

„Motorik! Ich hatte die Motorik-Störungen mit etwa neun bis elf. Das war eine Qual damals beim Sport! Fußball oder alles mit Körperkoordination, furchtbar! Bin über die eigenen Beine gestolpert. Ich bin heute noch kein Held, wenn es um Handwerk oder Sport geht.“

„Ja, das könnte sicher dadurch verursacht worden sein, aber da mir keine Vergleichsuntersuchungen von damals vorliegen, ist das nur eine Mutmaßung.“

Erik sah, dass sie sich mit der rechten Hand über den linken Arm strich. Er saß keinen Meter von ihr entfernt und konnte die Gänsehaut dort deutlich erkennen. Die Logik beruhigt also die Kreativität, dachte er schmunzelnd. „Ich bin froh, dass ich den Termin nicht abgesagt habe! Wenn Sie mir jetzt noch verraten, wie wir meine Kopfschmerzen behandeln können, dann spendiere ich dem Laden hier eine Renovierung!“

Natürlich war eine Therapie zu diesem Zeitpunkt nur als Idee vorhanden, da seine Ärztin noch nicht einmal wusste, ob ihre Theorie mit dem vielleicht zusätzlich entstehenden Gehirnlappen, der beide Gehirnhälften miteinander verbinden sollte, nach den weiteren Kernspins noch zu halten wäre, aber Erik war definitiv ein ungeduldiger Patient.

Seit der Entwicklung seiner Fähigkeiten gab es für ihn kein Langsam mehr. Er wollte immer alles sofort und lieber gestern als heute ausprobieren. Das hatte ihn so erfolgreich gemacht. Vor allem beruflich, wenn man seine Betätigungen als Beruf bezeichnen wollte.

Erst zwei Tage zuvor hatte er es geschafft, einen Patentantrag einer Schattenfirma der CIA zeitlich so zu verzögern, dass ein anderes Mitglied seiner „Firma“ das Patent vorher anmelden konnte. Nun hatten sie die Rechte an einem alternativen Herstellungsverfahren für Treibstoffe erworben.

Die Funktionalität des Verfahrens war höchst zweifelhaft, aber es war auch nie dafür gedacht, den Treibstoffmarkt zu revolutionieren. Die CIA hätte das Patent nur an die Araber weiterverkauft und dafür irgendwelche Zugeständnisse im „Kampf gegen den Terror“ eingefordert. Nun konnten Erik und seine Kollegen überlegen, ob sie den Zwischengewinn einstreichen würden oder ob sie jemanden fanden, der aus dem mangelhaften Verfahren ein vielleicht sinnvolles entwickeln konnte.

Aber das war nicht mehr sein Job. Erik hatte nun Zeit für seine Gesundheit, da er sich eine Auszeit von drei Monaten erbeten hatte. Würde das nicht reichen, wäre eine weitere Verlängerung für ihn kein Problem. Sie würden ihn vermissen, weil seine analytischen Fähigkeiten schon recht häufig gebraucht wurden, aber niemand würde Druck auf ihn ausüben. Und falls er eines Tages beschließen würde, ganz auszusteigen, dann wäre auch das seine Entscheidung. Sie waren kein Verbrechersyndikat, sondern eine Gruppe von Idealisten. Bestohlen wurden nur die, die es nicht anders verdienten.

„Herr Zsolt?“

Erik war ein wenig abgedriftet. Seine neue Ärztin blickte ihn fragend an. Er hatte noch vernommen, dass sie versucht hatte, seine Erwartungen etwas in Grenzen zu halten, und bei solchen Standardsprüchen schaltete er gern mal ab. Aber sie hatte gerade etwas von einer Injektion gesagt, daran konnte er sich plötzlich erinnern. „Ich habe an diese Injektion gedacht. Können Sie mir nochmal erklären, wie Sie da in meinen Kopf hinein wollen?“

„Ich war doch noch gar nicht soweit. Aber wenn Sie das beschäftigt, dann kann ich Sie beruhigen. Das ist mittlerweile ein gängiges Verfahren. Die Kernspintomografie liefert uns ein dreidimensionales Bild von ihrem Gehirn. Ihr Kopf wird fixiert und der Computer berechnet genau, wie und wo die Nadel eingeführt wird, um sie direkt an die Stelle zu führen, an der wir die Wucherung behandeln wollen. Manuell kann man noch korrigieren, aber im Normalfall trifft man die Stelle auf den Millimeter genau. Meist führt der Weg durch die Nase, aber auch der Augenwinkel am Tränenkanal bietet sich durchaus dafür an. Am Sehnerv entlang ...“

Erik räusperte sich. „Ja, ich habe nachgefragt, aber bitte hören Sie jetzt auf! Mir tut schon alles weh.“ Er schüttelte sich, als er die Gänsehaut spürte. Das Hauptproblem hier war weniger ein mangelndes Vertrauen in die Ärztin oder das Verfahren, sondern der Kontrollverlust.

Er wäre fixiert und hilflos. Er müsste sich dafür völlig in die Hände anderer geben, und das war ein Gedanke, bei dem sich in ihm einfach alles wehrte. Aber eine Alternative gab es für ihn hier nicht. Er musste versuchen, eine Vertrauensbasis zu dieser Ärztin aufzubauen, um überhaupt in der Lage sein zu können, sich solch einer Prozedur zu unterziehen.

