Читать книгу Exkursionsdidaktik - Christian Stolz - Страница 10
2.1Unterschiedliche Raumkonzepte
ОглавлениеJede Exkursion beinhaltet ein Muster aus unterschiedlichen Formen der Raumwahrnehmung. Eine Schlüsselrolle kommt daher den unterschiedlichen, theoretisch formulierbaren Raumbegriffen zu (Wardenga 2002), deren Beachtung und Integration in das Gesamtkonzept bei vielen Exkursionstypen, insbesondere im Bereich der Geographie, sinnvoll ist. Denn die Betrachtung eines Raums kann auf höchst unterschiedliche Weise erfolgen:
als „Behälter“ (Container-Raum),
als ein „System von Lagebeziehungen“,
„als Kategorie der Sinneswahrnehmung“ und
als „Raum in der Perspektive einer sozialen, technischen und politischen Konstruiertheit“ (Wardenga 2002: 5ff.) (siehe Infobox zu Raumkonzepten).
Traditionelle Exkursionskonzepte, egal in welcher Fachdisziplin, fußen zumeist auf dem Container-Raum-Prinzip.
Ein Beispiel für die konkrete Umsetzung bietet die Exkursion zu einer Mülldeponie im weitreichenden Kontext des Themas Umwelt (Rhode-Jüchtern 2009: 142). Eine Mülldeponie kann als Container-Raum wahrgenommen werden, indem man die Wechselwirkung von Geofaktoren vor Ort betrachtet. Vielmehr aber noch ist sie Teil eines Systems von Lagebeziehungen, weil der Raum der Mülldeponie in starkem Maße durch andere Raumstrukturen, z. B. Wirtschaftsstandorte und private Haushalte, geprägt wird. Das heißt im Klartext, dass die Betrachtung der Mülldeponie als abgeschlossener „Container-Raum“ nicht zufriedenstellend ist, weil ansonsten nicht verständlich wird, wie es zu den vor Ort erkennbaren Eigenschaften des Ortes kommt. Andererseits ist die Mülldeponie aber auch ein Raum aus der Kategorie der Sinneswahrnehmung, weil sie subjektiv verschieden wahrgenommen und bewertet wird. Der eine sieht darin die Zerstörung eines ursprünglich „intakten“ Stücks Natur; für den anderen steht der positive wirtschaftliche Nutzen für die abfallproduzierende Gesellschaft im Vordergrund. Die Mülldeponie ist aber auch ein sozial konstruierter Raum, wenn in die Betrachtung mit einfließt, wer in das Müllproblem involviert ist (Rhode-Jüchtern 2009).
Raumkonzepte nach Heineberg (2004) und Wardenga (2002)
Container-Raum: „Räume als Wirkungsgefüge natürlicher und anthropogener Faktoren, als das Ergebnis von Prozessen, (…) die die Landschaft gestaltet haben oder als Prozessfeld menschlicher Tätigkeiten“ (Länder- und Landschaftskunde, seit dem 19. Jahrhundert).
Räume als Systeme von Lagebeziehungen: „Räume als Systeme von Lagebeziehungen materieller Objekte“, als Ergebnis der Raumstrukturforschung der 1970er-Jahre.
Räume als Kategorie der Sinneswahrnehmung: „Räume werden als Kategorie der Sinneswahrnehmung und damit als Anschauungsformen gesehen, mit deren Hilfe Individuen und Institutionen ihre Wahrnehmungen einordnen und so die Welt in ihren Handlungen räumlich differenzieren“ (Wahrnehmungsgeographie).
Räume als Konstruktion: „Räume werden in der Perspektive ihrer sozialen, technischen und gesellschaftlichen Konstruiertheit aufgefasst“. Räume entstehen damit durch Kommunikation und tägliches Handeln, sie werden „fortlaufend produziert und reproduziert.“