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Kapitel 2 Die Wildkatze – früher und heute

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In den Wäldern südöstlich des slowenischen Kočevje und nahe der kroatischen Grenze sieht es verheißungsvoll aus. Ich inspiziere eine Landkarte, die mir Urša Fležar geschickt hat. Via E-Mail entschlüsselt die Wildtierökologin für mich den Farbcode der Karte: »Rot zeigt die niedrigsten, schwarz mäßig viele und pink die meisten Wildkatzennachweise.« Eine Stelle zieht mich besonders an, sie leuchtet grellpink.

Über mehrere Jahre, noch bis 2024, läuft das Artenschutzprojekt LIFE Lynx1, das die bedrohten Luchsbestände in den nördlichen Dinariden durch Auswilderungen von Tieren in Slowenien und Kroatien vor dem Verschwinden bewahren soll. Elf Organisationen aus fünf Ländern sind an dem mit sieben Millionen Euro dotierten Unterfangen beteiligt. Doch mit der Freilassung allein ist es nicht getan. Um auf dem Laufenden zu bleiben und in Erfahrung zu bringen, wie gut sich die Neuzugänge einleben, beobachten allein in Slowenien 220 Wildkameras an 180 Plätzen die Bewegungen der Tiere. Dafür kooperieren die Wissenschaftler mit lokalen Jägern, die die Kameras regelmäßig kontrollieren und neben Luchsen und etlichen anderen Wildtieren auch immer wieder auf Schnappschüsse von der kleineren der beiden europäischen Katzenarten stoßen. Die Wildkatze flaniert gerne, wenn auch in gebührendem zeitlichen Abstand, auf denselben Wegen wie der Luchs. Rok Černe, der Leiter von LIFE Lynx, meint, ich könne mich mit meinem Anliegen in dieses Monitoring einklinken, und setzt mich Anfang 2020 mit seiner Kollegin Urša Fležar in Kontakt.

»Es gibt zwei nahezu gleich gute Standorte. Sie befinden sich in der Nähe der Orte Laze pri Oneku und Staro Brezje. Hier haben wir im letzten Jahr 20 Mal Wildkatzen nachgewiesen«, erfahre ich von Urša. Perfekt, denke ich mir und bewundere die Fotos, die sie mir weiterleitet. Sie lassen auf einen vielgestaltigen, urwüchsigen Wald schließen. Auf den Kočevski Rog, der zu Deutsch als Hornwald bezeichnet wird, trifft dies auch tatsächlich zu. Das Karstgebirge voller Buchen und Eichen, das bis knapp 1100 Meter aufragt, liegt in einer der waldreichsten Regionen Sloweniens und beherbergt auf rund 200 Hektar sogar Urwaldbereiche. Grellpink leuchtet das »Wildkatzenradar« der Wissenschaftler hier zwar nicht, aber das intensive Schwarz an dieser Stelle der Landkarte überzeugt mich dennoch, genauso wie die lokale Jägerschaft, die damit einverstanden ist, wenn ich mit der großen Kameraausrüstung anrücke.

Wir vereinbaren, uns am 26. März vor Ort zu treffen, am 11. halten wir noch Rücksprache, zu welcher Uhrzeit wir starten sollten, um uns die beiden aussichtsreichsten Plätze anzuschauen. Doch wenige Tage später ist klar, daraus wird nichts. Ab 16. März 2020 stellen Österreich und in der Folge weitere europäische Länder auf Notbetrieb um, das Coronavirus macht einen Grenzübertritt unmöglich. Die Fotofalle und die Vision von einem speziellen Bild der heimlich lebenden Jägerin müssen warten.

Europas kleine Tiger

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