Emma riss ihn wieder aus seinen Gedanken. „Verzeihen Sie, ich habe mich vielleicht etwas technisch ausgedrückt. Sie werden nicht viel spüren, da wir die Eintrittsstellen lokal betäuben.“

Erik spürte die Gänsehaut sofort zurückkommen. „Ich bin dabei nicht in Vollnarkose?“ Panik kam auf.

„Wir müssen Ihnen während der OP immer wieder kleine Kontrollfragen stellen, um zu sehen, dass alles in Ordnung ist. Bei solchen Verfahren ist eine Vollnarkose nicht möglich. Sie verstehen?“

Erik nickte. Eigentlich hatte er das schon mal gehört, aber wenn es einen dann selbst traf, klang alles wieder ganz neu und beängstigend.

„Lassen Sie uns lieber über die Termine reden! Ich habe von heute an drei Monate Zeit.“ Dass das mit ihren zeitlichen Vorstellungen nicht übereinstimmte, konnte er daran erkennen, wie sie kurz nach Luft schnappte. „Hören Sie! Ich zahle Ihnen die fünffachen Behandlungstarife, und falls wir Erfolg haben, verdopple ich die Summe und spende es der Uniklinik oder wie Sie das am liebsten abrechnen wollen. Ich zahle die gleiche Summe nochmals persönlich an Sie.“

Ihre Hand schoss förmlich in die Höhe. „Herr Zsolt, ich lasse mich nicht bestechen. Ich nehme meinen Beruf ernst und ich werde keine Patienten hinten anstellen, um Sie vorzuziehen.“

Ihr Blick sprach für ihn Bände. Er hatte sicher die falschen Worte gewählt, aber für Erik war das keine Bestechung. Er kannte das einfach nicht anders. Wenn man gute Arbeit wollte, musste man Anreize schaffen, und wenn ihn diese Frau von seinen Kopfschmerzen befreien konnte, dann würde er ihr eine Belohnung zukommen lassen, egal wie sehr sie sich dagegen auch wehrte. Er musste nun trotzdem etwas zurückrudern.

„Frau Doktor Brugger! Ich will Sie nicht bestechen. Ich habe mich über Sie erkundigt und weiß, dass Sie nicht verheiratet sind. Sie haben keine Kinder. Ich möchte Sie hiermit bitten, vielleicht in den nächsten drei Monaten etwas von Ihrer Freizeit zu opfern. Dass Sie an meinem Fall interessiert sind, dessen bin ich mir sicher. Ich muss mittlerweile mit sehr heftigen Medikamenten arbeiten, um die Schmerzen zu dämpfen. Ich brauche Hilfe. Nicht in ein paar Wochen, sondern am besten gestern. Und was dazu nötig sein sollte, soll Ihnen und Ihrer Klinik anständig vergütet werden. Nicht mehr! Nicht weniger!“

„Darf ich Ihren Fall veröffentlichen?“

Erik musste lachen. Da war sie wieder, ihre Geradlinigkeit! Gut, so konnte er arbeiten! „Nein! Jedenfalls nicht sofort. Das muss ich mir gut überlegen. Wir sprechen hier schließlich von einem möglichen Evolutionsschritt und ich möchte sicher nicht zum Versuchsobjekt werden und vielleicht in irgendeinem Labor landen. Ich habe Erfahrung damit, wie Geheimdienste arbeiten. Mein Leben wäre nicht mehr viel wert, selbst wenn man den Fall anonymisiert. Man könnte dann Wetten annehmen, wer mich als Erster erwischt. Ich würde auf die Chinesen tippen, gefolgt vom Mossad. Die Amis bremsen sich selbst mit zu viel Bürokratie und seit Obama ein wenig mehr Skrupel. Na ja, manchmal! Falls ich dabei aber draufgehe, können Sie gern machen, was sie wollen.“

Er blickte sie eine Weile an. Sie war sichtlich überrascht, dass er den Menschen gegenüber so misstrauisch war. Für Erik waren das aber keine Verschwörungstheorien, sondern Teil seines Berufes, ja sogar seines Lebens.

„Bevor wir diese Sache angehen, sollte ich Ihnen vielleicht erzählen oder gestehen, was ich beruflich mache. Sie haben sich sicher schon gewundert, dass ich eine große Vorauszahlung hinterlegt habe. Und wenn ich hier von Geheimdiensten rede, dann halten Sie mich vielleicht für einen wirren Geist, aber das hängt alles irgendwie zusammen. Sicher könnten Sie mich auch einfach so behandeln, ohne irgendetwas über mich zu wissen, aber ich glaube, wir sollten ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis aufbauen.

Ich möchte verhindern, dass Sie sich selbst gefährden, durch vielleicht zu offenen Umgang mit meinem speziellen Fall. Und deshalb werde ich hier ein wenig die Hosen runterlassen müssen. Ich vertraue Ihnen Informationen an, die mich rechtlich in arge Schwierigkeiten bringen könnten, aber ich glaube, das wird notwendig sein, um Sie für die möglichen Gefahren zu sensibilisieren. Wenn Sie anschließend sagen, dass Sie mich nicht behandeln wollen, muss ich das akzeptieren. Wann haben Sie Zeit?“

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